CfP: Geteiltes Gedächtnis/Divided Memory

Call for papers, deadline 31 October 2015 (in German and English)

Geteiltes Gedächtnis.
Erinnerung an die NS-Zwangsarbeit im Europa des 21. Jahrhunderts

Internationales Forum NS-Zwangsarbeit, Hamburg 2016

(English version below)

Die internationale Tagung „Geteiltes Gedächtnis. Erinnerung an die NS-Zwangsarbeit im Europa des 21. Jahrhunderts“/‘Divided Memory: Remembering Nazi Forced Labour in Twenty-First-Century Europe‘ ist Teil des Programms „Zwangsarbeit und Vergessene Opfer“ der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“. Sie wird durchgeführt von der Humboldt-Universität zu Berlin, Lehrstuhl Deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts mit Schwerpunkt im Nationalsozialismus, Prof. Dr. Michael Wildt in Zusammenarbeit mit der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, dem Museum der Arbeit, der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg und der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora.
Die dreitägige Veranstaltung, die vom 9.-11. März 2016 im Hamburger Museum der Arbeit stattfindet, ist als internationales Forum zum Thema „NS-Zwangsarbeit“ konzipiert mit partizipativen Formaten wie Workshops, Exkursionen, Seminaren und öffentlichen Veranstaltungen. Sie bildet den Auftakt für eine Reihe von weiteren internationalen Tagungen, die Forschende, besonders Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler verschiedener europäischer Länder zusammenbringen möchte mit Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus dem universitären und musealen Bereich sowie aus anderen Organisationen.

Wie kaum ein anderes Forschungsthema ist die Zwangsarbeit im Nationalsozialismus in den letzten Jahren in den wissenschaftlichen und erinnerungsgeschichtlichen Fokus gerückt. Der Umgang mit der Zwangsarbeitserfahrung in der Erinnerungsgeschichte der Länder West- und Osteuropas reicht von Anerkennung über Verschweigen bis hin zum Kollaborationsverdacht. Auf der Tagung sollen daher die Erinnerungsperspektiven in ihrer Vielfalt und Verschiedenheit, auch nationalen Begrenztheit, wahrgenommen werden. Es soll aber auch auf die verschiedenen Formen der Zwangsarbeit und verschiedenen Gruppen von Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen eingegangen werden.

Gleichwohl – und das ist ein zentrales Anliegen des Internationalen Forums – bieten sich Anknüpfungspunkte, um kollektive Erfahrungen der Zwangsarbeit jenseits nationalstaatlicher Perspektiven in einem europäischen Erfahrungsraum neu zu überdenken. Die NS-Zwangsarbeit, die ein deutsches Verbrechen von europäischer Tragweite war, kann als „geteilter europäischer Erinnerungsort“ (Étienne François) bezeichnet werden, gewissermaßen als Knotenpunkt verschiedener kollektiver Erfahrungen einer gemeinsam geteilten Geschichte . Hinsichtlich der daraus resultierenden vielfältigen und oft auch divergenten Deutungen der gemeinsamen Vergangenheit steht aber nicht so sehr das Trennende, als vielmehr das Verbindende der Konflikte im Vordergrund.

Denkt man etwa an das Ende der Ära der Zeitzeugenschaft von NS-Zwangsarbeit, so ist unmittelbar einsichtig, dass heute, mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, alle Forschenden, Institutionen, Archive, Verbände usw. vor dem Problem stehen, dass in naher Zukunft keine Erlebnisgeneration mehr da sein wird, die face to face über ihre Zwangsarbeitserfahrungen berichten kann. Ihre Erinnerungen können dann ausschließlich medial vermittelt werden – sofern diese aufgezeichnet worden sind. In einer Zeit, in der Massenmedien der primäre Erfahrungshorizont für historisches Wissen sind, sollte erörtert werden, welche Bedeutung videographierte Interviews und Oral-History-Sammlungen, aber auch Fotografie für die Erinnerung an die NS-Zwangsarbeit im Europa des 21. Jahrhunderts haben. Das Internationale Forum möchte mit Vorträgen und Workshops dazu beitragen.

Weiterhin rückt die Tagung den Begriff „Erinnerungsorte“ (lieux de mémoire) im Verständnis Pierre Noras in den Fokus, um vielfältige Bezüge von Erinnerung und Raum herstellen zu können. Denn Erinnerungsorte sind nicht allein eine Metapher für historische Ereignisse, Personen usw., sondern sie sind auch reale Orte, wie Gedenkstätten an Orten ehemaliger Konzentrations- und Zwangsarbeitslager oder virtuelle Orte, wie das Internet. Ein Augenmerk wird die Tagung deshalb auf diese räumliche Dimension von Erinnerung richten.

Um „das Europäische“ der Erinnerungen wird heftig gestritten wie etwa das in Brüssel geplante „Haus der Europäischen Geschichte“ zeigt. Ist eine gemeinsame europäische Erinnerungskultur im Entstehen oder ist sie letztlich ein wirkungsmächtiges Konstrukt, das politisch instrumentalisiert wird? Wer gehört dazu oder wer wird ausgeschlossen? Die Tagung möchte daher auch nach den Institutionen fragen, die als transnationale „Träger“ von europäischer Erinnerung angesehen werden können.

Forschende, vornehmlich aus den Geschichts-, Kultur- und Sozialwissenschaften sowie Museumsexperten und -expertinnen und Multiplikatoren aus der historisch-politischen Bildungsarbeit, sind eingeladen, Beiträge einzureichen, die eine oder mehrere der Leitfragen berücksichtigen:
1. Welche Bedeutung hat das Erinnern an die NS-Zwangsarbeit im Europa des 21. Jahrhunderts?
2. Wie unterschiedlich und vielfältig wird im europäischen Erfahrungsraum an die NS-Zwangsarbeit erinnert?
3. Kann man vom Entstehen einer gemeinsamen europäischen Erinnerungskultur sprechen oder ist europäische Erinnerung letztlich ein wirkungsmächtiges Konstrukt, das instrumentalisiert wird?

Zu folgenden Aspekten bitten wir um Vorschläge:
- Beiträge, die die europäische bzw. transnationale Perspektive zum Thema NS-Zwangsarbeit berücksichtigen;
- Beiträge, die den Einfluss der Entschädigungsdebatte auf die Zwangsarbeitserinnerungen untersuchen;
- Beiträge zur Bedeutung von Oral-History-Sammlungen und/oder Fotografien für das Erinnern an die NS-Zwangsarbeit;
- Beiträge zu europäischen Erinnerungsorten an NS-Zwangsarbeit, z.B. Gedenkstätten, Ausstellungen, historische Daten;
- Beiträge zum Web als virtueller Raum zum Erinnern an Zwangsarbeitserfahrungen;
- Beiträge, die untersuchen, welche Rolle die NS-Zwangsarbeit in den Konzepten europäischer bzw. transnationaler Museen spielen.

Die Themenvorschläge können auf Deutsch oder Englisch eingereicht werden und sollten max. 500 Wörter umfassen. Bitte senden Sie das Abstrakt zusammen mit einem kurzen Lebenslauf als PDF-Attachment an Frau Dr. Simone Erpel (simone.erpel@geschichte.hu-berlin.de).

Der Einsendeschluss für die Vorschläge ist der 31. 10. 2015.

Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch. Erwünscht sind sowohl Vorschläge für Vorträge (max. 30 Min.) als auch Vorschläge für Workshops (1 ½ - 2 Std). Wir möchten besonders Forschende und Museumsfachleute aus Osteuropa einladen, ihre Ideen einzureichen.

Reise- und Unterkunftskosten können für die Vortragenden auf Anfrage übernommen werden.

Kontakt und Information
Dr. Simone Erpel
Internationales Forum "NS-Zwangsarbeit"
am Lehrstuhl Deutsche Geschichte im 20. Jahr-
hundert mit Schwerpunkt im Nationalsozialismus

Humboldt Universität zu Berlin
Unter den Linden 6
10099 Berlin
simone.erpel@geschichte.hu-berlin.de

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Divided Memory:
Remembering Nazi Forced Labour in Twenty-First-Century Europe

International Forum on Nazi Forced Labour, Hamburg 2016

The international conference ‘Divided Memory: Remembering Nazi Forced Labour in Twenty-First-Century Europe’ forms part of the ‘Forced Labour and Forgotten Victims: Remembering National Socialist Injustice’ programme run by the foundation ‘Remembrance, Responsibility and Future’, EVZ. The three-day conference is organised by the Humboldt University’s Chair for German History of the Twentieth Century with a Focus on National Socialism (Professor Michael Wildt) in cooperation with the Neuengamme Concentration Camp Memorial, the Museum of Work, the Research Centre for Contemporary History in Hamburg and the Buchenwald and Mittelbau-Dora Memorials Foundation.
The conference will take place from 9 to 11 March 2016 at the Museum of Work in Hamburg. Framed as an International Forum on the theme of Nazi forced labour, with participative formats including workshops, excursions, seminars and public events, it inaugurates a series of further international conferences that will bring together researchers, especially younger scholars, from different European countries and from universities, museums, and other organisations. The conference languages are German and English.

More than almost any other research topic, Nazi forced labour has come to the forefront of scholarship and historical memory work in recent years. Approaches to the experience of forced labour in the memory cultures of Eastern and Western European countries have ranged from acknowledgement, to silence, right up to allegations of collaboration. The conference aims to illuminate these perspectives on memory in all their multiplicity and diversity, but also show their national limitations. Furthermore, the conference will focus on the various forms of forced labour and the different groups of forced labourer.

At the same time – and this is a key concern for the International Forum – that very diversity offers points of reference to rethink collective experiences of forced labour within a European experiential space, transcending nationally specific views. Nazi forced labour was a German crime with Europe-wide consequences. We might call it, following Étienne François, a ‘European site of memory’ that is simultaneously common and divided: a nexus of different collective experiences within a history that is nevertheless shared. In terms of the resulting diverse and often also divergent interpretations of the common past, we wish to foreground not so much what separates them as what links them together.

For example, today, more than seventy years after the Second World War, the end of the era of eyewitness testimony to Nazi forced labour is imminent. This clearly confronts all researchers, institutions, archives and associations with the problem that in the near future there will no longer be a survivor generation who can recount their experiences of forced labour face to face. Soon, it will only be possible to pass on their memories in mediated forms, assuming those memories have been recorded. In an age when the mass media constitute the primary horizon of experience for historical knowledge, it is important to discuss the present and future significance of video interviews and oral history collections, as well as photography, for remembering Nazi forced labour. The International Forum aims to contribute to this process through presentations and workshops.

In addition, the conference addresses the notion of ‘sites of memory’, lieux de mémoire as proposed by Pierre Nora, as a way of generating multifarious connections between memory and space. ‘Memory sites’ is not solely a metaphor for historical events or individuals: the places of memory are also real locations, such as memorials at former concentration camps and forced labour camps, or virtual spaces such as the Internet. The conference will also direct its attention to this spatial aspect of memory.

The European dimension of memories is the object of heated debate, as becomes obvious in the disputes around the planned House of European History in Brussels. Are we seeing the emergence of a shared European memory culture, or is this ultimately no more than a powerful, politically instrumentalised construct? Whom does it include, whom does it exclude? The conference will investigate the institutions that may be regarded as the transnational ‘vehicles’ of European remembrance.

We invite researchers chiefly, but not exclusively, in the areas of history, cultural studies and social sciences, along with museum professionals and multipliers of historical and political education, to submit contributions addressing one or more of our core questions:

1. What does it mean to remember Nazi forced labour in twenty-first-century Europe?
2. How diversely is Nazi forced labour remembered in the European experiential space?
3. Is it possible to speak of a shared European memory culture, or is European remembrance only an influential construct that is subject to instrumentalisation?

We ask for proposals on the following aspects:
- contributions attending to the European or transnational perspective on Nazi forced labour;
- contributions investigating the influence of the restitution debate on remembrance of forced labour;
- contributions on the significance of oral history collections and/or photographs for remembering Nazi forced labour;
- contributions on European sites of memory around Nazi forced labour, for example memorials, exhibitions, historical information;
- contributions discussing the Web as a virtual space for remembering experiences of forced labour;
- contributions examining the role of Nazi forced labour in the conceptual planning of European and transnational museums.

Proposals may be submitted in German or English, and should be no longer than 500 words. Please send your abstract, along with a short CV, as a PDF attachment to Dr Simone Erpel: simone.erpel@geschichte.hu-berlin.de.

Submissions must be received by 31 October 2015.

Proposals are invited in German or English. for presentations (max. 30 minutes) or workshops (1½–2 hours). We especially welcome proposals from researchers and museum professionals from Eastern Europe.

Upon request, we can cover travel and accommodation costs for presenters.

contact and information
Dr. Simone Erpel
Internationales Forum "NS-Zwangsarbeit"
am Lehrstuhl Deutsche Geschichte im 20. Jahr-
hundert mit Schwerpunkt im Nationalsozialismus

Humboldt Universität zu Berlin
Unter den Linden 6
10099 Berlin
simone.erpel@geschichte.hu-berlin.de

 

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