Eine kritische Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte findet in Deutschlands Öffentlichkeit und Politik bisher nur unzureichend statt. Viele wissen nichts oder nur sehr wenig über diese Zeit gewalttätiger Expansion Deutschlands, des kolonialen Unrechts und des Widerstands dagegen. Sie haben noch nie von Ostafrika als Kriegsschauplatz des Ersten Weltkrieges gehört und nichts von den Leiden derer, die im Gebiet des heutigen Tansanias unter dem deutschen Kolonialregime leben mussten.
Wir möchten den 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs und des Zusammenbruchs des deutschen Kolonialreichs zum Anlass nehmen, uns mit dieser in Deutschland über Jahrzehnte hinweg verdrängten Geschichte und mit ihren Kontinuitäten auseinanderzusetzen.
In dem Seminar beleuchten wir, welche weitreichenden Auswirkungen der deutsche Kolonialismus nicht nur auf die kolonisierte Gesellschaft des heutigen Tansanias, sondern auch auf Denk- und Gesellschaftsstrukturen in Deutschland hatte und hat. In Hinblick auf die Frage nach globaler Gerechtigkeit soll erarbeitet werden, wie der Kolonialrassismus nach wie vor das Zusammenleben der Menschen weltweit und auch die Beziehungen zwischen Tansania und Deutschland beeinflusst.
Die gemeinsame Aufarbeitung der deutschen Kolonialherrschaft und ihrer Verbrechen sehen wir als einen unabdingbaren Schritt hin zu einer «gerechteren Geschichtsschreibung», die viel zu lange nur aus weißer deutscher Perspektive erzählt wurde. Damit verbunden ist die Übernahme von kolonialhistorischer Verantwortung durch die Bundesrepublik Deutschland – der sie sich bis jetzt weitgehend entzogen hat.
Programm
Freitag, 26. Oktober 2018:
15:30 Uhr: Kolonialgeschichtlicher Rundgang durch das «Afrikanische Viertel» in Berlin-Wedding mit Berlin Postkolonial (Anmeldung erforderlich)
20 Uhr: Schädel X – Performance von Flinn Works anschließend: Preview der Ausstellung zu Manga Meli
Veranstaltungsort: Tieranatomisches Theater der Humboldt-Universität
Kartenerwerb
Samstag, 27. Oktober 2018:
9:30 Uhr: Ankunft und Registrierung
10 Uhr: Begrüßung
10:10 Uhr: Keynote: Der Deutsche Kolonialismus in Ostafrika | Flower Manase Msuya, Nationalmuseum Tansania
10:55 Uhr: Kaffeepause
11:25 Uhr: Vor 100 Jahren: Der Zusammenbruch des deutschen Kolonialreichs | Dr. Michael Pesek, Universität Hamburg
12 Uhr: Isaria Meli im moderierten Gespräch mit Gabby Mzei und Konradin Kunze, FlinnWorks
13 Uhr: Mittagessen
14 Uhr:
Workshop 1: Kontinuitäten kolonialer Denkstrukturen und Rassismus | Lawrence Oduro-Sarpong, AfricAvenir
Workshop 2: Die Kolonialität des öffentlichen Raums in Deutschland | Mnyaka Sururu Mboro & Christian Kopp, Berlin Postkolonial
Workshop 3: Kolonialismus und Kirche | Wolfgang Apelt, Volker Schauer & Michael Seitz, Archiv u. Museumsstiftung d. VEM und Tanzania-Network.de
15:45 Uhr: Pause
16:15 Uhr: Fortsetzung
Workshop 1
Workshop 4: How to (re)present? – spirituelle Masken in deutschen Museen | Gita Hermann & Isack Abeneko
Workshop 5: Deutsch-Ostafrika – der blinde Fleck der Bundesregierung? Warum die Gewaltverbrechen in Ostafrika von Regierungsseite kaum Beachtung finden | Frederik Haug
18 Uhr: Abendessen
Sonntag, 28. Oktober 2018
9:30 Uhr: Gedankensplitter – Reaktionen – Eindrücke
10 Uhr: Erinnerungskultur und Schuldfrage: Koloniale Amnesie und Melancholie | Dr. Henning Melber, Nordiska Afrikainstitutet, Uppsala
10:30 Uhr: Ergebnisse der Provenienzforschung zu Kulturobjekten aus Ostafrika im Ethnologischen Museum Berlin | Kristin Weber-Sinn, Ethnologisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin
11 Uhr: Kaffeepause
11:30 Uhr: Jenseits des Eurozentrismus?
Postkoloniale Erinnerungskultur in Tansania und Deutschland
Abschlussdiskussion mit Mnyaka Sururu Mboro, Prof. Dr. Hermann Parzinger, Dr. Henning Melber, S. E. Botschafter Dr. Abdallah S. Possi, Vertreter*in des Auswärtiges Amts (tbc)
Moderation: Karen Taylor
13 Uhr: Mittagessen
VERANSTALTUNGSORT
Centre Français de Berlin
Müllerstraße 74
13349 Berlin
ZEIT
26.10.2018, 15:30 - 28.10.2018, 14:00 Uhr