Sitzung des Holländisch-skandinavischen Komitees mit der Delegation aus Österreich, 26. Mai 1917

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CHA, Stockholm, N. & C., Mai 1917:3. Mschr., 12 S.1

AUTRICHE ALLEMANDE .

II.

Séance du 26 mai 1917.

   Anwesend: Troelstra, Van Kol, Branting, Söderberg,
Huysmans, Renner, Seitz, Ellenbogen, Hartmann, Hueber, Diamand, Stein, Markic,
Glumac, Burian, Nina Bang, Adler, Engberg.

   Troelstra: Die bosnischen Genossen sind
eingeladen.2 Auch die zentralistische Partei der Tschechen
ist anwesend.3

   Ellenbogen: Von welchen Gesichtspunkten aus sind
diese Fragen im Fragebogen gestellt? Einerseits einige Länder die im
Kriege keine Rolle gespielt haben, (Schleswig), andrerseits Länder die vor
dem Kriege annekti[e]rt sind (Marokko, Egypten), weiter Irland.

   Troelstra: Betreffs Nord-Schleswig hat Borgbjerg
die Möglichkeit einer Grenzregierung [Grenzregulierung]4
gestreift.5

   Renner: Kein einziges Beispiel fuer die
Westmächte ist im Fragebogen angefuehrt, und keine allgemeine Fragen.

   Huysmans: Belgien ist eine allgemeine[n] Frage.
Serbien auch.

   Troelstra: Ich glaube, dass dies, was Sie hier
gesagt haben, richtig ist. Auch Irland muss dabei sein, so auch Flandern.

   Renner: Auch Malta und Gibraltar muessen
behandelt werden. Die Beispiele sind einseitig gewählt.6

   Stein: Auch die Tschechen sind vertreten. Wir
wollen unsere Frage als eine interne Frage betrachten, nicht als eine
internationale.

   Seitz: Es scheint Missverständnis zu walten
darueber was das wichtige ist. Man wird uns nicht unbedingt vorschreiben, ueber
diese oder jene Frage zu sprechen. Der Fragebogen ist doch so gemacht, dass da
nur zusammengetragen ist alles was gegen die Mittelmächte oder Russland
vorgebracht werden kann.7

   Branting: Hier ist ein Missverständnis. Das
Comité hat dies[es] Schriftstück confidentiel[l] gemeint. Die
Länder, die hier aufgezählt sind, sind ohne Voreingenommenheit
auserwählt. Ich möchte, dass die Fragebogen, nachdem sie angewandt
sind, zurueckgegeben werden. Alle Probleme können hier nachträglich
eingetragen werden.

   Seitz: Flandern, Irland, Marokko, Persien, Malta
muessen auch dabei sein.8

   Stein: In den letzten Tagen sind Resolutionen
ueber die Tschechische Frage erschienen. Wir haben uns in unserem
Parteivorstand damit beschäftigt und haben uns gegen die Bildung eines
selbständigen tschechischen Staates ausgesprochen. Diese Forderung ist von
aussen gekommen. Von uns, aus prinzipiellen Gruenden und von den Buergerlichen
aus taktischen Gruenden, sind diese Forderungen nicht vorgetragen. Durch die
Erfuellung der Autonomie ist die Frage besser gelöst. Einen kleinen Staat
zu schaffen hat keinen vernuenftigen Zweck.9

   Seitz: Nach dieser Erklärung des Genossen
Stein können wir diese Frage kurz voruebergehen. Wir haben die Idee des
boehmischen Staatsrechts bekämpft. Boehmen ist ein Land. Die Idee
des boehmischen Staatsrechts wuerde die Spaltung herbeifuehren.

   Branting: Sie sind ueberzeugt also, dass die
sozialistische separatistische boehmische Partei auf demselben Standpunkt
steht?

   Stein: Wir wuerden die Friedensverhandlungen
erschweren, wenn wir die Bildung eines tschechischen Staates anstrebten. Die
separatistische Partei ist derselben Meinung.10

   Adler: Zwei Worte um zu verhueten, dass man die
Sachen uebertreibt. Jetzt natuerlich, und das ist wichtig, wo die Entente
eingeladen hat [ist], so sind wir bereit.11Ein
tschechisches Reich ist eine Blase, die mit dem Krieg entsteht und mit dem
Krieg vergeht. Die Frage ist erledigt.12

   Troelstra: Wenn diese Frage besprochen wird, so
ist es nicht die Schuld des Comités.

   Ellenbogen: Ganz recht, dass wir ueber die Frage
sprechen. Denn falsche Vorstellungen sind auf der Seite der Entente. Masaryk
hat hier mitbewirkt [mitgewirkt].13 Es ist eine Frage von
politischer Bedeutung.

   Troelstra: Es ist gar nicht die Absicht, eine
einseitige Problemstellung zu geben.

   Huysmans: Die Erklärung von Stein und Ihnen
sehr wichtig. Wenn die Frage der Befreiung nicht fuer Sie in Boehmen besteht,
so werden die Franzosen und Engländer es verständlich finden.

   Burian: Oeffentliche Erklärungen sind von
der tschechoslavischen Partei gemacht [worden]. Von Wert sie auch zu
hören.

  Troelstra: Möchten sich die österreichischen
Genossen auch ueber die ukrainische Frage aussprechen?

   Diamand: Es ist noch nicht klar, wie die
Beziehungen sind zwischen den Sozialisten in der Ukraina und in Galizien.

   Ellenbogen: Wir verlangen hier nationale
Autonomie.14

   Troelstra: Die Judenfrage?

   Branting: Ich will nur die Mitteilung bringen,
dass Poale-Sion mir telegrafi[e]rt hat, dass es mit den Judenverfolgungen in
Palästina sehr arg ist, und sie bitten uns zu protesti[e]ren. Nach allen
[allem] was ich erfahren habe, muss der tuerkische Gouverneur ein Scheusal
sein.15

   Adler: Habe auch das Telegram. Es wird
parlamentarisch behandelt werden.

   Renner: Die juedischen Autonomisten wenden sich
ganz besonders an Oesterreich. In den Weststaaten begnuegen sich die Juden mit
Gleichstellung. In den östlichen Staaten ist etwas anderes. Habe den
Eindruck, dass in dem russischen Ansiedlungsgebiete die Möglichkeit einer
juedischen Autonomie vorhanden ist. Fuer die westlichen Juden besteht diese
Frage nicht.

   Diamand: Die Frage nicht verständlich. Es
handelt sich hier um Friedenbedingungen. Die Judenfrage hier kaum angebracht.
Die Juden in Russland bilden ein Ghetto. Was den Sonderheiten der Juden in
Russland gilt, das gilt auch dem Ghetto selbst. Die Frage wird geregelt durch
die allgemeine Lösung des demokratischen Problems.16 Die
Judenfrage herbeizuziehen ist gefährlich.

   Troelstra: Was Polen betrifft, so ist hier ein
neuer Staat, worueber gewisse Bedingungen gestellt werden muessen. Dann tauchen
die Fragen der Littauer und Juden empor. - Flämische Frage? Marokko?
Egypten? Malta? Irland?

   Renner: Wir behaupten, dass das Prinzip der
Autonomie auf alle diese Fragen angewandt werde.17

   Troelstra: Kolonialfragen? Ob die Kolonien die
Deutschland entnommen sind zurueckgegeben werden?

   Oesterreicher: Selbstverständlich.

   Branting: Gewisse Fälle, wo es
selbstverständlich so ist, dass die englische Regierung erklärt hat,
dass auch wenn sie wollen so besteht da ein Drang in Sued-Afrika die Frage in
ihren eignen Händen zu nehmen.

   Renner: Unsere Vorschläge können nur
Recht und Vernunft beachten, nichts weiteres. Auf die speziellen Fragen hier
einzugehen ist blanke Unmöglichkeit.

   Troelstra: Zusammenfassung des Gesagten ist also,
dass prinzipielle Wiederherstellung hier sein muss. Ausnahmen möglich.

   Renner: Unter Voraussetzung einer guten
autonomischen18 Ordnung ist es gleichgueltig, welche die Kolonien
haben. Nun ist es fuer uns ein wesentlicher Punkt dieser Punkt a) unter
II.19 Es ist unerträglich, dass der eine von der Macht der
anderen abhängig ist. Wir wissen alle, dass die Absperrung gewisser
Gebiete, Monopolisierung, Vorherbesetzung wichtiger Punkte und Seestrassen
u.s.w. der jetzige Zustand ist. Daraus die Folgerung, dass, wenn eine
Plenarkonferenz kommt, wir darueber verhandeln muessen. Wir fordern die
Wiederherstellung der offenen Tuer in allen Kolonialgebieten. Diese
ausschliessliche Macht ueber die Baumwolle, das [den] Gummi, u.s.w. ist
unerträglich. So auch mit Petroleum. Festlegung also, dass es offene Tuer
sein muss. Erinnere an den zweiten Marokkovertrag, wo Frankreich nicht den
Vertrag hielt.20 Das Gebiet schrittweise erobert von Frankreich. Der
Marokkovertrag scheint uns ein Muster zu sein unter Voraussetzung der offenen
Tuer. Wir muessen den Weltverkehr schuetzen. Der Kampf um die Strasse ist
domini[e]rend. England kämpft um das Monopol der Beherrschung der grossen
und wesentlichen Seestrassen. Darin sind die Mittelmächte uebereins, dass
der Krieg gefuehrt wird. Der Zustand prekär. Und wenn Deutschland dagegen
kämpft, so fuehrt es den Kampf fuer eine Idee. Hier ein Punkt wo alle
Mächte in Bezug auf die Wasserstrassen interessi[e]rt sind. Urspruenglich
wurde das [der] Suez-kanal unter internationale Kontrolle gestellt. Dasselbe
mit den Dardanellen. Es wurde gebrochen. Wir muessen die Versuche erneuern.
Diese entscheidenden Punkte des Weltverkehrs muessen unter internationale
Kontrolle kommen. Das ist die einzige Möglichkeit. Fuer die
Mittelmächte ist dies eine der wichtigsten Friedensfragen. Die Frage der
Besitzung der Kolonien ist zwar auch wichtig, aber die erste noch wichtiger.
Was die Bahnfrage betrifft, spielt die Bagdadbahn eine grosse Rolle. Das
Englische Interesse war hier ein Mitentscheidendes im Kriege. Diese Verbindung
mit Bagdad wurde durch Deutschland gehindert. Wenn wir uns auf diesen
Standpunkt stellen, dass es zukuenftig so verbleibt, so ist es
verhängnisvoll. Internationale Verwaltung also notwendig. - So der dritte
Punkt: Die wirtschaftlichen Fragen. Der Pariser Kongres[s] hat einen Plan
entworfen.21 Diese Bewegung der Ententemächte hat eine
Gegenbewegung unter den Kapitalisten in den Mittelmächten hervorgerufen.
Die Pariser Konferenz hat als das hauptsächliche Mittel Steuern
aufgestellt. Soweit sind die deutschen Konferenzen nicht gegangen.22
Diejenigen die seit jeher einen innigen Austauch haben wollen nur eine
nähere Verbindung auf der Basis des freien Verkehrs. Wir denken nicht eine
Stunde [einen Augenblick] diese Frage auszuschliessen. Wir wollen also in dem
Sinne conservativ sein. Wir sind nur fuer den völligen freien Weltverkehr.
Im Augenblick wo die Pläne der Pariser Konferenz verwirklicht werden da
schliessen sich die Mittelmächte zusammen. Die Mittelmächte muessen
auf dem Gebiete dieser ökonomischen Fragen die nachbarliche Freiheit
heischen. Aber da muss der Weltverkehr frei sein. Durch die Beschluesse der
Pariser Konferenz 1916 wurde der Imperialismus zum System. Dagegen
protesti[e]ren wir. Wir wuenschen, dass in der Flut der nationalen Fragen auch
die sozialpolitischen Fragen beachtet werden. Wir stehen vor Bedrohung unseren
Lebensaufhaltes [Lebensunterhalts]. Die Verwirklichung des freien Verkehrs kann
dem helfen. Nach dem Kriege wird in hohem Masse so sein, dass die neue
Einlenkung des Kolonialverkehrs eine Bedrohung ist.-23 Die Freiheit
der Meere wurde schrittweise gefordert. (Catharine II. - Wiener Kongress. -
Pariser Kongress. - Contrabande. - Londoner Kongress. - Berliner
Kongress.)24 Der Haager Kongress hat es weiter ausbauen
wollen.25 Die Deklaration ist von den Sued-Afrikanischen Staaten
angenommen. Man hat ganze Meere als Kriegsgebiete erklärt. Schritt fuer
Schritt ist die Freiheit untergegangen. In der bewaffneten Seerechtsdeklaration
waren nur Waffen Kontrabande. Nun ist es ausgedehnt auf alles. Jeder Rohstoff
ist Kriegsgerät. Das bewirkt, dass auch nicht die Neutralen leben
können. Deshalb ein gewaltiger Kampf mit neuen Methoden. Ein System der
Aushungerung. Muss einverständlich vom Kongress verurteilt werden. Man
muss Lebensmittel u.s.w. von Kontrabande ausschliessen. Wir wollen also die
Freiheit der Meere und die Eindrängung des Begriffs Kontrabande. Wenn der
Kongress hier das Lösungswort gibt fuer diese Freiheit, so wuerde er sich
wuerdig anschliessen an die vorigen Kongressen und das Werk von
Genf.26 Wir haben uns fuer dies al[l]zuwenig interessi[e]rt. Hier
waren die Franzosen voran, was wir dankbar anerkennen. Das I.S.B. und das
Comité sollen einen grossen Dienst tun wenn sie diese Wuensche
bewirkten. - Nun kommen die Fragen II a).27 Das Friedenswerk der
Haager Konferenz muss man anerkennen ohne sich den Illusionen hinzugeben.
Rechtsfragen. Obligatorischer Schiedsgericht. System der offenen Tuer auch
hier. Also wenn ein Staat um eine Konzession wirkt, muss er ein Recht haben. Es
ist unmöglich, dass die ganze Welt monopolisi[e]rt wird von ein Paar
Mächten. Deutschland hat sich von 1871 nicht okkupatorisch betätigt,
aber während dieser Zeit haben sich Frankreich und England okkupatorisch
betätigt. Wir haben Volksvermehrung. Wir brauchen Rohstoffen u.s.w. Wir
muessen vieles Gewicht darauf legen. Dies ist das wesentliche. - Rechtsfragen
muessen unter obligatorischem Schiedsgerichte stehen. Wir sind dafuer, dass
Bestimmungen aufgenommen werden aus der Haager Konferenz. Die Frage der
Executiv-Gewalt ist frueher vorhanden. Möglich und denkbar ist eine solche
Gewalt und wäre im Falle eines Aufstands gegen den Schiedsspruch zu
verwenden. Ich glaube nicht, dass eine Macht, wenn sie einen Krieg nicht
provozieren will, sich einem Schiedsspruche widersetzt. -28 Die
Abruestung ist schrittweise vorzunehmen. Einschränkungen in den Ruestungen
sind notwendig. Verstaatlichung der Ruestungsindustrie. Abschaffung der
geheimen Diplomatie. International wird sie nur dann gueltigkeit haben, wenn
sie öffentlich von den Parlamenten genehmigt wird. Der kuenftige
Friedenskongress soll nicht der letzte seiner Art sein, sondern wiederholt
werden, um die Streitfragen zu ordnen.29

   Troelstra: Ich danke dem Genosse[n] Renner fuer
seinen Vortrag.30

   Adler: Sie haben Beifall gegeben zum Vortrag des
Genossen Renner. Fuer die Friedenssache rein taktisch möchte ich sagen
dass die Herbeifuehrung des Friedens jetzt das Wichtigste ist. Unsere Regierung
muss diese Frage in den Vordergrund stellen weil wir nie frueher eine solche
Zeit gehabt haben. Wer die Menschen an einen Tisch bringen will, der muss damit
anfangen, darnach praktisch zu streben, eine Aktion fuer den bleibenden
Frieden einzusetzen.31 Deutschland und infolgedessen Oesterreich
widersetzten sich im Haag der Forderungen des Völkerrechts. Diese
Ausschaltung eines Paragraphen einfach verneint. Ich knuepfe alle Hoffnungen
daran, dass alle an dem Krieg genug haben. Wuerde nur vorschlagen, dass wir
diesen ganzen Komplex nur so behandeln, dass die, welche einen einzelnen Punkt
behandeln wollen, dies auch können.

   Van Kol : Ich habe mit grosse[r] Freude eins
bemerkt. Die Missverständnisse sind durch die Rede des Genossen Renner
vielfach geklärt.32 Genosse Adler [wollte]33 zum
sozialistischen Prinzip kommen.

   Troelstra: Bin der Meinung des Genossen Adler,
dass es besser ist von diesen Hauptfragen auszugehen. Wirtschaftliche Fragen
muessen hier, wie Genosse Renner hervorgehoben, behandelt werden als
Hauptfragen. Die internationale Verwaltung der Transportwegen u.s.w. - sollen
in dieser Hinsicht die Kapitalien in verschiedenen Staaten daran
theilnehmen?

   Renner: Die Staaten transignieren dies. Es muss
eine internationale Kontrolle sein. Staatskrontrolle also auch hier.

   Troelstra: Das muss auch die Verstaatlichung des
Kapitals befordern [fördern]. Was mich in der nächsten Zeit betroffen
hat, ist, dass wir durch die Notwendigkeit der Weltkrise nicht nur zur
Verstaatlichung, sondern auch zur Reglierung der Transportwege, des Verkehrs
u.s.w. kommen werden. Auch in Holland haben wir eine Diskussion gehabt. Nichts
einzuwenden gegen obligatorisches Schiedsgericht, aber Zwangsmittel sind hier
eine heikle Sache. Die Zwangsmacht muss ja aus Truppen der verschiedenen
Staaten bestehen. Aber wenn da ein Konflikt kommt und eine Macht sich aufhebt
[sich erhebt], dann wird Partei fuer und gegen gebildet, und dann geht's los.
Abruestung also notwendig. So lange der Militarismus besteht, giebt es keine
Sicherkeit gegen den Krieg. Auch wenn die Kriegsursachen ökonomisch sind,
so muss man doch daran festhalten, dass das Dasein des Militarismus eine
stetige Möglichkeit einer Auslösung eines kriegerischen Konflikts
bewirkt. Abruestung ist fuer mich die Hauptsache. Ich habe auch Ihre
Verhandlungen in Berlin gelesen.34 Und auf unserer Konferenz in Haag
wurden die wirtschaftlichen Boycott-plänen verworfen.35 Klipp
und klar haben Sie jetzt offen ihre Meinung darueber gesagt, und das freut
mich. Genosse Cunow hat ausgefuehrt, dass man diesen Verband brauche, um eine
innere wirtschaftliche Neuorientierung zu schaffen.36

   Troelstra bezweifelt die These des Genossen
Renner. Wenn wir dieselben Gedanken auf Frankreich und England anwenden
so muessen wir sagen dass es gefährlich ist darnach die Grupp[en]bildung
in Mittelmächte und Ententemächte zu bekommen.

   Renner: Wir muessen damit rechnen, was die
Kapitalisten tun. Zwischen Deutschland und Oesterreich wäre nur
räumliche Nachbarschaft wenn wir die Freiheit der Meere haben.

   Huysmans: Der Zwischemodus scheint mir doch
gefährlich. Dann die Frage von "the League to enforce Peace".37
Troelstra will nicht diese Politik in der Abruestungsfrage haben aber in der
Nationalfrage. Renner scheint doch gut bewiesen zu haben, dass die Völker
morgen keine Bewaffnung haben können. Die Fin[n]länder sagen: Wir
wollen Selbständigkeit aber nicht Verteidigung. So auch Holland. Sie
wollen die Freiheit gratis. Auch die neutralen Staaten muessen die
demokratische Ordnung unterstuetzen. Sie können also nicht sagen, dass
dies uns nicht angeht.

   Renner: Abruestung ist die
selbstverständliche Forderung. Landmilitarismus und Seemilitarismus
muessen also weg. Nun liegt die Sache so, dass Genosse Troelstra es lästig
findet, wenn auch die kleinen Staaten Polizisten sein muessen. Die belgischen
Festungen sind Riegel zwischen Deutschland und Frankreich. Also ein
internationales Interesse, dass diese Punkte nicht durchbrochen werden. Solche
zu bezahlen ist unmöglich zu fordern von den kleinen Staaten. Es muss hier
internationale Verwaltung sein. Wenn eine internationale Macht errichtet ist in
Belgien, der Schweiz u.s.w. so ist das Problem gelöst. Es ist möglich
durchzusetzen. Im Begrif[f] ist es wenigstens möglich.

   Troelstra: Man muss sagen, dass die
Internationale grossen Einfluss ausueben muss.

   Van Kol: Habe kein Vertrauen in Traktate. Man
muss eine Macht haben zu strafen, alles aufrechtzuerhalten.38 Es
giebt Schwierigkeiten. Aber es ist möglich. Man kann Auswege finden.

   Troelstra: Renner hat Abruestung und Volkswehr
zusammengestellt. Das ist Wiederspruch. Es wird ein[e] grosse Militärmacht
notwendig sein. Die Sache ist fuer mich vorläufig nicht klar.

   Adler: Soviel ist sicher: Die Garantien fuer den
Frieden sind ungeheuer schwer zu schaffen. Die internationale Gendarmerie kann
man nur skeptisch betrachten. Es erinnert an das alte deutsche
Bundescontingent.39 Wir haben nur ein einzigen Wort, das
zunächst nur ein Wort ist, aber auch eine Tatsache. Die Welt wird eine
andre sein, so auch die Sozialdemokratie. Ich schliesse mich dem skepticismus
des Genossen Troelstra an. Die Ideologie der Entente ist ja fuer den ewigen
Frieden zu kämpfen. Der Mangel in Bethmann-Hollwegs Stellung ist, dass er
auch innere Politik zu treiben gezwungen ist. Dann kommt etwas dazu. Es wurde
von der "League to enforce Peace" gesprochen. Aber der Punkt ist sehr
wichtig.40 Ein von dem eigenen Staate anerkanntes Gesetz, dass man
nicht vor dem Auslaufe eines gewissen Fristes [einer gewissen Frist] die
kriegerische Lösung eines Konflikts ergreifen darf, wäre ein Ausweg.
Stellen Sie sich vor, dass bei der serbischen Note ein[e] Frist möglich
gewesen wäre, dann wäre was anders geschehen. Dieser Punkt kann also
nicht bagatellisi[e]rt werden.

   Troelstra: Punkt III?41

   Seitz : a) Alle muessen behandelt werden mit dem
Schwerpunkt darauf was wir hervorgehoben haben. b)
Einverstanden.42

   Troelstra: Punkt IV?43

   Seitz: a) Einverstanden. Es wird zu
Vereinbarungen zwischen den Kriegfuehrenden kommen. Aber die Teilnahme an der
grossen und allgemeinen Friedenskonferenz muss allen obliegen.44 b)
Einverstanden. c) Alle haben in ihrem Lande die Stimmung fuer den Frieden zu
fördern.

   Troelstra: Wir meinen, dass auch fuer unsere
Parteien Vertreter delegi[e]rt werden.

   Seitz: Es ist notwendig im Sinne des
Stuttgart[er] Kongresses Einfluss auf die Regierungen auszuueben.45
Jede Partei muss sich die Freiheit ihrer Regierung gegenueber wahren. Den
imperialistischen Strömungen muss entgegengearbeitet werden.

   Troelstra: Mittel der Streiks in
Munitionsfabriken u.s.w.?

   Seitz: Wir bekennen es offen, dass das
Proletariat und die Regierung gegen eine Schicht buergerlicher Annexionisten
stehen. Wuenschen nicht eine Prognose zu stellen und ist es möglich eine
internationale Vereinbarung zu schaffen da sind wir damit einverstanden. Es
muss gegenseitig sein. In Oesterreich ist ein starker Friedenswille im
Proletariat und in der Regierung.

  Hueber: Wir wissen nicht, wie es bei der nächste
Ernte kommen wird. Es wird ein Streik gegen den Willen der Partei kommen, wenn
der Zeitpunkt des Friedens da ist.46

   Troelstra: Wir muessen auf unserer Hut sein gegen
die Bestrebungen derjenigen die solche Mittel ohne nähere Begruendung
pruefen.

   Adler: Was Hueber gesagt hat darf nicht so
aufgefasst werden, als ob ein Mittel gegen den Willen der Partei durchgesetzt
werden kann. Ein Gegensatz zwischen Partei und Gewerkschaften wird nicht
kommen. Wer will entscheiden, ob der Friedenswille mangelt da, wo
Friedensanträge gestellt werden oder wo sie abgelehnt werden. Das ist eine
schwere Frage. Es soll also, sagt man, ein sozialistischer Kongress neben dem
staatlichen Friedenskongress stattfinden. Skeptisch dagegen. Alles was wir tun
können, ist die ganze Macht des Proletariats aufzubieten zugunsten des
Friedens.

   Burian: Ich komme von einem Kongresse, wo dies
behandelt wurde. Es sind auch Mittel zu erwägen, um die Internationale in
Aktion zu setzen. Es ist notwendig auch in Deutschland und in Frankreich die
Arbeiterschaft zur grösseren Aktion fuer den Frieden anzuspornen.

   Troelsta: Wir haben uns die Sache so vorgestellt,
dass in der Stadt wo der Frieden geschlossen werden soll, da soll auch eine
Vertretung der Parteien anwesend sein um stetige Verbindung mit den Vertretern
der Staaten zu bekommen.47

   Seitz: Was wir für den Frieden tun
können, das werden wir tun. Eine Vereinbarung wodurch sich alle
Proletariate zu einer gemeinsamen Taktik verbinden ist unmöglich. Durch
seine Existenz übt natürlich der Kongress einen Druck aus.
Erklärung[en] müssen dabei auch durch die Presse gebracht werden.

   Punkt V48

   Seitz Wir waren von Anfang an überzeugt dass
die Internationale sich wiederfinden muss. Wir sind ohne jede Bedingung hier.
Keine Sonderinteressen werden von uns vertreten. Alle Proletariate
müssen von der Konferenz vertreten werden.

   Wünschen dass die Verhandlungen sich nicht
über Vergangenes erstreckt. Die Schuldfrage soll also
nicht in Betracht kommen. Es ist eine Unmöglichkeit diese Frage zu
erörtern.49

   Troelstra: Die Unmöglichkeit wird sich ganz
gewiss aus den Verhandl.[ungen] herausgeben [ergeben]. Aber die Frage
muss gestellt werden. Man muss sich aussprechen. Wir sollen da
nicht als Richter sitzen. Das versteht sich. Es ist auch für
die deutsche Majorität nützlich und notwendig. Das
Missverständnis wird dann wie Schnee im Sonnenschein schwinden.

   Seitz: Wir meinen nur dass es
bedingungslos hergeht. Verlassen uns auf Takt des Bureaus. Was wir
wollen ist nur, dass wir nicht von Anfang an die Schuldfrage zur Spaltungsfrage
machen.

   Hueber: Das wichtigste ist dass wir uns
erklären an der Plenarkonferenz teilzunehmen. Wir gehen bedingungslos an
diese Plenarkonferenz. Die Schuldfrage muss natürlich aufkommen.
Natürlich nicht als Hauptfrage sondern als eine Frage, worin man
ausdonnern kann.

   Troelstra: Wir haben ein schöne
Unterhandlung mit ihnen gehabt.

Anmerkungen

1   Das Protokoll ist unvollständig; Ergänzung durch die
hschr. Mitschrift (48 S.) von Engberg, in CHA, Stockholm, N. & C., Mai
1917:3. Dort auch hschr. Notizen (franz., 3 S.) von Huysmans. Notizen von
Troelstra (einige Zeilen) in IISG, NL Troelstra, 423. - Pressekommuniqué
Dok. P/22a. Siehe auch Nachweise in Dok, Nr. P/21, Anm. 1.

2   Franjo Markic und Dusan Glumac. Siehe die gesonderte
Vorkonferenz mit ihnen bereits am 19.5.1917, Dok. Nr. P/16, und eine weitere am
20.6., Dok. Nr. P/41.

3   Vertreter Edmund Burian und Viktor Stein. Sie trafen am
23.5.1917 in Stockholm ein. Die Vorkonferenz mit ihnen war, wie die mit den
Österreichern, ursprünglich für 29.5.1917 geplant; siehe
Huysmans an Houser, 10.5.1917, CHA, Stockholm, Corr. mai 1917, Nr. 55-56. - In
der Vorlage steht jeweils fälschlich entweder Tchechen, tchechisch, etc.
oder Tsechen, tsechisch. Dies wurde konsequent berichtigt.

4   In der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Grenzreglierung".

5   So auch Huysmans in der Sitzung mit der MSPD-Delegation am
7.6.1917, Dok. Nr. P/29. - Nord-Schleswig wurde im Bericht von Borgbjerg am
12.5.1917 angesprochen, Dok. Nr. P/10a, Anm. 12. Siehe auch Dok. Nr.
P/29-29a.

6   Der Hinweis auf die Einseitigkeit und Unvollständigkeit
auch im ausführlicheren österreichischen Memorandum, nachgewiesen in
Dok. Nr. P/21, Anm. 1. Dort wird auch u.a. auf Malta, Irland und Flandern
hingewiesen. Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1, wies
Renner auch auf die flämische Frage hin.

7   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1: "Il faut
compléter le document pour éviter des critiques. Ajouter tous les
problèmes".

8   Dazu Dok. Nr. P/15b, Anm. 4.

9   In einem Gespräch erklärte Stein, daß er
"Gegner" der starken Bewegung für einen selbständigen Staat sei, da
dieser Staat wirtschaftlich nur in Abhängigkeit von sowohl Deutschland als
auch Ungarn gerate; Bericht Alsing Andersen, 29.5.1917, in ABA, SDF, 531. - Die
tschechischen Zentralisten gaben eine gesonderte Erklärung ab.
Pressekommuniqué veröffentlicht am 2.6.1917, in CHA, N. & C.,
Juni 1917:1; ARAB, Holl.-skand. kommittén, Box 1; IISG, NL Troelstra,
429; IISG, Collection Deuxième Internationale, 220 (hekt., deutsch) und
224 (hekt., franz); schwed. Social-Demokraten 2.6.1917, S. 1; abgedruckt
in Stockholm 1918, S. 134, und bei Brügel 1925, S. 295f. Dort
schließt man sich " im ganzen" dem Standpunkt der österreichischen
Delegation an. Für das tschechische Volk wird erwartet, "dass ihm vollste
Autonomie und Freiheit eingeräumt werden wird, was am besten durch die
Demokratisierung und Reorganisation Oesterreichs nach dem
Nationalitätenprogramme der Sozialdemokratie geschehen kann". Die
Stellungnahme der Zentralisten unterscheidet sich von der der
Tschechoslowakischen sozialdemokratischen Arbeiterpartei, siehe Dok. Nr. P/45.
Weiter wird, die Wiederherstellung ("sollen wieder erstehen") Belgiens und
Serbiens, wie die Österreicher, sowie Rumäniens gefordert. Benes
1928, S. 299, bescheinigt, daß sie "aufrichtig die Verfolgung des
tschechischen Volkes" durch Österreich beschrieben hätten. Im
übrigen habe man ihnen in Stockholm, da "ihre geringe politische
Bedeutung" wegen ihrer Abhängigkeit von der DSAPÖ bekannt gewesen
sei, "wenig Aufmerksamkeit" geschenkt. Sie hätten auch die "Bestellungen",
die ihnen mitgegeben wurden, "richtig übermittelt". Nach Benes 1917, S.
195f., hätte ihre Erklärung nach der Rückkehr "une telle
tempête de protestations" erbracht, daß sie sich als
mißverstanden und letztlich als Anhänger der Unabhängigkeit
Tschechoslowakiens erklärten. Siehe auch Kárnik 1996, S. 132f.

10   Siehe dagegen die Stellungnahme der Delegation der
Tschechoslowakischen sozialdemokratischen Arbeiterpartei am 26.-27.7.1917, Dok.
Nr. P/45. In der Partei gab es aber eine Strömung, die vor allem Bohumir
Smeral, der dieser Delegation angehörte, vertrat. Er lehnte die Bildung
eines selbständigen Staates ab und war gegen eine Auflösung von
Österreich-Ungarn. Siehe Galandauer 1988, S. 94. Auf die beiden
Strömungen weist auch Benes 1917, S. 188-190, hin. Zu Smeral auch Solle
1966/1967, S. 347ff.

11   In der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1,
danach: "Masaryk".

12   Ludo Hartmann erklärte in einem Gespräch mit Nina
Bang: "die böhmische Frage ist keineswegs so kompliziert und
unlösbar, wie man den Eindruck bekommt, wenn man Dr. Renner einen Vortrag
darüber halten höre" ("er det Bøhmiske Spørgsmaal
ingenlunde saa indviklet og uløseligt, som man faar Indtryk af, naar man
hører Dr. Renner holde Foredrag derom"); im Bericht von Alsing Andersen
an Stauning, 29.5.1917, in ABA, SDF, 531.

13   Zu Masaryk Galandauer 1988, S. 95-98; Kárník
1996, S. 142-147.

14   Die Forderung nach Autonomie ist der Grundtenor in den beiden
österreichischen Memoranden, dies natürlich im Hinblick auf die
Erhaltung von Österreich-Ungarn; siehe auch Dok. Nr. P/21, Anm. 11. Dies
hebt auch Valiani 1966, S. 294, hervor. - Die Forderung nach Autonomie auch in
der tschechischen Zusatzerklärung, nachgewiesen oben in Anm. 9. Die Ungarn
waren ebenso für Autonomie und gegen eine Aufteilung von
Österreich-Ungarn, allerdings forderte man demokratische Reformen; Dok.
Nr. P/25a.

15   Siehe Nachweise in Dok. Nr. P/20, Anm. 8. Der neue
türkische Gesandte in Stockholm, Ismail Djanbolet Bey, dementierte die
Judenverfolgungen, franz. Übersetzung von Aftonbladet 9.6.1917, in CHA,
Stockholm, N. & C., Juni 1917:1.

16   In der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1,
danach gestrichen: "Ein Volk aus lauter Kleinhändlern".

17   Diese konkreten nationalen Fragen werden im
österreichischen Memorandum nicht angesprochen, dagegen in der Version,
die im Protokoll des DSAPÖ-Parteitags im Oktober 1917 abgedruckt ist;
nachgewiesen in Dok. Nr. P/21, Anm. 1.

18   In der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"oek.[onomischen]".

19   Renner bezieht sich in seinem Beitrag auf Punkte II b und II
c des Fragebogens: Abrüstung und Freiheit der Meere sowie Mittel, die
berechtigten Bedürfnisse der ökonomischen Expansion ohne
territorielle Machterweiterung zu befriedigen (Internationalisierung der
internationalen Transportwege, Meerengen, Kanäle, Haupteisenbahnlinien,
usw.). Zum Fragebogen siehe Dok. Nr. P/15b.

20   1911 Zustimmung Deutschlands zu einem französischen
Protektorat über Marokko, das 1912 errichtet wird.

21   Zur Wirtschaftskonferenz der Entente in Paris 1916 siehe
Nachweise in Dok. Nr. P/14a, Anm. 7.

22   Deutsch-österreichische Beratungen über
"Mitteleuropa" 1915-1916 (Zollunion zwischen Österreich-Ungarn und
Deutschland). - In der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1,
danach, nicht gestrichen: "Der Gedanke in der Dresden Konferenz nicht so".
Unklar, worauf sich das bezieht, möglicherweise auf eine Konferenz des
Arbeitsausschusses für Mitteleuropa. - Zu Renner, SDAPÖ, SPD und
"Mitteleuropa" Miller 1974, S. 221-232.

23   In der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1,
danach Überschrift: Die besondere Frage über die Freiheit der
Meere
.

24    Wiener Kongreß 1814/15; Pariser Frieden vom
30.3.1856 nach dem Krimkrieg mit u.a. Neuordnung der Seerechtsfrage; Londoner
Konferenz 1867; Berliner Kongreß 1878.

25   Ausweitung der kriegsrechtlichen Abkommen auf den Seekrieg
auf der ersten und zweiten Haager Friedenskonferenz von 1899 bzw. 1907
über Abrüstung, Landkriegführung und völkerrechtliche
Regelungen im Umgang der Staaten (u.a. Schiedsgericht).

26   Genfer Abkommen von 1864 (Behandlung von Verwundeten im
Krieg) und Erweiterung durch die Konvention von 1906.

27   Im Fragebogen: IIa. Völkerrechtliche Bestimmungen:
internationale Rechtsordnung, internationale Schiedsgerichte, obligatorische
Untersuchungsfrist bei Konflikten, andere Mittel um den Frieden zu erhalten
(League to enforce peace, sanctions, Zwangsmaßregelungen).

28   In der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1,
danach Überschrift: Abrüstung.

29   Zu Renners Beitrag siehe Marin 1996, S. 132f., der vor allem
Renners Interesse für die ökonomischen Fragen hervorhebt und
zusammenfaßt, daß dieser sich hier auf gute Argumente stützte
und brauchbare Ausgangspunkte für die Diskussion vorlegte.

30   Nach Marin 1996, S. 133f., wurde Renners Vortrag von den
Anwesenden "sehr geschätzt" ("fu molto apprezzato"), was er allerdings
nicht belegt; er bezieht er sich wohl auf Troelstras Dank, Victor Adlers
Feststellung vom Beifall und Van Kols von der Klärung von
Mißverständnissen sowie der offiziellen österreichischen
Beurteilung, nachgewiesen unten in Anm. 32. Nur Branting war von Renner wenig
begeistert wie von den Österreichern insgesamt. Dem italienischen
Gesandten in Stockholm gegenüber habe er deren Regierungsfreundlichkeit
und Pangermanismus kritisiert; Valiani 1966, S. 304f, mit Anm. 193. Nach
Höglund 1929, S. 189f. (auf deutsch auch in Victor Adler 1968, S. 97f.)
hatte Branting Schwierigkeiten mit Renner. Er bewunderte zwar dessen
Intelligenz und Kenntnisse, auch die lebhafte Art, aber er hatte für
Renners Neigung, "seinen wissenschaftlichen Apparat in den Dienst der
vulgärimperialistischen Lehren zu stellen" ("att ställa sin
vetenskapliga aparat i tjänst hos de vulgärimperialistiska
lärorna"), nichts übrig. Nach Ansicht der österreichischen
Gesandtschaft in Stockholm hätten sich allerdings die Österreicher
über Branting "im großen und ganzen nicht beklagen" können, so
Zitat bei Wanner 1983, S. 474. Nach einem Beobachter, Großmann 1979, S.
265, hielt sich Branting sowohl von den Deutschen als auch den
Österreichern "ängstlich fern". - Siehe zu Renner auch Nachweis oben
in Anm. 23 und in Dok. Nr. P/21, Anm. 9.

31   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"a) Le moyen d'arriver à la paix est d'en assurer la durabilité.
b) toutes les questions territ[oriales] ou concrètes ont un autre aspect
si elles sont reglées [reliées ?] à l'ensemble. c)
L'obligation d'arbitrage a été rejetée par l'Allemagne et
aussi la Belgique".

32   Die Hoffnung, daß Mißverständnisse bei
näherem Kontakt und gemeinsamer Diskussion geringer erschienen, hatte auch
Branting beim Abendessen am 25.5.1917 hervorgehoben, Dok. P/21, Anm. 58. - Im
Bericht der österreichischen Gesandtschaft, Fürstenberg (über
Hadik) am 29.5.1917 über die Vorkonferenzen der österreichischen
Delegation heißt es aus anderer Sicht ähnlich: Die Österreicher
hätten "über so manches aufgeklärt; mehr als ein
Mißverständnis wurde beseitigt, so daß sich ohne
Übertreibung sagen läßt, daß demselben geradezu die
Schuppen von den Augen fielen. Für Troelstra, Branting etc. war doch
bisher die Monarchie eine terra incognita. Sie mußten entsprechend
belehrt werden". Zitiert bei Marin 1996, S. 136f. Zu dieser Haltung und
Beurteilung auch, jedoch etwas unkritisch, Wanner 1983, S. 469, 471, 474.

33   So in der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm.
1.

34   Tagung mit dem MSPD-Parteivorstand und -ausschuß, der
Reichstagsfraktion, der Generalkommission und Vorständen deutscher
Gewerkschaften, Vertreter des Zentralverbandes deutscher Konsumvereine, der
SDAPÖ und der österreichischen Gewerkschaften in Berlin am 9.1.1916.
Dazu Miller 1974, S. 223-226.

35   Zur Konferenz der sozialistischen Parteien aus den neutralen
Ländern im Haag, 31.7.-2.8. 1916 Graß 1975, S. 225-242, und
Blänsdorf 1979, S. 307-329; Resolution zu Wirtschaftsfragen abgedruckt in
Bulletin du Bureau Socialiste International, Nr. 1, 1917, S. 3, und danach
abgedruckt in Histoire de la IIe Internationale 1980 (Minkoff-Reprint), Bd. 22,
S. 221.

36   Heinrich Cunow war der Hauptreferent auf der oben in Anm. 34
genannten Tagung. Zu Cunow siehe auch Sigl 1976.

37   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1,
hatte Troelstra auf einen Völkerbund hingewiesen.

38   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"faut gendarmerie int[ernationale]".

39   Im Deutschen Bund (1815-1866) übernahm im Kriegfall ein
Bundesheer, bestehend aus Kontingenten der Einzelstaaten, den Schutz nach
außen.

40   In der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1,
danach gestrichen: "Den heutigen Zustand".

41   Im Fragebogen: III. Praktische Verwirklichung dieser Ziele.
a) Inwieweit müssen diese Fragen bei den eigentlichen
Friedensverhandlungen behandelt werden. b). Könnten Studienkommissionen
zur Vorbereitung gewisser Fragen gegründet werden.

42   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"IIIb Seitz: commander d'études par le B.S.I."

43   Im Fragebogen: IV. Aktion der Internationale. a). Mitarbeit
der Neutralen an dem Frieden. b). Direktes Mitarbeiten der Parlamente. c).
Mitarbeit der sozialistischen Parteien. d). Maßregeln um während der
offiziellen Friedenskonferenz und während der vorbereitenden
Friedensverhandlungen einen dauerhaften Einfluß auszuüben von Seite
der Internationale.

44   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"a) participer au congrès général pour créer
nouvelle Europe".

45   In der Resolution des Stuttgarter Kongresses der
Internationale von 1907 wird vor allem den parlamentarischen Vertretern der
Kampf gegen militärische Rüstung durch Verweigerung der Mittel
aufgetragen. - Dieser Punkt wurde in die endgültige Fassung des
Fragebogens aufgenommen, siehe Dok. Nr. P/15b, Anm. 7.

46   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Si le g[ouvernemen]t autr[ichien] ne veut pas, la classe ouvrière
marchera".

47   Hier endet die mschr. Version. Der Rest nach der hschr.
Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1.

48   Betrifft die allgemeine sozialistische Konferenz.

49   Im Pressekommuniqué, Dok. Nr. P/22a: "[...] dass
eine Beantwortung der Schuldfrage abgelehnt werden muss". In den beiden
österreichischen Memoranden, nachgewiesen in Dok. Nr. P/21, Anm. 1: wird
die Behandlung der Schuldfrage "entschieden" bzw. nach "der vollen und
entschiedenen Überzeugung" abgelehnt, da sie nur "unfruchtbar" wäre.
Auf dem Parteitag der DSAPÖ im Okt. 1917 wurde von Robert Ascher ein
Antrag gestellt, aber nicht diskutiert und nicht akzeptiert, "bedingungslos
einer Erörterung der Schuldfrage auf der Konferenz zuzustimmen", Protokoll
S. 92 und S. 289. - Zur Schuldfrage auch Marin 1996, S. 134f., der auf die
Solidarität mit der MSPD in diesem Punkt hinweist.