Interview Le Monde Diplomatique

RAF Document ID
0019760610
Author
Rechtsanwälte, Gefangene aus der RAF
Date
10.6.1976
Source
Originalkopie
Text

1. der angebliche selbstmord von ulrike meinhof wird von der linken und von der kritischen öffentlichkeit überwiegend als institutioneller mord angesehen, der am ende von 4 jahren menschenvernichtender isolationshaft steht.

der begriff institutioneller mord ist nicht genau genug. richtig ist, dass in einer militärisch begriffenen auseinandersetzung gefangene revolutionäre hingerichtet werden. wir sind sicher, dass es wie bei holger meins und siegfried hausner mord ist - eine nach den patterns der psychologischen kriegführung seit jahren konzipierte hinrichtung. wie der mord im einzelnen abgelaufen ist, versuchen wir zu ermitteln, sicher ist, dass von staatlicher seite alles getan wird, um den sachverhalt zu vertuschen, während der staatsschutz und der von der bundesanwaltschaft organisierte staatsschutzjournalismus versuchen, ihn propagandistisch auszuschlachten.
es spricht nichts für selbstmord - aber es gibt eine menge tatsachen, die für mord sprechen. die gefangenen durften ihre tote genossin nicht mehr sehen. ihre leiche wurde überstürzt aus dem gefängnis geschafft, als der erste anwalt für gudrun ensslin im gefängnis erschien. die leiche wurde im auftrag der staatsanwaltschaft obduziert, ohne den verteidigern oder angehörigen gelegenheit zu geben, sie zu sehen, obwohl sie darauf bestanden haben. die zuziehung eines von ihrer schwester bestimmten obduzenten war nicht möglich. die leiche war nach der obduktion so zerschnitten, dass der nachobduzent zu keinem genauen befund mehr kommen konnte. ein 25 cm langer kaiserschnitt von der geburt ihrer kinder z.b. war nicht mehr feststellbar. das gehirn und die inneren organe waren entfernt. an den beinen allerdings wurden zahlreiche einwirkungen stumpfer gewaltanwendung konstatiert und der charakter der verletzungen der inneren halsorgane (bruch des zungenbeinhorns und des schildhornknorpels) schliesst "tod durch erhängen" praktisch aus. die zelle durfte weder einer ihrer verteidiger, noch der testamentsvollstrecker, noch ein angehöriger besichtigen. die zelle wurde zwei tage nach ihrem tod - obwohl der trakt in dem sie starb nicht belegt ist - "renoviert" - das heisst vollständig neu gestrichen. bis heute haben weder die verteidiger noch die angehörigen von den behörden mehr erfahren als die lapidare behauptung "selbstmord durch erhängen". es gibt in den presseverlautbarungen der politischen justiz fünf sich ausschliessende versionen über die befestigung des stricks, die, die schliesslich offiziös und verbreitet wurde, behauptet, sie hätte sich ein zu einem 5 cm dicken strick gerolltes handtuch selbst fest um den hals geknotet, sei dann auf einen stuhl gestiegen und hätte diesen 5 cm dicken strang durch die maschen eines fliegengitters gefädelt und verknotet, durch das nicht mal der kleine finger eines kindes passt (dazu wäre ein instrument notwendig gewesen, das nicht gefunden wurde) - dann soll sie sich umgedreht haben und gesprungen sein. bevor diese version feststand, gab der gefängnisdirektor, der als einer der ersten in die zelle kam, an, es sei kein stuhl in der nähe der leiche gewesen und der gefängnisarzt, der sie zuerst untersuchte, erklärte, die füsse wären 20 cm über dem boden gewesen. es gibt nur widersprüche in den behauptungen der politischen justiz aber es gibt keine akteneinsicht und die strikte weigerung, die angehörigen, die verteidiger oder neutrale instanzen zu informieren. zur einsetzung eines internationalen untersuchungsausschusses, der in ganz europa gefordert wurde, stellt das justizministerium fest: "für irgendwelche internationalen gremien ist weder anlass noch raum".

2. auf welchem hintergrund wäre der gezielte mord zu sehen?

in den akten ist die geschichte des mordes dokumentiert. die regierung versucht seit 6 jahren über den generalbundesanwalt die gefangenen aus der raf und wesentlich ulrike und andreas als ein beispiel und eine funktion des widerstands gegen die institutionelle strategie des neuen faschismus unter einsatz aller mittel politisch und moralisch "auszutilgen", wie schmidt programmatisch in einer regierungserklärung formulierte.
das konzept zu ulrike war, seit es die raf gibt, erst personalisierung und dann pathologisierung revolutionärer politik. sie sollte deshalb nach ihrer verhaftung im toten trakt gebrochen und vor dem prozess psychiatrisiert werden. nach ihrer verhaftung wurde sie auf weisung der bundesanwaltschaft vom 16.6.1972 bis zum 9.2.1973 - das sind 237 tage - in einem toten trakt - also totaler akustischer isolation - gefangengehalten. das war in dem gefängnis, in dem der staatsschutz gefangene in der phase des verhörs und der "vorbereitung der prozesse" unterbringt. es ist folter äussersten grades. kein mensch kann längere zeit ein akustisches und soziales vakuum ertragen. das zeitgefühl und der gleichgewichtssinn werden zerstört. zum system der weissen folter gehört, dass die qual des gefangenen mit der dauer der folter nicht abnimmt, sondern sich potenziert. das ergebnis ist schliesslich eine irreversible gehirnwäsche, die zuerst die kontrolle des gefolterten über das was er redet auflöst, seine fähigkeit, auch nur einen einzigen gedanken zu fassen, wird zerstört. übrig bleibt ein unverletzter körper, den man vorführen kann. das programm stand während der ganzen zeit unter der kontrolle der bundesanwaltschaft und des staatsschutzpsychiaters götte. aber ulrike hat diese 237 tage überstanden, weil sie gekämpft hat. jeder von uns konnte feststellen, dass ihr bewusstsein und ihr wille ungebrochen waren.
eine andere gefangene aus der raf, astrid, die vorher 3 monate im 264 trakt war, hat sich davon - auch nach ihrer entlassung - das war vor 3 jahren - nicht mehr erholt. sie ist bis heute schwerkrank.
die bundesanwaltschaft ging davon aus, dass ulrike im trakt zusammenbrechen würde. am 4.1.73 schreibt buback - der generalbundesanwalt - dass ulrike "zur vorbereitung eines gutachtens über ihren geisteszustand in eine öffentliche heil- oder pflegeanstalt" eingewiesen werden soll. die öffentlichkeit, die die verteidiger mobilisieren konnten, hat das damals grade noch verhindert. aber die bundesanwaltschaft hat ihr ziel, ulrike für geisteskrank zu erklären, trotzdem zäh weiter verfolgt: buback beauftragt den justizpsychiater witter am 18.4.1973 mit einem gutachten über die zurechnungsfähigkeit von ulrike. in diesem brief heisst es: "nach dem bisherigen verhalten von frau meinhof erscheint ihre mitwirkung an einzelnen untersuchungen und ihre einwilligung zu bestimmten eingriffen fraglich. sollten zur erstattung des gutachtens einzelne eingriffe erforderlich werden, so bitte ich, dies mir unter genauer angabe der für notwendig erachteten untersuchung mitzuteilen, damit gemäss § 81 stpo eine entsprechende richterliche anordnung eingeholt werden kann. wenn die hinzuziehung eines neurochirurgen erforderlich sein sollte, rege ich an, von dort aus den direktor der neurochirurgischen universitätsklinik in homburg, herrn prof. dr. loew, um seine mitwirkung zu bitten". der griff nach dem gehirn ulrikes wird hier offensichtlich. loew ist direktor eines der beiden institute für neurochirurgie in der brd, in denen mit verhaltenschirurgie an gefangenen experimentiert wird. witter verlangt in seiner antwort zuerst eine röntgenaufnahme des schädels und eine szintigraphie. aber er erklärt im gleichen brief der bundesanwaltschaft, dass die untersuchungen auch in narkose durchgeführt werden können, falls ulrike "ihre mitarbeit" - so wörtlich - "verweigern sollte". was mit diesem eingriff beabsichtigt ist, ergibt sich aus einem brief vom 27.8.1973 an den generalbundesanwalt. es heisst da: "vor allem hätte sich durch den nachweis eines hirngewebsgeschwulst auch eine vitale indikation für einen therapeutischen operativen eingriff ergeben können".
psychochirurgie ist definiert als "neurochirurgische operationen 1. an normaler gehirnmaterie eines menschen, der unter keinen körperlichen krankheiten leidet, die mit der absicht vorgenommen werden, das verhalten oder die emotionen dieses menschen zu ändern; 2. an kranker gehirnmaterie eines menschen, wenn das einzige anliegen des eingriffs ist, sein verhalten zu ändern, zu kontrollieren oder zu beeinflussen." (1) dieckmann, der mitarbeiter loews, spricht von "chirurgie der emotionen" (2) und von eingriffen, um "eine verhaltensstörung zu therapieren, die praktisch auf keine andere weise gebessert werden konnte" (3), um "ganz bestimmte erlebnisräume zu entleeren..." (3). als folgen beschreibt er selbst "gravierende schädigung des gedächtnisses, schwere orientierungsstörungen, deutlich spürbarer verlust an aktivität...furchtbare gedächtnisstörungen." (4) zur frage der indikation solcher eingriffe an radikalen bloss im öffentlichen dienst, sagt dieckmann: "man müsste erst einmal feststellen, ob er krank ist. wenn ja, bestünde sogar eine berechtigung zur behandlung." (5) psychochirurgische eingriffe sind inzwischen in japan, in den usa und allen westeuropäischen ländern mit ausnahme der bundesrepublik geächtet oder gesetzlich verboten. vogel allerdings schreibt am 25.5.75 an die landesjustizverwaltung: "die grundsätzliche frage nach den grenzen manipulierender eingriffe ins gehirn sollte zuerst im ärztlichen und juristischen bereich diskutiert werden. die frage der stereotaktischen operation ist zu spezieller natur, als dass jene grundsatzfrage..., ob bereits der zeitpunkt gekommen ist, die stereotaktische operation zum gegenstand gesetzlicher vorschriften zu machen, an dieser stelle bereits entschieden werden könnte." (6) "vitale indikation" heisst hier nur, dass für die kretinisierung weder die einwilligung des gefangenen noch der verwandten gebraucht wird. der psychiater entscheidet "nach ermessen" über die verstümmelung durch stereotaxie. der eingriff wird dann auf antrag der bundesanwaltschaft vom ermittlungsrichter des bundesgerichtshofs durch beschluss angeordnet. mit dem zusatz: "diese massnahmen dürfen auch gegen den willen der beschuldigten, erforderlichenfalls unter anwendung unmittelbaren zwanges und unter narkose durchgeführt werden".
die ganze sache scheitert schliesslich an den massiven protesten der internationalen öffentlichkeit und vieler ärzte. um einen geordneten rückzug bemüht, erklärt die bundesanwaltschaft, sie hätte erst jetzt von der bereits 1968 im zentralblatt für neurochirurgie und 1972 im stern veröffentlichten krankengeschichte ulrikes erfahren. das ist eine dumme lüge, denn nach den akten ist ulrike 1972 bei ihrer verhaftung an hand der röntgenbilder dieser krankengeschichte vom staatsschutz identifiziert worden.
ulrike kam danach noch zweimal in den toten trakt - vom 21.12.73 bis zum 3.1.74 allein und vom 5.2.74 bis zum 28.4.74 zusammen mit gudrun. aber die unterbringung der beiden gefangenen im toten trakt stiess auf so starken internationalen protest, dass die spd-regierung ihren plan, fundamentalopposition in der bundesrepublik durch die psychiatrisierung ulrikes als krankheit darzustellen, fallenlassen musste, das projekt, als "ruhige und entschlossene behauptung des normalzustands" (brandt) - den durch folter und psychochirurgie zerstörten politischen kopf in einem schauprozess vorzuführen war gescheitert. das ist die vorgeschichte. alle tatsachen, die wir jetzt nach und nach erfahren, sagen, ulrike ist in der nacht vom 8. zum 9. mai vom staatsschutz ermordet worden, weil die jahrelange tortur ihre politische identität, ihr revolutionäres bewusstsein, ihren willen zu kämpfen, nicht zerstören konnten.
die inszenierung des selbstmords folgt dabei genau den linien der psychologischen kriegführung, die der staatsschutz seit 1970 entwickelt hat - die physische liquidierung wird als funktion der masslosen hetz- und counterinsurgencykampagnen zur politischen vernichtung der raf in szene gesetzt. buback, der generalbundesanwalt, hielt vor 2 monaten das zweite paket von überstürzt verabschiedeten sondergesetzen zu diesem einen prozess für nicht mehr opportun, denn: "wir brauchen keine zuständigkeitsregelung. der staatsschutz lebt davon, dass er von leuten wahrgenommen wird, die sich dafür engagieren. und leute, die sich engagieren wie herold und ich, die finden immer einen weg. wenn sie eine gesetzliche regelung haben und sie mal strapazieren müssen, funktioniert sie ja meistens doch nicht." und herold, der präsident des bundeskriminalamts, gab auf einer tagung zum problem dieser gefangenen von sich: "aktionen gegen die raf müssen grundsätzlich so abgewickelt werden, dass sympathisantenpositionen abgedrängt werden."
ein indiz: vier stunden nach ihrem tod lässt die bundesanwaltschaft über die presse gerüchte über ein motiv verbreiten: "spannungen innerhalb der gruppe", "tiefgreifende differenzen" usw. und: diese erklärung der bundesanwaltschaft war nicht neu. sie ist in der wörtlich identischen formulierung schon einmal, 1971, also vor 5 jahren - vom staatsschutz in einer desorientierungskampagne verbreitet worden. damals hiess es: ulrike meinhof hätte sich wegen "spannungen", "tiefgreifender differenzen" innerhalb der raf umgebracht. aber die letzten briefe ulrikes und die erfahrungen aller, die die gruppe kennen - auch die erfahrungen aller anwälte, die sie in den letzten 12 monaten gesehen haben - beweisen, dass die beziehungen in der gruppe intensiv, liebevoll, diszipliniert, frei zueinander waren. jeder konnte das sehen. vor 5 jahren, 1971, war ulrike für den staat nicht erreichbar. sie war frei, weil sie illegal war. sie wurde deshalb von der psychologischen kriegführung totgesagt. als sie gefangen, legal war, wurde sie getötet, weil sie im gefängnis, im prozess weitergekämpft hat.
man muss sehen, zu welchem zeitpunkt dieser mord inszeniert wird: die gefangenen haben vier tage vorher beweisanträge gestellt, an denen ulrike wesentlich mitgearbeitet hat. (7)
sie thematisierten,
1.) dass das territorium der bundesrepublik deutschland seit ihrem bestehen strategische basis der völkerrechtswidrigen aggressiven expansionspolitik der usa gegen dritte staaten, gegen verfassungsmässige regierungen dritter staaten und gegen antikoloniale, nationale und antiimperialistische befreiungsbewegungen in dritten regionen ist, indem u.a. alle relevanten offenen und verdeckten militärischen und nachrichtendienstlichen operationen der usa gegen die staaten des warschauer pakts, gegen parlamentarisch legitimierte regierungswechsel in westeuropäischen staaten, gegen antiimperialistische befreiungsbewegungen im nahen osten, in afrika und südostasien von basen der us-geheimdienste auf dem territorium der bundesrepublik deutschland geplant, organisiert, begleitet, unterstützt bzw. überwacht worden sind, insbesondere
a) dass das ig-farben-haus in frankfurt am main für mehrere us-nachrichtendienste während der gesamten dauer der völkerrechtswidrigen aggression der usa in indochina als hauptquartier fungierte;
b) dass diese us-dienststellen im ig-farben-haus in frankfurt am main militärstrategische planungs-, leitungs-, koordinations-, und kontrollfunktionen sowohl im operativen wie im logistischen bereich für den einsatz des us-militärkontingents in indochina und für die durchführung von geheimen operationen der us-nachrichtendienste in indochina hatten;
2.) dass die konstituierung der bundesrepublik deutschland als staat nach 1945 von den usa als projekt ihrer expansiven weltmachtstrategie durchgeführt und entwickelt worden ist - insbesondere dass die nach dem zweiten weltkrieg gegründete cia als illegaler arm der amerikanischen aussenpolitik direkt bzw. über zivile tarnorganisationen bzw. über von ihr kontrollierte wirtschafts-, gewerkschafts-, kultur- und studentenorganisationen in der zeit des kalten kriegs und später die finanzierung von parteien und gewerkschaften in der bundesrepublik, sowie die schulung, finanzierung und förderung von politikern und funktionären aller relevanten politischen, ökonomischen und kulturellen institutionen in der bundesrepublik betrieben hat;
3.) dass aufgrund der offenen und verdeckten, der direkten und indirekten druckmittel in der form völkerrechtswidriger einmischung in die inneren angelegenheiten der bundesrepublik, durch die vollständige ökonomische, militärische und politische hegemonie der usa über die bundesrepublik die regierungen kiesinger/brandt und brandt/scheel in die offenen und verdeckten aggressions- und völkermordstrategien gegen die befreiungsbewegungen der staaten der dritten welt, insbesondere in indochina verstrickt waren,
a) indem sie die aggression politisch, ökonomisch und propagandistisch unterstützten bzw. die nutzung der militärischen basen der us-armee vom territorium der bundesrepublik aus ermöglichten;
b) indem sie als subzentrum des us-imperialismus über ihre eigenen nachrichtendienste, ihren export von polizei und militär, waffen, ausbildung, technologie und logistik, durch die finanzierung von parteien, politikern usw. und durch ökonomischen druck selbst eine völkerrechtswidrige politik der einmischung in die inneren angelegenheiten der dritten welt, insbesondere indochinas und der europäischen peripherie entwickelt hat;
4.) dass die bundesrepublik deutschland
a) aus den bedingungen ihrer entstehung als produkt der diktatur der alliierten militärregierungen unter führung der usa,
b) aus den konditionen und auflagen, aufgrund derer die rechte der besatzungsmächte unter führung der usa an deutsche behörden nur übergeben worden sind,
c) aus den vorbehaltsklauseln des deutschlandvertrages von 1956 und späteren modifikationen dieses vertrages, insbesondere durch die vom cia überwachte abhängigkeit des staates bundesrepublik von den usa - ohne deren kolonie im völkerrechtlichen sinn zu sein - über keine nationale souveränität im verhältnis zu den usa verfügt. das ist ein auszug.
eine linie dieser anträge war, wie die sozialdemokratische partei und die gewerkschaften durch gekaufte politiker in den führungsgruppen über die förderung und plazierung von karrieren an der partei- und gewerkschaftsspitze fungibel gemacht wurden für die aggression und konsolidierung des us-imperialismus in europa und in der dritten welt.
wir glauben, dass die bundesanwaltschaft als koordinationsstelle zwischen in- und ausländischen geheimdiensten - also auch zwischen cia, bnd, bfv, mad, usw. und als schnittpunkt zur propagandistisch/ideologischen funktion politischer justiz - an diesen anträgen vor dem problem stand, dass sich ihre primitive dramaturgie der entpolitisierung des prozesses, die sie vier jahre lang durch folter, hetze, psychologische kriegführung, sondergesetze, ein sondergericht, die liquidierung der verteidigung usw. vorbereitet hat, im prozess öffentlich auflöst. genau hier sollte ulrike resignieren? es ist absurd: die gefangenen wussten, dass die konfrontation hier kulminieren würde, und ulrike war wie alle entschlossen, im prozess um die tatsachen zu kämpfen. das beweisen ihre briefe und manuskripte, ihre reden im und ihre arbeit z.b. zu dem prozess - bis zum letzten tag.
sie ist in dem moment ermordet worden, in dem der bundesanwaltschaft klar war, dass das faschistische exempel zur bewältigung der guerilla in der bundesrepublik - der schauprozess in stammheim - der politischen justiz trotz aller repression auf die füsse fallen könnte.
stammheim soll die hoffnungslosigkeit jeden widerstands in der bundesrepublik beweisen. wir glauben was an stammheim deutlich wurde, ist, warum die linie der raf - die politisch-militärische organisation des widerstands - notwendig und gerechtfertigt ist.

3. die angeklagten haben mit dem letzten ihnen verbleibenden mittel, dem hungerstreik, gegen ihre haftbedingungen gekämpft. ist dadurch eine änderung der isolationshaft erreicht worden? trägt das gericht dem gesundheitszustand der angeklagten rechnung?

nein. die gefangenen haben ihren hungerstreik damals nach 5 monaten abgebrochen, als klar war, dass die legale linke eine zweite grosse mobilisierung wie die nach der ermordung von holger meins nicht bringen würde und klar war, dass die bundesanwaltschaft, buback, entschlossen war, mit einem bombastischen aufwand medizinischer verschleierungsmassnahmen den streik dazu zu benutzen, noch mehr gefangene aus der raf umzubringen. die gefangenen wurden damals durch einen brief von der raf draussen dazu aufgefordert, den streik zu beenden, obwohl seine forderung: aufhebung der isolation - nicht durchgesetzt war. darin hiess es: "was der streik als die letzte waffe unserer gefangenen für die vermittlung, mobilisierung, organisation antiimperialistischer politik hier erreichen konnte, hat er erreicht. in seiner eskalation kann sich aus den objektiven bedingungen - der stärke der reaktionären mobilisierung hier, dem klassenkampf von oben und seinen subjektiven bedingungen - unterentwickelte klassenkämpfe, die korruption der klassenorganisationen des proletariats, einer schwachen revolutionären linken - keine neue qualität des kampfes vermitteln. zuzulassen, dass ihr ihn - gegen das kalkül der staatlichen propaganda - fortsetzt: durch die exemplarische hinrichtung gefangener guerillas - weil sie kämpfen, immer kämpfen, trotzdem kämpfen - widerstand als hoffnungslos erscheinen zu lassen hiesse, euch zu opfern. wir nehmen euch diese waffe, weil der kampf um die gefangenen aus dem kräfteverhältnis, das an ihm begriffen worden ist - jetzt nur unsere sache sein kann!"
diese einschätzung des kräfteverhältnisses war realistisch. das gericht hat der tatsache, dass die gefangenen aufgrund der jahrelangen isolation nur noch für zwei/drei stunden am tag verhandlungsfähig sind, dadurch rechnung getragen, dass es sie aus dem verfahren ausgeschlossen hat. es hat entgegen den feststellungen der ärzte, deren bestellung die verteidigung dem gericht in monatelangen auseinandersetzungen endlich abgerungen hatte und die das gericht bestimmt hat (kein gutachter der verteidigung ist zugelassen worden) - behauptet, die gefangenen hätten ihre verhandlungsunfähigkeit durch die hungerstreiks gewollt und selbst verschuldet. die gutachten der ärzte sagen völlig unbestreitbar, dass die ursache des miserablen gesundheitszustandes der gefangenen die haftbedingungen sind. acht weitere gutachter in raf-prozessen kommen zu der identischen feststellung: jahrelange isolation ist vernichtung.
der bundesgerichtshof hat dagegen die konstruktion "selbstverschuldet" mit falschen tatsachenfeststellungen vertieft. er behauptet nicht mehr wie das gericht, die ursache der verhandlungsunfähigkeit seien die hungerstreiks - die gutachten, die diese interpretation ausschliessen, waren in der zwischenzeit teilweise veröffentlicht worden; er behauptet, die gefangenen hätten durch "ihr verhalten in der haft" den behörden die haftbedingungen "aufgezwungen" - als seien die behörden isoliert. aber er erklärt ausserdem den zweck der sache - sie werden vernichtenden haftbedingungen unterworfen, weil sie "ihr augenscheinlich durch nichts zu beeinflussendes realitätsfernes bild der gesellschaftlichen verhältnisse" - was so nebenher davon spricht, dass alles versucht wurde und tatsache ist von physischer folter nach der verhaftung über den versuch des tiefenverhörs mittels zwangsnarkose (carmen roll) bis zur jahrelangen isolation eine menge versucht worden - "zu einer fanatischen verfolgung ihrer ziele verführt". das bundesverfassungsgericht hat dieses credo übernommen und damit folter für verfassungsmässig erklärt. schon die tatsachenfeststellung ist eine lüge: in den aufnahmeersuchen der haftrichter an die gefangnisdirektoren ist bei allen diesen gefangenen isolation zur haftbedingung gemacht worden. sie konnte durch ihr "verhalten in der haft" nicht verschärft werden, weil sie von der ersten stunde an total war. die fanatisierten richter der beiden höchsten gerichte der bundesrepublik, die diese beschlüsse gefasst haben, wissen das und das heisst, sie haben sich bewusst und gezielt für den polizeiapparat, die sicherungsgruppe bonn abteilung terrorismus - sie und die bundesanwaltschaft diktieren die haftbedingungen - instrumentalisiert. die politische justiz in der bundesrepublik ist eine funktion von counterinsurgency; die beschlüsse sagen klar, dass die haftbedingungen geändert worden wären und geändert würden, wenn die gefangenen abschwören, aussagen und sich der psychologischen kriegführung gegen die stadtguerilla zur verfügung stellen. mit diesen beschlüssen ist folter - in den internationalen konventionen klar definiert - in der bundesrepublik eine zulässige massnahme zum zweck der aussageerpressung und der propagandistischen verwertung des gefolterten im prozess. so hat die westdeutsche justiz dem gesundheitszustand der gefangenen durch die verrechtlichung von folter rechnung getragen.

4. ist in stuttgart-stammheim eine politische verteidigung der raf zu irgendeinem zeitpunkt des verfahrens möglich gewesen? können die angeklagten die gründe und die zielsetzung ihrer politik frei im prozess darlegen?

die gefangenen haben bisher in dem prozess selten einen satz sagen können, ohne von prinzing unterbrochen zu werden. bzw. die bundesanwaltschaft schaltet sich ein. bobby seale wurde noch offen geknebelt. hier stellt das gericht einfach die mikrofone der gefangenen ab und schliesst sie, wenn sie trotzdem sprechen, für mindesten vier wochen ganz aus. die methode unterbrechung ist natürlich wirksam. wenn ein gedankengang 10 mal unterbrochen worden ist, ist er zerstört. beim zuschauer entsteht der eindruck von redundanz. die politische interpretation des verfahrens ist blockiert. das verfahren ist einfach in jedem moment psychologische kriegführung. es gab den versuch, politisch zu verteidigen, das heisst die verteidigung, nachdem die vorbereiteten anwälte kurz vor prozessbeginn ausgeschlossen waren, zu rekonstruieren. das gericht hat darauf mit dem ausschluss von 6 weiteren anwälten reagiert, mit entpflichtung, mit der weigerung, überhaupt noch wahlpflichtverteidiger zu bestellen. die bundesanwaltschaft hat ehrengerichtsverfahren mit dem ziel : berufsverbote durchzusetzen, angedreht. das klappt auch. die ehrengerichte der anwaltskammern sind inzwischen neu besetzt, mit anwälten, die öffentlich die intentionen der bundesanwaltschaft vertreten. der vorsitzende des anwaltsvereins, brangsch, hat das vor ein paar monaten in einer rundfunkdiskussion offen ausgesprochen. jetzt wird der kreis der sondergesetzgebung geschlossen: im juni hat die spd im bundestag ein neues "paket" von sondergesetzen eingebracht, das die bisherigen perfektioniert. danach wird schon ausreichen, wenn ein verteidiger mit einem ehrengerichtsverfahren, das von der staatsanwaltschaft, gegen die er verteidigen soll, beantragt wird, überzogen worden ist, um ihn von der verteidigung auszuschliessen und mit berufsverbot etc. zu verfolgen. die ankläger können damit jeden verteidiger, der in diesen prozessen auch nur versucht, nicht die linke hand der bundesanwaltschaft zu sein, ausschalten. und sie tun es: in stammheim sind innerhalb von 8 monaten 23 verteidiger ausgeschlossen worden - darunter alle, die auf den prozess vorbereitet waren - sodass jetzt kein einziger verteidiger mehr auf der bank sitzt, der die akten kennt. das gesetz wird auch für laufende verfahren gelten - also praktisch rückwirkend.
es ist die zweite welle von sondergesetzen für einen prozess. als das verfahren schon lief, sind ströbele und croissant verhaftet worden und die gesamten verteidigungsunterlagen, die bei ihnen noch in arbeit waren, wurden abtransportiert, nachdem sich die bundesanwaltschaft schon in drei zellenrazzien vor dem prozess die gesamte verteidigungsvorbereitung der gefangenen in den zellen geschnappt hatte. ein detail dazu ist, dass die durchsuchung der kanzlei von andreas baaders zuletzt noch übriggebliebenem anwalt: haag, der sich seiner verhaftung entzogen hat, von zeis, einem der bundesanwälte, die in stammheim die anklagebehörde vertreten, durchgeführt worden ist. das heisst, die bundesanwaltschaft - indem sie anwaltsverfolgung und anklagevertretung in personalunion von denselben bundesanwälten vollstrecken lässt hat es nicht mal nötig den zweck der kriminalisierung der anwälte auch nur optisch zu verschleiern. das ist das ganze problem in der bundesrepublik. der faschismus ist offen, aber es gibt wenig bewusstsein davon und kaum widerstand.

5. in einem antrag zur einstellung des verfahrens bezeichnete einer der verteidiger den prozess als keine justizielle, sondern eine militärisch-politische auseinandersetzung. welche massnahmen der herrschenden haben dazu geführt, dass diese auseinandersetzung mit ungleichen waffen durchgeführt wird?

sondergesetze, ein auf diesen stuhl geschobener ungesetzlicher richter, als prozess-ort nur für diesen prozess ein 22-millionen-mark bunker am stadtrand, ausserhalb jeden möglichen publikumsverkehrs, die unterschlagung von 90 % der akten durch die bundesanwaltschaft und das bundeskriminalamt, von der polizei präparierte zeugen, deren aussagen durch total gesteuerte berichterstattung propagandistisch durchstrukturiert sind, die anwaltsverfolgung, die natürlich auch die im prozess verbliebenen anwälte lähmt.
anwälte sind auf einen minimalen rechtsstaatlichen konsens angewiesen. wird er so total wie in diesem verfahren durch nackte repressive massnahmen abgelöst - sind anwälte hilflos. man muss mal diese kette sehen: sondergesetze, die zu diesen grossen prozessen die zahl der verteidiger für jeden gefangenen auf drei reduziert haben, die vermittels successivverbot und dem verbot kollektiver verteidigung der angeklagten in einem verfahren arbeitsteilung zwischen den anwälten ausschliessen; durch die willkürliche, nichtöffentliche, das heisst administrative ausschlüsse mit jeder beliebigen verdachtskonstruktion durchgezogen werden können; dazu die berufsverbote, die die anwaltskammern jetzt - man muss sagen - in staatsschutzorgien, wie 1933, exekutieren; die verhaftungen, der terror gegen die kanzleien durch beschlagnahme der gesamten akten, also auch der aus anderen verfahren, die ein politischer anwalt zu seiner reproduktion braucht; der terror durch offene observation, durch die offene einschüchterung der alten klientel, die von bundeskriminalamtstrupps aufgesucht, ausgefragt, unter druck gesetzt wird; entpflichtung, strafanzeigen, verurteilung wegen argumentation im prozess u.s.w. u.s.w. die anwälte sind in der hauptverhandlung mit von der bundesanwaltschaft gefälschten dokumenten konfrontiert, in der öffentlichkeit mit gefälschten zitaten in propagandaillustrierten des bundesinnenministeriums, die in millionen exemplaren an schulen u.s.w. verteilt werden, sie sind polizeilich und propagandistisch eingekesselt. die gefangenen sagen, die anwälte sind in dem rechtsvakuum dieser verfahren wie hähne ohne kopf. sie sind dem militärisch vollstreckenden pragmatismus, der über das ganze instrumentarium von gesetzgeberischer repression über die regierung bis zum ungesetzlichen terror - wie 1933 - des staatsschutz reicht, nicht gewachsen. man stellt da entweder ein verhältnis zur politik der gefangenen, ihrem inhalt: antiimperialistischer kampf her, weil es bei der anwaltsverfolgung ja auch um die liquidierung von öffentlichkeit für diese politik geht, oder erliegt der repression. ein teil wird zu opportunisten, unterwirft sich den in jedem prozess inzwischen offen ausgesprochenen direktiven oder drohungen des staatsschutz und funktioniert für ihn gegen den versuch, an den tatsachen aufklärung und solidarität zu organisieren.
das heisst: diese anwälte hat die drohung mit ehrengerichtsverfahren, also berufsverbot, dahin gebracht, ihre standesinteressen dadurch nicht zu gefährden, dass sie für inhalt und bezug dieses jobs: die minimalen menschenrechte für ihre mandanten - kämpfen. die verschärfte repression hat sie stattdessen auf die linie gebracht: gegen den abbau der verteidigerrechte. das ist grotesk. als politische anwälte sind sie damit total korrupt.
mal abgesehen von den barrieren, mit denen die bundesanwaltschaft institutionell - über das parlament, die gerichte, die vorstände der anwaltskammern, die länderstaatsanwaltschaften, die ausbildungsinstitutionen für referendare u.s. w. fast alle zugänge zur übernahme eines mandats in den verfahren versperrt hat, ist es inzwischen auch so nahezu unmöglich geworden, noch anwälte zu finden, die bereit sind nach stammheim zu gehen. es herrscht einfach angst.
zu diesem komplex: terror und angsterzeugung gehört die unterschlagung von 90 % - das sind über 1.000 büroordner - der akten. die beseitigung von spurenakten war bedingung, diese gefangenen überhaupt so anklagen zu können. sie ist teil der vorverurteilung. ausserdem ist die selektion bedingung für die rädelsführerkonstruktion der bundesanwaltschaft. aber vor allem würde die herausgabe aller akten der öffentlichkeit einen einblick in die fahndung 1970 bis 1972 geben und damit in den umfang der polizeilichen ermittlungen und die grösse des polizeiapparats, von der man weiss - sie wird ja auch ununterbrochen von der regierung propagiert - die sich nur keiner vorstellt.
"man denkt davon weg" sagte der filmer kluge neulich ganz richtig, die sicherungsgruppe bonn hat damals zusammen mit dem verfassungsschutz, bundesnachrichtendienst, militärischer abschirmdientst, cia die gesamte westdeutsche linke polizeilich durchleuchtet, sie ist inzwischen vollständig erfasst, praktisch unter kontrolle des staatsschutz. sie hat bis in die spitze der ministerialbürokratie telefone abgehört, observiert, verdächtigungen lanciert. gewerkschaften, die nachwuchsorganisationen der parteien, schriftsteller, journalisten, minister waren in die bespitzelung einbezogen. würden diese akten öffentlich (was hier unmöglich ist, aber in den usa z.b. am huston-plan lief) würde das ausmass der kontrolle, das die polizei über die gesellschaft und den staatsapparat hat, die dimension und perspektive des misstrauens, der unsicherheit, die enorme legitimationsschwäche und so brüchigkeit des konsens im apparat sichtbar, eines apparats, der über keine nationale identität und keine legitimation verfügt, dessen ferment nur sein chauvinismus und seine abhängigkeit von den usa ist. es wäre die öffentliche aufforderung zum widerstand.

6. die massenmedien in der brd ignorieren mehr oder weniger den prozess. vor prozessbeginn häuften sich pressekampagnen gegen die raf, die verteidiger und sympathisanten. ist das das ergebnis der psychologischen kriegführung?

die vollständige gleichschaltung der medien ist eine voraussetzung für diese schauprozesse. buback hat der bundesanwaltschaft in karlsruhe eine justizpressekonferenz anmontiert - institutionalisierte pressekonferenzen haben sonst nur die bundesregierung und die ländervertretungen. sie ist sein instrument für das was er "offensive information" nennt - was dem inhalt nach dieselbe sache wie die "aktivpropaganda" des III. reiches oder die hetze und der terror der klassischen "antisubversiven aktion" ist, in der durch demagogie ein klima der angst, denunziation, der entpolitisierung erzeugt wird. ausserdem verfügt buback über ein netz von staatsschutzjournalisten in den medien, den konzernredaktionen und den öffentlich-rechtlichen anstalten. d.h. der prozess wird - inzwischen - nicht nur ignoriert. die berichte, die erscheinen, sind alle nach einem nahezu identischen muster strukturiert, um die rezeption zu steuern. nie ein wort von dem was die gefangenen sagen. die linie der verteidigung wird verfälscht und die resultate z.b. von zeugenvernehmungen werden in ihr gegenteil verkehrt.
davon, dass von der glaubwürdigkeit der zeugen hoff und müller z.b., deren auftritt die bundesanwaltschaft in monatelangen pressekampagnen zum wendepunkt der beweiserhebung hochgepusht hatte, buchstäblich nichts übriggeblieben ist, stand in den zeitungen nichts. zu hoff kam raus, dass er - ein militanter aus der frankfurter scene, die in der zeit 1967 bis 71, der zeit der studentenbewegung, vom sds bestimmt war - der anfang der sechziger jahre für die algerische befreiungsbewegung gearbeitet hat, im gefängnis durch drohungen und versprechungen erpresst und umgedreht worden ist. er stammelt jetzt exakt nach der konditionierung des staatsschutz zeug, das nicht mal bestätigt hat, was die bundesanwaltschaft 6 monate als schlagzeilen durch die presse gejagt hat. die panne war, dass er andreas nicht belasten konnte, aber am tag, nachdem in stammheim klar wurde, dass er andreas nicht identifizieren kann, stand in sämtlichen deutschen tageszeitungen als headline, er hätte ihn identifiziert. es gibt da inzwischen ein paar dutzend beispiele an wichtigen stellen im prozess.
man soll sich mal klar machen, was da verschwiegen wird: der gefangene hatte das vernehmungsprotokoll, dessen formulierungen der vernehmungsrichter gemacht hatte, so gründlich auswendig gelernt, dass er jedesmal, wenn im protokoll "pause" stand, weil er z.b. essen bekam, ins stocken kam - umgekehrt keine einzelnen sätze daraus wiederholen konnte. er hatte den inhalt seiner aussage nicht verstanden. man konnte das mitlesen, wie er in den passagen einrastete und nur mit hilfe eines anwalts, den er vom bundeskriminalamt - seinen vernehmungsbeamten - empfohlen bekam, einerseits über die pausen wegkam, andererseits gestoppt werden musste. ein makabres schauspiel. prinzing behandelte ihn servil und beflissen. 24 stunden am tag hatte er einen "psychologischen betreuer" vom bundeskriminalamt bei sich und in den prozesspausen wurde er von seinem vernehmungsbeamten beim bundeskriminalamt neu einstudiert.
als hoff geplatzt war, schob die bundesanwaltschaft müller nach - einen gefangenen, auf den herold schon 72 ein auge geworfen hatte (" einer redet immer, das war schon bei den jüngern jesu so" (herold, spiegel 31/72) und den die psychologen des staatsschutz in 3 1/2 jahren isolation - durch stressmanipulationsprogramme verschärft - so weichgekocht hatten, dass er zusammenbrach und der jetzt allerdings so verwirrt ist, dass er je nach stimmung und atmosphäre den einstudierten text verlässt und sich in grotesken pseudologien verheddert. er ist so kaputt, dass die staatsschutzpsychiater, die ihn permanent betreuten, davor gewarnt haben, ihn öffentlich auftreten zu lassen: "primär labile selbstunsichere persönlichkeit... (seine) emotionale stabilität (ist) derart beeinträchtigt, dass er auch über seine kognitive funktion nicht voll verfügen kann." (hanisch und beyer 25.6.76) sein auftritt wirkte auf das staatsschutzgericht, das in der kartoffelhalle in kaiserslautern vollstreckt so fatal, dass es die aussage abbrach und nicht verwertete.
was da als kronzeuge auftrat, waren programmierte, gehirngewaschene phonografen der polizei, kaum "höhepunkte", sondern pfützen, die nur eins bezeugen konnten: dass die staatsschutzjustiz auch in der bundesrepublik ihre rolle "als waffe im arsenal der counterinsurgency" begriffen hat.
im kontrast dazu drohte die bundesanwaltschaft den zeugen, die die konstruktion des bundeskriminalamts transparent machen konnten, sofort mit existenzvernichtung: berufsverbot und entzug des ausländerpasses. der prozess ist ein regierungsverfahren und so ist die berichterstattung: homogenisierte, psychologisch durchstrukturierte staatsschutzpropaganda. die parallele zur reichsschrifttumkammer oder der berichterstattung zu den schauprozessen des volksgerichtshofes ist zwingend. nur sind die manipulationstechniken in 20 jahren kalten kriegs in der bundesrepublik perfektioniert. das instrumentarium der psychologischen kriegführung ist schwerer zu durchschauen als die ns-propaganda.
auch deswegen geht es den anwälten um die forderung nach den mindestgarantien der genfer konvention zur behandlung von kriegsgefangenen: folter hat zuerst einen operativen zweck, der sich nicht darauf beziehen muss, aus gefangenen informationen rauszuholen, obwohl es vom ersten tag an versucht wird. wichtiger ist dem staatsschutz, der sich in den prozessen ja auch selbst darstellt, umgedrehte oder zusammengebrochene gefangene öffentlich als indiz gegen die politik oder bewegung, in der sie gekämpft haben, vorzuführen. es geht um das abschreckende beispiel, um gefangene, die wie bodeux oder müller erklärungen abgeben, die der staatsschutz zusammengeschmiert hat und wenn das nicht zu machen ist, dann wenigstens darum, dass der gefangene durch die haftbedingungen so verwirrt ist, dass er im prozess seine ganze geschichte nur noch durch die isolation interpretieren kann, weil er raus will. er stellt dann zwangsläufig die illegale struktur als akzidentiell und pathologisch dar. und auch das entspricht bubacks kalkül, die prozesse zu demonstrationen staatlicher omnipotenz zu machen.
es ist nach 6 jahren staatsschutz klar, dass die propagandistischen bewältigungstechniken, die über kaputte gefangene inszeniert werden, nicht aufhören werden, wenn sie nicht auf widerstand stoßen, dass sie im gegenteil durch die experimente, die gross seit 1973 u.a. mit gruppenisolation, "fiktivem partner", stressmanipulationsprogrammen etc. gemacht hat (8), maximiert worden sind. es ist ja nicht so, dass dabei wertfreie wissenschaft rauskäme. die haftbedingungen z.b. bei astrid proll, gudrun und ulrike waren zeitweise bis in alle einzelheiten den versuchsbedingungen in der hamburger camera silens angepaßt. diese programme laufen und sie bedeuten, weil es natürlich gefangene gibt, die dabei - und da spielen auch die dezimierung und die probleme der politischen verteidiger eine rolle - dazu kommen, alles zu sagen, was der staatsschutz ihnen eingetrichtert hat, auch verhaftung und verurteilung von genossen, die nie an illegale arbeit gedacht haben, nur weil sie in kampagnen arbeiten, die dem staatsschutz lästig sind z.b. susanne mordhorst - mal ganz abgesehen davon, dass das elend, das diese programme für den bedeuten, der unter ihnen zusammenbricht, größer ist als jede vorstellbare form physischer folter.

7. wie verhalten sich die demokratischen und antikapitalistischen kräfte in der brd angesichts des raf- prozesses?

es gibt ein paar signale von widerstand - einen diffusen mobilisierungsversuch gegen repression.
aber die linke hat angst. die kleinen, tendenziell subversiven gruppen verdrängen den prozess. sie wissen, dass es ihr prozess ist, dass es die vietnamopposition der 60iger jahre ist, die hier endgültig liquidiert werden soll; dass der staatsschutz mit der psychologischen kriegführung gegen die raf, wovon die prozesse ein teil sind und stammheim die spitze, jede opposition meint. also auch sie. aber der terror wirkt. er agonisiert. man hat wut, aber steckt den kopf in den sand. das geht so weit, dass ihr informationsdienst, der id, der in der bundesrepublik ein paar namen von cia-agenten aus der bonner us-botschaft abgedruckt hat, es nicht wagt, texte der gefangenen, die bereits öffentlich gesprochen worden sind, zu dokumentieren.
die stupide dogmatische rezeption verfälscht da die politik der gefangenen, sie verteidigt demokratische rechte, die in der bundesrepublik nie real waren - verankert in der verfassung nur als vehikel von antikommunismus. das passt nicht in die staatsapologetik der auf die chinesische aussenpolitik festgelegten gruppen. sie sind grade dabei, die tragödie der III. internationale nicht als farce, sondern als witz zu wiederholen. inzwischen propagieren sie mehr oder weniger offen die us-militärstrategie: stärkung der nato, der wehrkraft der bundeswehr, so der hegemonie des westdeutschen imperialismus in westeuropa als "vaterlandsverteidigung". die raf denkt da anders. sie hat die us-präsenz in der bundesrepublik und die politik der regierungen brandt/scheel, schmidt/genscher in ihrer funktion für das us-kapital im strategischen subzentrum des us-imperialismus das die bundesrepublik ist, angegriffen. dass der prozess für die sekten nicht existiert, kann man angesichts der reaktionären inhalte ihrer politischen praxis, die ihre antiimperialistische phraseologie gegenstandslos macht, nicht bedauern.
zur frage der legalen partei haben die gefangenen mal gesagt: das problem der dkp wie der maoistischen parteikarikaturen hier ist, dass das instrumentelle und ideologische medium der institutionellen strategie die totale verrechtlichung ist, also auch das parteiengesetz. vorausgesetzt die parteien wollten das - mit ihm ist nicht taktisch umzugehen, weil sein strategischer zweck - die juridische disziplinierung politischer organisation, der klassenfunktion kommunistischer organisation - die negation des kapitals und seines staates zu sein und zu artikulieren - antagonistisch ist. das institutionsgebot ist ein operator der verrechtlichung des klassenkampfes. fraktionen, die sich darauf einlassen, werden ein moment der verstaatlichung aller gesellschaftlichen beziehungen in den bereichen, die die parlamentarischen parteien nicht erfassen. sie werden ja auch ganz konkret als ideologische staatsapparate begriffen: was sie von dem widerstandspotential, das sich aus der studentenbewegung entwickelt hat, nicht kontrollieren, wird kriminalisierbar und kriminalisiert - und man muss bei einer seit 9 jahren stagnierenden wählerzahl, nur wähler der dkp, von 0,4 % sagen: als integrierter bestandteil einer strategie, an der nichts den staat des kapitals in frage stellt. sie ist nicht revolutionär, sondern ein institutionelles surrogat und in der bundesrepublik eine besonders triste politik der degradation proletarischer organisation - also des moments von klassenbewusstsein, das sie in der illegalität noch war - zur manövriermasse von staatspolitik bzw. zu einer frage der beziehungen zwischen den blöcken.
wenn mies, der vorsitzende der dkp, genau in einem moment, in dem die bundesrepublik nach innen und aussen offen als protagonist des neuen faschismus auftritt, vor allem die erstaunliche message drauf hat, "dass wir kommunisten auch menschen sind" (9) , spricht er von diesem elend: einer proletarischen partei, die nach der erfahrung von 1933, statt gegen die internationalisierung der faschistischen doktrin "innere sicherheit" im internationalen kontext des widerstands mit allen mitteln zu kämpfen, die koexistenzpolitik besingen muss. was eben heisst, die imperialistische legalität, und damit ein kräfteverhältnis, in dem die brd mit ökonomischer erpressung, politischem druck und ihrem vorsprung in den neuen technologien der erfassung und kontrolle die amerikanische strategie in westeuropa durch die technische integration der repressiven staatsapparate, ihre rechtspolitik, ihre militärpolitik in der nato u.s.w. durchsetzt.
den auch im sinn des "demokratischen kampfes" kommunistischer parteien einfachen gedanken, dass die chance eines friedlichen übergangs in westeuropa - wenn es sie gibt - die frage einer widerstandsbewegung im zentrum der reaktion in westeuropa ist, einer politik, die die nixon-doktrin, die der trilateralismus über die sozialistische internationale in europa konsolidieren und offensiv instrumentieren will, stört oder paralysiert, fasst sie damit programmatisch nicht - ein ausdruck der tatsache, dass ihr defensives arrangement in die "parteienlandschaft" und die konsequenz, ihr bornierter legalismus - eine kommunistische partei vollständig korrumpieren muss. als sie nach 40 jahren antikommunistischer offensive 1968 wieder auftauchte, nur um ein total vom amerikanischen kapital und den normen des ns-staatsapparates - er wurde nicht zerschlagen, nur angepasst - definiertes terrain zu betreten, war sie nicht partei der revolution, sondern der konsolidierung des anderen staates, der ihre politik dem kalkül der akzeptanz unterwarf.
sie durfte also den durch die spd als regierungspartei integrierten teil ihrer geschichte, den alten antifaschismus - die authentische bündnislinie ihrer defensive, mit der sie im nationalsozialismus und im kalten krieg überwintert hatte - hochhalten; das versprechen ihrer illegalen politik und des proletarischen widerstands im dritten reich hat sie dementiert. ihr programm und ihren namen hatte sie praktisch nach massgabe der spd - zu ändern, was übrigens - soviel ich weiss - einer der gründe ist, warum ulrike, die früher in z.t. wichtigen funktionen in der illegalen kpd gearbeitet hat, 1968 mit ihr gebrochen hat. sie war wie die ganze gruppe davon überzeugt, dass die illegale proletarische aktion mehr über die objektive lage der klasse aber auch mehr darüber sagt, wie sich hier klassenbewusstsein entwickeln kann als alle proklamationen - oder meinetwegen auch pressefeste - einer kommunistischen partei, die, um legal zu sein, vor dem sozialdemokratismus kriecht.
die raf sagt, es hat sich gezeigt, dass in der historischen falle, die dieser staat für die klasse ist, der kampf für die proletarische alternative nicht von einer kommunistischen partei ausgehen kann, nicht von einem apparat, der hier zwangsläufig apparat beider staaten ist, nicht von einer form, die in dem immer noch von der offensive der reaktion definierten missverhältnis, das beide staatlichkeiten in sich und zueinander sind, etwa so versteinert ist, wie diese andere monumentale behauptung, es gäbe eine regularität des klassenkrieges für die massen. er kann nur von einer neuen autonomen front der militanten ausgehen, auch, wenn ihre aktion und organisation noch diffus ist - es gibt sie und sie ist es heute, die dafür sorgt, dass der stacheldraht an der mauer durch den stacheldraht in bonn richtig interpretiert wird (und natürlich auch in wyhl - überall, wo gewalt von unten an einem strategischen punkt die "einheitswirklichkeit" der bourgeoisie bricht.)
die dkp ignoriert natürlich die raf und die prozesse - nachdem sie sie bis 1974 als abenteurer diffamiert hat. wenn es berührungspunkte gab, dann über den bürgerlichen alten antifaschismus, den die raf polarisiert hat, der aber als kritischer konsens, als bewegung der bürgerlichen intelligenz in der bundesrepublik gelaufen ist, seit den usa in vietnam die antifaschistische maske abgerissen wurde. seine materielle basis musste sich zersetzen, nachdem er auch als feigenblatt kein element imperialistischer politik mehr sein kann. den antagonismus imperialismus und demokratie hat er nie reflektiert, d.h. die tatsache nicht, dass defensive antifaschistische bündnispolitik eine funktion des angriffs werden muss, oder sie wird als verselbständigte, zum programm erhobene defensive apologie des status quo - bleibt im imperialismus, der krieg ist - dessen antithese also krieg gegen diesen krieg - auf die reaktionäre seite des widerspruchs festgelegt.
es ist zwangsläufig, dass die alten ratlosen eliten zwischen ihrer identifikation mit dem elend der gefangenen und der furcht vor den illegalen, die kämpfen, oszillieren, aber jetzt noch im namen des pazifistischen alten antifaschismus und mit seinen begriffen an das system zu appellieren, ist eher politik gegen die raf, insofern es die tatsachen bestreitet, die ihre aktion begründen: die einheit des imperialismus, der in chile foltert wie hier, die reife der situation; international vergesellschaftete produktion und die im versuch, ihre tendenz zum sozialismus durch vergesellschaftung der repression einzudämmen, veränderte rolle des staates. der faschismus kann - solange er im appell an den staat im namen von werten, die die kapitalistische entwicklung lange zersetzt hat, nur bestritten wird - natürlich nicht bekämpft werden. die klage des bürgerlichen antifaschismus ist ein euphemismus. sie blockiert - und darin identifiziert er sich mit der niederlage 1933 wie die dkp - das medium des kampfes jetzt: subjektivität, was auch heisst - die materialistische analyse unserer kampfbedingungen, zu der eine bewegung nicht kommen kann, wenn sie nicht kämpft, die revolution nicht will - von der reaktion getrieben wird, statt das system, indem sie angreift, in einen offenen zersetzungsprozess zu treiben - und sei es hier auch nur die zersetzung seiner ideologie und der selbstdarstellung des imperialen "modells" für europa. jedenfalls wird das entsetzen der bürgerlichen antifaschisten über die prozesse folgenlos bleiben.
antifaschismus als politische kraft kann sich nur um die guerilla - und das nur im internationalen rahmen - entwickeln: aus seinen historischen wurzeln - im II. weltkrieg und gegen das III. reich nur im ausland. aus seiner schwäche und mit dem antikommunismus der us-besatzer verschmolzen - ist er hier keine kraft. er ist es im ausland, weil er als kleinbürgerliche ideologie dort gegen das monopolkapital, den westdeutschen imperialismus mit wiedererkennbaren zügen eine basis hat. er hat sie, weil die internationalen monopole in westeuropa das nationale kapital durchdringen und den nationalen gesellschaften die parasitäre struktur des us-imperialistischen herrschaftssystems in seinem reifsten ausdruck, dem internationalen konzern, durch die aussen-, wirtschafts- und militärpolitik der bundesrepublik aufzwingen. wahrscheinlich ist, dass der reflex dieser bewegung in die bundesrepublik grössere bedeutung für den legalen widerstand hat, als die zänkischen und verwirrten versuche der neuen linken, sich zu sammeln. das problem des widerstands ist das problem der allgemeinen entpolitisierung der linken - ihrer liquidierung des internationalismus. es ist ja real eine frage der entscheidung für die proletarische situation, die frage des bruchs mit diesem system, der seite auf der man steht, ob der schmerz, der zorn über die verelendung und entfremdung hier uns auf die seite der slums, der ghettos, reservate, lager, trakts, auf die seite der besitzlosen bringt, auf die seite, die die frage nach einem anderen leben als machtfrage stellen muss, oder ob es der blick aus einem milieu ist, das zwar ein ghetto, aber so wie die zerfallene neue linke darin ihre resignation kultiviert, auch ein freiraum, eine idylle ist - privilegiert, aus deren konflikten, ihrem mittelstandscharakter nach, zu keinem politischen begriff von imperialismus, imperialistischem staat und proletarischer politik zu kommen ist. tatsächlich hat nicht mal die kampagne gegen die berufsverbote den staat thematisiert, was für ein staat und wessen staat die linke aus dem öffentlichen dienst raussäubert. die neue linke hat den marsch durch die institutionen 1968 - mit der behauptung einer strategischen perspektive angetreten. obwohl die ambivalenz, ob "revolutionäre berufsperspektive" nicht nur ein anderes wort für "beamtenbesoldung" ist, damals schon drin war. tatsächlich verdeckt das gezeter über die berufsverbote ihren zweck: dass die regierung den "beamtenkörper" der definitions- und selektionsgewalt des staatsschutz unterwirft, um - wie in der staatsschutzjustiz - die institution überall unmittelbar an die stelle des rechts, der alten regeln zu setzen, als wäre es nicht 1933 genauso gelaufen. die potenz, die wucht, mit der das vor sich geht ohne auf widerstand zu stossen, gehört zu den spezifischen bedingungen des postfaschistischen staats bundesrepublik. dazu gehört die struktur der staatsapparate aus ihrer ungebrochenen kontinuität auch nach dem 3. reich, dazu gehört ihre politische hygiene durch die ausrottung der opposition zwischen 1933 und 1945, nach 1945 die knebelung, paralysierung, vereinnahmung der gruppen, die aus der illegalität kamen durch die, die in der emigration korrumpiert worden sind, schliesslich deren steuerung durch die besatzungsmacht, den cia u.s.w. im kalten krieg.
die qualitativen sprünge im faschisierungsprozess werden nicht begriffen. vor kurzem hat sich sogar amnesty international, eine organisation, die aktiv antikommunistisch, jedenfalls antisowjetisch ist und insofern in der brd primär affirmativ wirkt, darüber beklagt, dass die leute sich nicht mal mehr trauen, antifolterresolutionen, die sich mit folter in lateinamerika und südostasien befassen, zu unterschreiben - aus angst, vom verfassungsschutz registriert zu werden. und sie werden registriert. die angst ist begründet. was das für eine dimension hat, ist am verabschiedungsprozess des neuen verfassungsschutzgesetzes in niedersachsen jetzt zufällig bekannt geworden. fast alle anderen bundesländer haben bereits so ein gesetz - entsprechend den richtlinien, die dafür zentral von der innenministerkonferenz ausgegeben worden sind. das gesetz bestimmt für alle angestellten und beamten des öffentlichen dienstes und der funk- und fernsehanstalten eine berichterstattungspflicht gegenüber dem verfassungsschutz. gleichzeitig kämmt das bundeskriminalamt jetzt, wo es über die grösste datenbank der welt verfügt, die gesamte linke durch. das heisst, es findet eine nahezu lückenlose kontrolle und erfassung der politischen szene in der brd statt, die viel weiter reicht als eine physische internierung wie in chile.
das politische klima ist ähnlich wie nach einem faschistischen putsch. entsprechend herrscht panik. dass die guerilla und die gefangenen aus der raf dieses problem angst nicht haben, wirkt da deutlich als aus einem politischen zusammenhang kommend, der seine politische geschichte, aber nicht sein politisches zentrum in der bundesrepublik hat. ihre identität ist internationalistisch. wenn in der bundesrepublik der prozess der faschisierung überhaupt begriffen wird, dann am kampf der guerilla. er setzt der demoralisierung der linken eine grenze und wo es das gibt - ein selbstkritisches verhältnis zur eigenen korruption - dann durch ihren widerstand.
aber zwischen der tatsache, dass die gefangenen unter der enormen repression im gefängnis nicht zusammengebrochen sind und der allgemeinen entpolitisierung der legalen linken gibt es nicht viele vermittlungen.

8. welche politische bedeutung kommt dem raf-prozess in der gegenwärtigen politischen und ökonomischen situation in der brd zu?

die gefangenen sagen, die prozesse werden hier wenig wirkung haben. in ihnen beherrscht der staatsschutz total das bild und sie sind bis ins detail durchprogrammiert. man muss kämpfen weil man immer kämpfen muss. aber die überdeterminierte reaktion, in der die maschine ihre ideologischen vermittlungen so demontiert, dass die massen es begreifen, läuft auf dieser ebene nicht mehr, eben weil die rezeption total durchstrukturiert ist. für uns reagiert der apparat nur durch die aktion. aber die massnahmeprozedur samt der umständlichen verpackung der militärischen mittel und ziele in das ritual normaler strafverfahren bildet natürlich den bruch in der strategie des us-kapitals seit seiner niederlage in vietnam ab. die schärfe, die das ganze hat, signalisiert die defensive, die friktion der kapitalistischen strategie seit vietnam. brandt erkannte 1972/73 staatsverdrossenheit daran, dass bis zu 20 % der erwachsenen bereit waren, ins gefängnis zu gehen - "strafrechtliche verfolgung in kauf zu nehmen" - um einen illegalen aus der raf eine nacht vor der polizei zu schützen - davon im verhältnis dreimal soviel arbeiter und bauern wie mittelstand und intelligenz zusammen. (10)
diese erfahrung und das legitimationsdefizit, das sie bedeutet, mit allen mitteln der repression und manipulation zurückzurollen, ist eine wesentliche funktion der prozesse. sie sollen die bevölkerung an den ausnahmezustand als normalzustand gewöhnen, daran, dass, wer widerstand leistet, vernichtet wird. das ist die lektion, die der staatsschutz mit diesen prozessen erteilen will. innenpolitisch klappt das auch. nach aussen nicht. nach aussen ist der repressive prozess in der brd wesentlich am ausnahmecharakter der verfahren sichtbar geworden, und so wird die innenpolitik der regierung ihrer aussenpolitik dysfunktional. was die sozialdemokratie gerade verschleiern sollte: dass der westdeutsche imperialismus jetzt als funktion des internationalen us-kapitals seinem wesen nach dieselbe sache ist wie der ns-faschismus - diesmal ohne die vermittlung einer chauvinistischen massenmobilisierung, sondern als blosse institutionelle strategie der internationalen monopole - ist in der staatlichen reaktion auf die politik der raf nur sichtbar geworden, vermittelt. zu begreifen ist es als modell einer weltinnenpolitik, die nicht als nationale politik entwickelt, sondern aus der geostrategischen rolle, die die einzelnen regionen militärisch und ökonomisch für das ganze system haben, geplant wird. in den subzentren wird die "innere sicherheit" mit dem ganzen instrumentarium der verwissenschaftlichten repression maximiert - von den konsumritualen bis zur militarisierung der gesellschaft, der struktur der armee, der zentralen verfügung über die daten und massenkommunikationssysteme, psychologische kriegführung u.s.w. so ist die unterdrückung hier von der strategischen rolle der bundesrepublik für das amerikanische kapital definiert, wie ihre strategischen operationen im europa der eg, in den mittelmeerstaaten europas und nordafrikas - zur sicherung der militärischen kontrolle und garantie über das öl des nahen ostens durch die kontrolle und die garantie der konterrevolution in diesen staaten - auch funktion der defensive des us-kapitals in der 3. welt sind.
in diesem prozess hat der justizförmige bewältigungsversuch antiimperialistischer politik in der brd tatsächlich nur international politische relevanz, weil so an ihm revolutionäre lernprozesse laufen können wie auf der anderen seite konterrevolutionäre konzeptionen in ihnen weiterentwickelt werden. man sieht es jetzt an den "antiterrorismus"-initiativen der regierung in der eg und in der uno. "nichtstaatliche gewaltanwendung" zu ächten bedeutet, dass das moment revolutionärer umwälzung, das als widerstandsrecht in bürgerlichen verfassungen vermittelt und tradiert ist, eliminiert wird, d.h. praktisch, politische opposition, die klassischen und neuen politischen delikte kriminalisiert werden, das politische asyl beseitigt und das widerstandsrecht und damit die essenz der menschenrechte - dass rebellion legitim ist, um sie durchzusetzen - wie sie es innerstaatlich ist auch international aufgehoben werden soll. es ist faschistische rechtspolitik auf der ebene des völkerrechts, die unmittelbar gegen die raf, den 2. juni, die revolutionären zellen entstanden ist.
der raf war 1970 klar, dass es so laufen wird, dass die spd transmission des neuen faschismus ist. sie hat die entwicklung analysiert und antizipiert lange bevor sie an portugal offensichtlich geworden ist, die weltöffentlichkeit erreicht hat. das ist überhaupt einer der gründe, warum sich das nato-sicherheitsbüro - die instanz, die die supervision der nato-geheimdienste hat, der bis 1974 die spd-figur nollau vorsass, der damit gleichzeitig koordinator aller westlichen geheimdienste im nato-bereich war - schon 1971 über alle entwicklungen zur raf direkt und sofort informieren liess, wie jetzt rauskam. brandt sagt in einem brief an olof palme "sozialdemokratische politik ist die vorwegnahme der katastrophe, um sie zu verhindern".
die raf sagt, "ein strategisches projekt, das der us-imperialismus - und das ist das "einzigartige" ihrer beziehung - über die deutsche sozialdemokratie als regierungspolitik und in der sozialistischen internationale durchsetzt, ist die reibungslose, präventive, faschisierung der bürgerlichen staatsapparate in westeuropa. "

9. eins der häufigsten argumente gegen die raf grade der etablierten sozialdemokraten und der linken intelligenz ist, die raf sei für die entwicklung zum polizeistaat, für die faschisierung verantwortlich.

das ist unsinn. es sagt was über die korrumpierung der bürgerlichen intellektuellen eliten durch die sozialdemokratie, abgesehen davon, dass es inzwischen eine platte linie der counterinsurgency ist, mit der der chef des bundeskriminalamtes posiert. für den faschismus sind nicht die verantwortlich, die ihn bekämpfen. hier wurde schon während der mobilisierung gegen die notstandsgesetze klar, dass die präventive konterrevolution, die konzeption "innere sicherheit" allgemein gesprochen der politische ausdruck der krise des kapitals ist wie sie im prozess der entkolonialisierung - dem befreiungskrieg der peripherie - strukturiert wurde und sie hat in dieser unmittelbarkeit in allen von den usa nach 1945 politisch verfassten märkten - den antikommunistischen counterstaatsgründungen südvietnam, südkorea, bundesrepublik - aus dem identischen verhältnis politik-ökonomie diese dynamik zum faschismus entwickelt.
der unterschied zwischen der bundesrepublik, südkorea und südvietnam ist nur, daß die usa in südkorea und südvietnam einer starken widerstandsbewegung gegenüberstanden, wogegen in deutschland der antifaschistische widerstand schwach war und kaum bewaffnet gekämpft hatte, und daß ein hochindustrialisiertes land über wirkungsvollere massenmanipulationsstrategien zur unterwerfung der politischen opposition verfügt, erst recht, wenn 12 jahre faschismus den antikommunismus bereits zur herrschenden ideologie gemacht haben - als länder, in denen aufgrund imperialistischer ausbeutung, d.h. entwicklung von unterentwicklung und ungleichzeitigkeit agrarstrukturen vorherrschen.
im besonderen aber kann man zum beispiel an der notstandsgesetzgebung zur "inneren sicherheit" bzw. der dramaturgie, nach der sie aus den schubladen kam und verabschiedet wurde, sehen, dass sie - geht man von der dialektik der beiden achsen imperialistischer politik aus - der ökonomischen und militärstrategischen sicherung der profitproduktion - das innerstaatliche korrelat zur strategischen funktion der bundesrepublik für die us-nukleardoktrin ist.
sie wurde zwingend mit dem übergang von der strategie der massive retaliation zur flexible response und sie ist einfach die innenpolitik eines staates ohne souveränität, der einer militärdoktrin unterworfen ist - und sie propagiert wie man jeden tag lesen kann - die im fall eines angriffs- und eines verteidigungskrieges die nukleare vernichtung seines staatsvolks und die verwüstung seines territoriums innerhalb der ersten vier tage (wintex 1971 bis 75) im interesse der usa bedeutet.
und es geht ja nicht nur um die offene repression, auch die manipulations- und die integrationsstrategien - alle aspekte der "idee des inneren friedens" wie kissinger die dreckige sache, die die spd jetzt international durchsetzt, zuletzt im mai 1976 nannte - transportieren das verbrechen der amerikanischen politik wie sie davon definiert sind.
die innenpolitik aller parlamentarischen parteien in der brd war direkt funktion amerikanischer aussenpolitik seit die bundesrepublik von den usa als "die verwirklichung des völlig neuen gedankens der totalen durchdringung eines marktes" (11) so geplant und entwickelt wurde, dass seit 1945 alle offenen und verdeckten konterrevolutionären kriege des amerikanischen imperialismus ausserhalb amerikas auch und wesentlich von ihrem territorium aus geführt wurden. man kann sagen, der kosmopolitische entwurf, nach dem die sozialdemokratie operiert, drückt das viel deutlicher aus als der chauvinismus, in dem die cdu/csu bornierte interessen der nationalen bourgeoisie artikuliert. das modell deutschland der spd, ein krisenmanagement, das auf korporativismus und einen technischen polizeistaat rausläuft - man kann das auch reformfaschismus nennen - hat nicht nur pilotfunktion für die europäische peripherie, es ist auch das modell der integrationistischen variante des neokolonialismus.
der sozialdemokratismus ist die politische und ideologische funktion, in der sich das internationale monopol gegen die nationalen kapitale in ihrer genuinen organisation des klassengegensatzes, die der nationalstaat ist, durchsetzt. die rationalität ihres modells ist das durch die verstaatlichung der gesellschaftlichen arbeitskraft vollkommen in das kapital integrierte proletariat. sie entspricht einer institutionellen strategie, die innere und äussere sicherheit letztlich unter dem kommando des pentagon über die militärischen und ökonomischen metastrukturen - die nato und die eg - innerstaatlich und zwischenstaatlich integriert, um alle bereiche des gesellschaftlichen reproduktionsprozesses vertikal und horizontal militärisch zu erfassen, zu kontrollieren und zu durchdringen, ohne selbst einen politischen ausdruck zu haben. natürlich lässt sie nicht die parlamentarische hülle fallen, verbietet parteien oder zerschlägt gewerkschaften. sie funktioniert durch sie und hält die demokratische opposition, wie in der bundesrepublik, mit den im kalten krieg entwickelten, inzwischen verwissenschaftlichten repressionstechnologien des antikommunismus "klein" - wie brandt sagt - in einer agonie, die sie total kontrollieren und bestimmen kann.
die spd kam an die macht, als im kollaps des kolonialsystems die vertikale einheit nicht nur in der einzelnen nation oder innerhalb des amerikanischen paktsystems zerfiel, sondern auch in der dimension des weltmarkts. es wurde klar, dass der krieg an der peripherie nicht mehr entwicklung und macht, sondern eine dialektik von rezession und repression bedeutet - eine strukturelle krise, die das kapital zwingt, den profit-mechanismus in einer neuen totalität repressiver vermittlung zu planen, um den druck des befreiungskrieges der 3. welt in den zentren aufzufangen.
die spd wurde politischer operator der reaktionären konsolidierung des weltweit veränderten produktionsverhältnis an allen demarkationslinien des klassenkampfs. nach der dramaturgie der grossen koalition hatte sie ab 1967 die sozialen folgen der krise, in der das strukturelle moment der dekolonisation mit dem zyklischen moment am ende der rekonstruktionsperiode zusammenfiel, institutionell zu befrieden. sie setzte die notstandsgesetze gegen die opposition der gewerkschaften durch, sie instituierte ein altes faschistisches modell der klassen-kollaboration - semantisch neu verpackt: die konzertierte aktion - und verrechtlichte schliesslich im stabilitätsgesetz einen mechanismus der staatlichen krisensteuerung, der die kosten der krise erst über die inflation, später über kontrollierte arbeitslosigkeit voll auf die arbeiter abwälzt und gleichzeitig den konzentrations- und zentralisationsprozess zugunsten der internationalen konzerne anheizt. sie hatte damit die krise im staat benutzt, um das modell innerer sicherheit durchzusetzen, das voraussetzung war, um in der koalition mit der fdp - die von der hypothek des deutschen konservativismus frei war - ab 1969 die bundesrepublik nach der nixon-doktrin zum subzentrum der amerikanischen strategie gegen den süden, den osten - die sonnenfeldtdoktrin sagt das nackt - gegen die arbeiter in westeuropa, schliesslich gegen die konkurrierenden nationalen kapitale auszubauen. die politik brandts drückte nie was anderes aus als die weltmarktstrategie der aggressivsten fraktion des amerikanischen finanzkapitals.
was in europa heisst: die spd strukturiert die europäischen nationalstaaten in ihrer innen- und aussenpolitik so, daß die verwertungsbedingungen des amerikanischen kapitals entsprechend den neuen formen der akkumulation im weltmassstab gesichert sind. und sie kann das über die sozialistische internationale und die grossen sozialdemokratischen parteien als regierungspartei der stärksten und zugleich us-abhängigsten europäischen wirtschaftsmacht durch ökonomische und politische erpressung, durch die korrumpierung der führungsgruppen in den gewerkschaften und den reformistischen arbeiterparteien, schliesslich ihre techniken der im kalten krieg entwickelten antikommunistischen demagogie. das heißt, über ihre wirtschafts- und geldpolitik wurde sie politischer operator des internationalen konzentrationsprozesses, in dem sich die us-konzerne die nationalen kapitalismen subsummieren und durch das projekt "innere sicherheit", dh. die instrumentierung der staatsapparate mit den repressionstechnologien des antikommunismus und der counterinsurgency, die politische bedingung der kredite ist, kanalisiert sie die klassenkämpfe in westeuropa für die amerikanische strategie. die raf ist aus und gegen diesen prozess entstanden. es ist lächerlich, sie dafür verantwortlich zu machen, dass er an ihr auf den begriff kommt und das geschrei kommt ja auch nur daher, dass in der apokalyptik der antiterrorkampagne der spd jetzt nur evident geworden ist, dass proletarische politik in der bundesrepublik nur illegal, antiimperialistisch und internationalistisch sein kann, wie die raf sagt.
man muß sich mal klarmachen, daß der trilateralismus versucht, den block der reichen gegen die übrige welt zu festigen und dass die zwei säulen, auf denen er steht, die imperialistischen staaten sind, deren kapital, nachdem es im 2. weltkrieg militärisch nicht expandieren konnte, von den usa strukturiert und durchdrungen wurde. daß sie jetzt mit einem extremen handesbilanzüberschuss die protagonisten des neokolonialismus und - auch japan - der hochrüstung sind, während das dach, die usa, also 6 % der weltbevölkerung, die 60 % der rohstoffressourcen der ganzen welt, die sie sich unter den nagel reissen, zuletzt durch den genocid in vietnam sichern wollten. das projekt der trilaterale ist, dieses verhältnis durch eine zurücknahme der linien in die zentren, durch den ausbau des technologievorsprungs, eine neue internationale arbeitsteilung, staatskapitalismus und rüstung in den subformationen zu stabilisieren.
die raf sagt: worum es geht, ist, die demarkationslinie zwischen arbeit und kapital in den metropolen und die sich verschärfenden widersprüche der imperialistischen konkurrenz zwischen den staaten, die objektiv durch die rückwirkungen des befreiungskrieges bestimmt sind, durch eine strategie, die den klassenkampf hier als teil des befreiungskrieges in der 3. welt definiert, in eine offene front zu verwandeln.
das ist nur möglich, wenn gruppen im system taktisch die form antizipieren - nach den spezifischen bedingungen, die nach den fehlern 1972 ziemlich komplex analysiert worden sind - in der der subjektive faktor heute überall gegen den imperialismus kämpft: als guerilla.
und - muß man ergänzen - was wüsste man in europa über die reaktionäre rolle der sozialdemokratie und die repression in der brd, wenn es seit 1970 nicht gruppen gäbe, die begriffen haben, dass die einzige möglichkeit proletarischer opposition und aufklärung in der bundesrepublik bewaffneter widerstand ist.

10. besteht nicht die gefahr einer kollektiv-verurteilung der angeklagten, da die anklagebehörden doch offensichtlich schwierigkeiten haben, einen einzelschuldnachweis aufgrund von indizien zu führen?
und wie ist ihr begriff "richtlinienfunktion" für den prozess in stammheim zu verstehen?

sie waren schon vor dem prozess verurteilt durch die hetzkampagnen der psychologischen aktion, durch die haftbedingungen, isolation, sensorische deprivation, wasserentzug, den versuch eines stereotaktischen eingriffs, äthernarkose beim verhör usw. und z.b. durch bundestagsabgeordnete: "wir alle hier in diesem haus müssen das gemeinsame interesse, die gemeinsame aufgabe haben, diese gruppen völlig zu entsolidarisieren, sie von all dem zu isolieren, was es sonst an radikalen meinungen in diesem land auch geben mag. das ist eine der wichtigsten aufgaben." (ehmke, als bundeskanzleramtsminister, chef der geheimdienste, am 7.6.72 im bundestag)
"es kommt darauf an, in unserem land die giftbazillen zu tilgen, die aufsteigen. es kommt darauf an, eine atmosphäre zu schaffen, in der das allgemeine bewusstsein...keine ideelle unterstützung mehr gewährleistet."; "die ausrottung solcher elemente mit stumpf und stiel"; "das ist unkraut das wollen wir herausziehen" (zitate aus bundestagsdebatten)
und: "jagt die baader-bande mit allen mitteln" (merck, bayrischer innenminister)
"diese kriminellen müssen im interesse unsres landes rasch unschädlich gemacht werden" (filbinger, ministerpräsident von baden-württemberg)
"die axt an die wurzel des übels legen" (nollau, verfassungsschutzpräsident bis 1974)
"wir müssen die nervenknoten des gegners herausisolieren und sie dann gezielt mit massnahmen angehen, die sie paralysieren, neutralisieren" (herold, präsident des bundeskriminalamtes)
"manchem waren schon 5 angeklagte in stammheim zu viel" (buback, generalbundesanwalt)
schmidt sagte in der bundestagsdebatte april 1975 "härtestes durchgreifen eines staates, der...sich nicht scheuen kann selbst zu töten" und "diese gruppen zu tilgen"
vier gefangene sind in einem jahr umgebracht worden: holger meins, siegfried hausner, katharina hammerschmidt, ulrike meinhof. in etwa 15 gefängnissen sind inzwischen isolationstrakts gebaut worden. es sind ja nicht 4, jetzt 3, es sind ungefähr 120 gefangene, die in diesem zusammenhang denselben haftbedingungen unterworfen sind.
aus diesen 120 hat man 4 herausdestilliert, um die konstruktion "rädelsführerschaft" zu stützen.
in den letzten wochen vor ulrikes ermordung ist das verfahren vollständig gegen nur noch zwei gefangene gedreht worden - andreas und ulrike - entsprechend der linie der counterinsurgency: zu personalisieren und zu eliminieren.
es ist jedesmal, wenn die auseinandersetzung um die gefangenen sich zugespitzt hat und öffentlichkeit bekam, ein gefangener kader aus der raf hingerichtet worden:
- holger meins, um den hungerstreik zu brechen,
- siegfried hausner nach der aktion zur befreiung der gefangenen in stockholm, um die sprengung der botschaft durch eine spezialeinheit des hamburger mobilen einsatzkommandos (mek) zu verdecken. siegfried hat das kommando geleitet und die sprengladungen installiert. er konnte die sprengung durch den westdeutschen staatsschutz nachweisen. der staatsschutz wusste das, als er ihn aus dem stockholmer krankenhaus abtransportiert hat. um ihn zu liquidieren, wurde er nicht in ein krankenhaus, sondern in die von jeder öffentlichkeit - z.b. einem besuch seines anwalts, den er verlangt hatte - hermetisch abgeriegelte krankenstation von stammheim gebracht, wo er ohne qualifizierte medizinische versorgung starb.
- ulrike meinhof - vor der entscheidenden initative in den prozessen, durch die die ganze konzeption des schauprozesses in gefahr war, gegen die regierung "umgedreht und angewendet" zu werden, und unmittelbar vor einer befreiungsaktion.
alle verfahren gegen die gefangenen aus der raf sind eine konzentrierte massnahme. wie die prozesse im einzelnen von der bundesanwaltschaft bestimmt werden, richtet sich nach den informationen, die sie hat. da taucht dann plötzlich in einem regionalen verfahren - in dem die bundesanwaltschaft nichts zu suchen hat - ein freigestellter bundesanwalt auf, der dort die politik der anklage nach den richtlinien der bundesanwaltschaft strukturiert, zum beispiel der frühere bundesanwalt kirsch, der den prozess in kaiserslautern zum vehikel der hetze ebenfalls gegen andreas gemacht hat.
stammheim hat richtlinienfunktion insofern hier die justizielle rezeption vorgestanzt wird. die stammheimer massnahmen konditionieren das rechtliche vakuum in dem dann alle, auch die mit weniger propagandistischem aufwand, weniger aktenmanipulation, weniger zeugenpräparierung usw. vorbereiteten verfahren reibungslos ablaufen sollen. die stammheimer massnahmen haben normative funktion nach unten und oben. das gericht kann davon ausgehen und geht davon aus, dass die ihm übergeordneten instanzen alle seine massnahmen sanktionieren. und ausserdern: es kam im prozess raus, dass der richter die entscheidung zum ausschluss der gefangenen und verteidiger, also "schwierige gerichtsentscheidungen" - und das ist zeitweise praktisch jede gewesen - mit den richtern der revisionsinstanz - den bgh- und verfassungsrichtern - direkt absprach. es gibt keine appellationsinstanz. hinter diesem gericht steht der ganze staat - eine monströse counterinsurgency-maschine. die gefangenen bestreiten ihre verantwortung für die aktionen der raf gegen den us-militärapparat in der bundesrepublik, ihre politik mit militärischen mitteln gegen den genocid der usa in vietnam nicht. kein gefangener aus der raf.
der versuch der verteidigung ist jetzt, zu zeigen, dass die bundesrepublik aktiv und passiv total in die us-militärstrategie integriert war und ist: als nachschubbasis, ausbildungszentrum, truppenumschlagplatz, zentrum der von den usa in vietnam eingesetzten elektronik und logistik, zwischenstation und hinterland im krieg der usa gegen vietnam. woraus zwingend folgt, dass jeder in der bundesrepublik in der zeit seit dem scheitern und zerfall der vietnam-opposition völkerrechtlich begründet das recht zum bewaffneten widerstand hatte und hat. (12)
dabei ist es nicht wichtig, ob brandt 1970 vom cia finanziert war und deswegen gegenüber dem genocid in vietnam an einem "denkverbot" litt, wie er jetzt sagt; ob er durch frühere zahlungen erpressbar war oder ob es nur der historische witz eines deutschen sozialdemokraten sein soll, seine art ehre dadurch retten zu wollen, dass er durchblicken lässt, er hätte sich dem cia aus idealismus angeschlossen.
tatsache ist, dass er 1970 als staatschef des landes, von dem aus der krieg in vietnam wesentlich geführt wurde, gesagt hat: "wir haben keine aussenpolitik mit unterschiedlichen zielen" ( berl. morgenpost 5.4.70) und dass er eine strategie des völkermords schon ab 1968 vor der sozialistischen internationale propagiert hat.
die gefangenen bestreiten natürlich auch nicht, dass sie in der raf organisiert waren und organisiert sind, in ihr gekämpft haben und kämpfen - wenn man das jetzt so sagen kann - und konzeptionell und strukturell an ihrer analyse und strategie gearbeitet haben. was der staat in der veranstaltung in stammheim mit falschen zeugen, aktenmanipulation, einem völlig abstrusen anklagekonzept - weil es "gesamtverantwortung" strafprozessual hier nicht gibt - will, ist eine offensichtliche überführungsfarce, in der die dimension, die die konfrontation hatte und hat, durch den nachweis konkreter tatbeteiligung bewältigt werden soll. das vorhaben, in einem unterwasserballett tausender bundeskriminalamt- sachverständiger die politischen inhalte der auseinandersetzung zu paralysieren, ist aber auch deswegen absurd, weil nach den akten und tatsachen, die bekannt sind, auf der kriminalistischen ebene aus der anklagekonstruktion keine verurteilung möglich ist. als das offensichtlich wurde, tauchten diese sprechpuppen des staatsschutzes auf, zwei umgedrehte gefangene aus der raf, 2 von 60, die dazu randfiguren waren. einer davon, müller, der einen polizisten erschossen hat, wurde von dieser anklage freigesprochen, was so gefingert wurde, dass die vernehmungsakten, in denen er den schusswechsel gesteht, vom bundesjustizministerium - also der regierung - unterdrückt und zu geheimmaterial erklärt wurden, da das "bekanntwerden des inhalts dem wohle des bundes nachteile bereiten würde". (inzwischen haben zeugen ausgesagt, dass ihm "ein anderer name, der aufbau einer neuen existenz in den usa" versprochen worden war: die klassische amtshilfe der cia bei zum bnd übergelaufenen ddr-agenten.)
der staat insistiert, weil es eine politische auseinandersetzung ist, die er militärisch begreift: moralische, psychische, physische vernichtung "des gegners", wie prinzing mal rausfuhr - auf kriminalistik. korrekt im sinne der bundesanwaltschaft wäre ein grosser hochverratsprozess gegen alle gefangenen aus der raf. der inhalt von hochverrat - "beeinträchtigung des bestandes der bundesrepublik und ihrer verfassungsmässigen ordnung mit gewalt oder durch die drohung mit gewalt" - ist sowieso der inhalt aller politischen definitionen in gerichtsbeschlüssen, in der anklage u.s.w. über die gruppe - stereotyp. aber das wäre das eingeständnis, dass es in der bundesrepublik politische fundamentalopposition gibt, revolutionäre politik selbst in diesem staat möglich ist. das passt nicht in das konzept der sozialdemokratie. ihr konzept ist, mit allen mitteln der manipulation, der psychologischen kriegführung, der repression, der kontrolle und erfassung, der polizeilichen durchdringung der gesellschaft, der verdeckten polizeiaktion "ruhig und entschlossen" den ausnahmezustand als "normalzustand" zu behaupten. der normalzustand in der bundesrepublik soll sein, dass es keine opposition gegen die präsenz der us-militärmaschine, des us-kapitals, den staat, die sozialdemokratie gibt. das ist - seit die raf die konsequenz aus den politisierungsprozessen der vietnamopposition, den proletarisierungs- und deklassierungsprozessen, die in den 60iger jahren gelaufen sind, gezogen und den bruch mit der legalität des imperialistischen staates offensiv vollzogen hat - eine fiktion, und es wird eine fiktion bleiben, solange es gruppen gibt, die auf schmidts credo "wir sind alle amerikaner geworden" (13) wie die raf antworten: "eben nicht".
stammheim, wo ein wust gefälschter und konstruierter kriminalistischer details die politischen inhalte der konfrontation zerfressen soll, macht sichtbar, was in der bundesrepublik sache ist: faschismus. die dreckige alte, bekannte politische maschine, umfassender und perfektioniert, weil sie nicht mehr dem nationalen, sondern dem internationalen monopol entspricht.
marx sagt, "der kannibalismus der konterrevolution selbst wird die völker überzeugen, dass es nur ein mittel gibt, die mörderischen todeswehen der alten gesellschaft abzukürzen, zu vereinfachen, zu konzentrieren, nur ein mittel - den revolutionären terrorismus." (14)
die raf, "...an dieser perspektive kehrt sich die ganze diskussion um. die durch den politisch-militärischen angriff vermittelte repressive organisation des gesamten kapitalistischen mechanismus schiebt sich ins zentrum des systems und darin ist die entscheidung über seine endgültige krise schon antizipiert. im angriff wird die innere planung des kapitals durch den zwang zur reaktion sichtbar und gleichzeitig zerrissen. sie multipliziert seine wirkung und provoziert dialektisch einen völlig in den begriff des widerstands integrierten begriff der revolution. eine erfahrung und ein verständnis des imperialismus in den metropolen, an dem national und international die notwendigkeit von fundamentalopposition evident, begriffen und praktisch wird, entsteht und entwickelt so auch die linie zur strategie und organisation des neuen antifaschismus: dem internationalismus der guerilla als die der kapitalistischen entwicklung antagonistisch entsprechende form proletarischer politik im klassenkrieg." (15)
wenn es der raf möglich war und ist, einen begriff der rolle der bundesrepublik in westeuropa zu entwickeln, aus dem national und international widerstand entsteht - wie es sich in der strategie der bewaffneten gruppen in europa schon abbildet - dann heisst das, dass sie ihr taktisches ziel erreichen kann und erreicht und dass es in der bundesrepublik die dialektik von antiimperialistischer aktion und reaktion ist, die sie in gang gesetzt hat, in der bewaffneter widerstand kleiner sozialrevolutionärer gruppen zu einer strategischen möglichkeit des proletarischen internationalismus wird.

(1) national commission for the protection of human subjects of biomedical behavioral research. nach: koch, chirurgie der seele, s. 204
(2) dt. ärzteblatt, 19.4.76
(3) spiegel, nr. 22/76
(4) in: koch, chirurgie der seele, s. 160
(5) spiegel, nr. 22/76
(6) in: koch, chirurgie der seele, s. 206
(7) am 11. mai 72 hat die raf das cia-hauptquartier in frankfurt und am 24. mai 72 das europäische hauptquartier der amerikanischen streitkräfte in heidelberg angegriffen.
(8) projekt A-8: "soziale interaktion in einer modellhaften, inkompatiblen gruppensituation unter besonderer berücksichtigung der aggressivität." (projektleiter: prof. j. gross)
von den maoistischen gruppen hat der kbw den prozess wenigstens justizkritisch kommentiert. dass die rechtsbrüche, dass die verrechtlichung der isolationsfolter durch den bundesgerichtshof und das bundesverfassungsgericht signale von krieg und faschismus sind, fasst er nicht.
(9) stern nr. 28/29, jahrgang 1, 7/76, s. 132
(10) kepplinger, die sympathisanten der baader-meinhof gruppe, analyse aus den meinungsumfragen seit 1971, kölner zeitschrift für soziologie und sozialpsychologie, dez. 1974
(11) usa-landesgruppe der internationalen handelskammer, in einem bericht 1948
(12) inzwischen hat das gericht die beweisanträge und die vernehmung der von der verteidigung geladenen zeugen mit der begründung abgelehnt, die gefangenen hätten mit ihrer erklärung "die raf, revolutionäre politik ist nicht justiziabel" sich selbst ausserhalb jeder rechtsordnung gestellt. deshalb könnten sie auch die geltung des völkerrechts nicht für sich in anspruch nehmen. danach sind die gefangenen, wie ein verteidiger erklärte, "vogelfrei".
(13) in der john-hopkins-universität
(14) mew, bd 5, s. 457
(15) erklärung im prozess