Der Spanische Bürgerkrieg

Review: Brinkmann on Schauff (in German)

Frank Schauff: Der Spanische Bürgerkrieg. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2006. ISBN 978-3-8252-2790-6; 208 S.; 14,90 EUR

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Sören Brinkmann, Universität Erlangen-Nürnberg

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Sören Brinkmann, Universität Erlangen-Nürnberg
E-Mail: [mailto]Soeren.Brinkmann@wiso.uni-erlangen.de[/mailto]

Eine von mehreren deutschsprachigen Neuerscheinungen zum 70. Jahrestag des Ausbruchs des Spanischen Bürgerkrieges im Jahr 2006 ist die kompakte, 179 Textseiten starke Darstellung von Frank Schauff, die nicht nur dem Krieg, sondern auf den ersten knapp 70 Seiten auch seinen historischen "Voraussetzungen" gewidmet ist. In einer Mischung aus ereignis- und strukturgeschichtlichen Zugängen bietet dieser erste Teil eine – von mehreren Redundanzen und Unschärfen abgesehen – nützliche Hinführung, die nicht nur soziale Problemlagen und politische Kräfteverhältnisse, sondern auch jenen für das Scheitern der republikanischen Demokratie so charakteristischen Polarisierungsprozess skizziert. Denn die gerade von den Unterschichten euphorisch begrüßte Zweite Republik hatte bereits nach zwei Jahren konfliktreicher, aber ergebnisarmer Reformpolitik nicht nur ihren sozialen Kredit verspielt, sondern auch den geballten Unmut aller konservativen Kräfte, von der Armee über die Kirche bis hin zu den rechten Parteien, auf sich gezogen. Umsichtig manövriert Schauff durch die politischen Wechselfälle der fünf republikanischen Jahre, indem er nicht nur zentrale Erschütterungen wie die Oktoberereignisse von 1934, sondern auch die Radikalisierung der politischen Lager und parteiinterne Richtungskämpfe wie jener in der republiktragenden Sozialistischen Partei analysiert. Dahinter zurück fällt bisweilen allerdings die zugrunde liegende soziale Dynamik. Relativ wenig erfährt man über die Folgen der Weltwirtschaftskrise, über die lebhafte Streikbewegung und die wachsenden Unruhen in den Latifundienregionen des Südens sowie insbesondere über die dramatische Zuspitzung der sozialen Konfliktivität nach den Volksfrontwahlen vom Februar 1936.

Dass die militärische Verschwörung gegen die Republik keineswegs in direktem Zusammenhang mit dieser Zuspitzung stand, sondern vielmehr ihrer eigenen Dynamik folgte, unterstreicht die separate Darstellung der militärischen Aufstandsvorbereitungen seit 1934 am Beginn des zweiten Teils. Die ebenfalls separate Schilderung des Kriegsverlaufs, dem immerhin fast dreißig Seiten gewidmet sind, verliert sich dagegen in der langen Abfolge von Kampfereignissen. Hier hätte eine schärfere Konturierung der unterschiedlichen Kriegsphasen gleich zu Anfang für größere Übersichtlichkeit sorgen können. Anleihen bei einer früheren Studie des Autors sind nicht zu übersehen, sobald es um die politische Dimension des Krieges im nationalen und internationalen Rahmen geht. Besonders sicher und ausführlich erläutert Schauff dementsprechend die internationale Konstellation sowie die Intervention der Komintern und der UdSSR, der einzigen Macht, die der Republik substanzielle Militärhilfe zukommen ließ. Und gleiches gilt auch für die Darstellung der innenpolitischen Entwicklung in der republikanischen Zone, die zunächst von der sozialen Revolution, sodann vom rapide wachsenden Einfluss der moskautreuen Kommunisten und den Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern des revolutionären Experiments gekennzeichnet war. Etwas befremdlich anmuten mag dabei der immer wieder durchscheinende Wunsch, die kommunistische Position nach Möglichkeit in ein günstiges Licht zu rücken. Der Preis dieser dezenten Parteinahme jedenfalls besteht in einer tendenziell kritischen Behandlung des anarchosyndikalistischen Teils der Arbeiterbewegung, die offenbar auch eine vertiefende Beschäftigung mit der von der anarchistischen Gewerkschaft CNT im Juli 1936 begonnenen sozialen Revolution verbietet.

Unabhängig von politischen Sympathien besteht die Pflicht des Kompendienautors, die Gewichte in der Darstellung möglichst gleichmäßig zu verteilen. Im Ganzen betrachtet kann Schauff aber gerade in dieser Kunst keine Meisterschaft beanspruchen. Denn viel zu kurz kommt etwa die Behandlung des "nationalen" Lagers, die sich auf sieben mageren Seiten allein auf den politischen Prozess beschränkt und Fragen nach Herrschaftslegitimation und gesellschaftlicher Unterstützung fast völlig ausklammert. Gleiches gilt für die Bilanzierung der Schäden sowie der Opfer von Krieg und politischer Gewalt, die in Spanien gerade gegenwärtig zu heftigen Kontroversen führt, hier jedoch lediglich auf einer einzigen Seite des Schlusskapitels angedeutet wird. Und schließlich offenbart Schauff ein mangelndes Verständnis für die sogenannte nationale Frage – den Konflikt zwischen spanischem Zentralismus und katalanischem bzw. baskischem Regionalismus –, die zweifellos eines der zentralen Problemfelder spanischer Politik im 20. Jahrhundert darstellt. Bei Schauff allerdings fehlt diese Konfliktachse als grundsätzliches Strukturproblem ebenso wie als Radikalisierungsfaktor republikanischer Politik, und auch nach Kriegsausbruch bleiben die Hinweise auf die Sonderentwicklungen in beiden Regionen lückenhaft und unscharf.[1] Eine ganze Reihe von orthografischen Fehlern, insbesondere bezüglich spanischer Begriffe und Namen, sowie die mangelnde Übereinstimmung von Kapitelüberschriften und Kopfzeilentiteln (vgl. etwa Kap. "Militärischer Verlauf" ab S. 93) unterstreichen die gemischte Gesamtbilanz dieses Titels, der zuletzt außerdem mit einer seltsam unzutreffenden Schlussfolgerung aufwartet: Demnach habe nicht Francos Militär, sondern in erster Linie die "innere Fragmentierung" die Niederlage der Republik verursacht.[2] Als Kommentar bleibt hier nur der eindringliche Hinweis auf die Fakten: Denn obgleich die schwächende Wirkung der internen Fehden außer Frage steht, wurde die entscheidende Schlacht gegen die Zweite Republik von einer nach zwei Kriegsjahren deutlich überlegenen Armee gewonnen, namentlich der Armee von General Francisco Franco.

Anmerkungen:
[1] Ins Auge fallen in diesem Zusammenhang eine ganze Reihe von Ungenauigkeiten. So spricht Schauff von einer "dezentralisierten Republik" (S. 24), während die republikanische Verfassung Spanien als "integralen Staat" definierte. Und im Oktober 1934 erklärte die Generalitat Katalonien nicht etwa für "unabhängig" (S. 32), sondern sie proklamierte den "Katalanischen Staat innerhalb der iberischen Föderation".
[2] Bei Schauff heißt es zum Abschluss auf S. 175: "Die Republik war gescheitert, doch nicht militärisch von Franco besiegt worden. Sie brach aufgrund ihrer inneren Fragmentierung zusammen."

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von:
Jochen Meissner [mailto]meissner@uni-leipzig.de[/mailto]

Zitation: Sören Brinkmann: Rezension zu: Schauff, Frank: Der Spanische Bürgerkrieg. Göttingen 2006. In: H-Soz-u-Kult, 25.01.2007, [url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2007-1-057[/url].