Seidel, Hans-Christoph; Tenfelde, Klaus (Hrsg.): Zwangsarbeit im Europa des 20. Jahrhunderts. Bewältigung und vergleichende Aspekte (= Veröffentlichungen des Instituts für soziale Bewegungen, Schriftenreihe C: Arbeitseinsatz und Zwangsarbeit im Bergbau 5). Essen: Klartext Verlag 2007. ISBN 978-3-89861-588-4; 253 S.; EUR 29,90.
Zwangsarbeit im "Dritten Reich" ist inzwischen eines der am besten bearbeiteten Themen der Geschichte des Nationalsozialismus, ja sogar der jüngeren deutschen Geschichte. Zwar bestehen noch einige bedeutende Forschungsdesiderate, allen voran die Zwangsarbeit in den besetzten Gebieten, gleichwohl können weite Bereiche der NS-Zwangsarbeit in empirischer Hinsicht als erforscht gelten. Entsprechend beginnen sich Fragestellungen und Aufgaben der Historiker zu wandeln: Gegenüber dem bislang dominierenden "fact finding" gewinnen zunehmend Fragen an Bedeutung, die eine breitere Diskussion und vergleichende Einordnung der NS-Zwangsarbeit innerhalb der Geschichte des 20. Jahrhunderts ermöglichen. Einen Beitrag zu diesem Perspektivenwechsel leistet der hier zu besprechende Sammelband. Er macht die Beiträge der Abschlusskonferenz des Projektes "Zwangsarbeit im deutschen Kohlenbergbau", das seit Oktober 2000 am Institut für soziale Bewegungen in Bochum durchgeführt wird [1], der Öffentlichkeit zugänglich.
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Campbell, Gwyn (Hrsg.): The Structure of Slavery in Indian Ocean Africa and Asia. London: Frank Cass 2004. ISBN 0-7146-8388-4; 206 S.; EUR 41,50.
Campbell, Gwyn (Hrsg.): Abolition and its Aftermath in Indian Ocean Africa and Asia (= Studies in Slave and post-slave societies and cultures). London: Routledge 2005. ISBN 0-714-65503-1; 225 S.; EUR 125,00.
Im Unterschied zum gut beforschten atlantischen Sklavenhandel ist der Indische Ozean als Handelsraum erst seit knapp zwei Jahrzehnten in Form eines historischen Konzepts etabliert. Wesentlichen Impuls dazu gab das Standardwerk von K. N. Chaudhury.[1] In den vergangenen Jahren haben weitere Studien versucht, die Perspektive auf das Meer zu verlegen oder den Indischen Ozean als ein großes Pendant zum Mittelmeer zu betrachten.Sklaverei und Sklavenhandel im Indischen Ozean erregten dabei aber kaum akademische Aufmerksamkeit. Außer dem Standardwerk von William G. Clarence-Smith und der Monografie von Frederick Cooper gab es bis zu Beginn des 21. Jahrhunderts keine weitere Gesamtdarstellung zum Thema.[2] Für den südasiatischen Subkontinent legte D. R. Banaji bereits ein frühes Standardwerk vor[3], ergänzt durch die Werke von Anal K. Chattopadhyay[4] und Jeanette Pinto.[5] Zahlreiche Einzeluntersuchungen zum östlichen Afrika, auf Madagaskar und den Maskarenen, in den Anrainerregionen um den Persischen Golf und besonders im malayisch-indischen Archipel haben zwar neuere Erkenntnisse über viele Formen der erzwungenen Arbeit gebracht, sich aber selten explizit und exklusiv mit der Sklaverei und dem Sklavenhandel beschäftigt.[6] Meist wird Sklaverei unter die Kategorie "unfreie" oder "erzwungene" Arbeit subsumiert oder gar gleich mit dem vergleichsweise neutral oder (wissenschaftlich) wirkenden Begriff "Menschenhandel" gleichgesetzt.
Diese begrifflichen Einebnungen aus der Alltagssprache haben natürlich einen tagespolitischen Hintergrund, der zum einen mit gesellschaftlichen Debatten etwa um die Lage der afrikastämmigen Bevölkerung in den Amerikas und Teilen Europas verknüpft ist, zum anderen aber auch dem Versuch von UNO-Bürokraten geschuldet ist, dem Problem einen juristisch verfolgbaren Rahmen zu setzen. Für die wissenschaftliche Diskussion über Sklaverei und Sklavenhandel steckt in diesem geradezu inflationären Gebrauch der Begriffe jedoch die Gefahr, wichtige Unterschiede zu verwischen und in Scheinuniversalismus zu verfallen, da diese einem tieferen Verständnis der spezifischen Zusammenhänge eher im Wege stehen, als zu ihrer Aufklärung beitragen.
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