Friedensbewegung und Linkssozialistische Opposition

Two book reviews (in German)

Werner, Michael: Die Ohne-Mich-Bewegung. Die bundesdeutsche Friedensbewegung im deutsch-deutschen Kalten Krieg (1949 - 1955). Münster: Monsenstein und Vannerdat 2006. ISBN 3-86582-325-4; 742 S.; EUR 29,50.

Rezensiert für den Arbeitskreis Historische Friedensforschung bei H-Soz-u-Kult von:

Holger Nehring, University of Sheffield, Department of History
E-Mail: [mailto]h.nehring@sheffield.ac.uk[/mailto]

Die Debatten um die Aufstellung einer bundesdeutschen Armee zu Beginn der 1950er-Jahre waren eine wichtige Bewährungsprobe für die noch junge bundesdeutsche Demokratie. Um so überraschender ist es, dass es bisher neben einer Reihe von Überblicksdarstellungen zum bundesdeutschen Pazifismus und einigen Detailuntersuchungen noch keine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Gesamtdarstellung dieser Bewegung gibt, obwohl die spätere Anti-Atomtod-Bewegung sowie die Ostermärsche mittlerweile gut behandelt sind.[1] Michael Werner hat sich in seiner Dissertation nun diesem Thema angenommen. Sein Ziel ist es dabei, das "Geflecht aus Fakten, Halbwahrheiten und Erfindungen" (S. 31), welche die Debatten um einen bundesdeutschen Wehrbeitrag umranken, durch eine solide Quellenstudie zu entwirren. Analytisch weist er, dem common sense entsprechend, Organisation und außerparlamentarischen Charakter als zentrale Kriterien aus, die seine Untersuchung bestimmen sollen, so dass er letztlich "circa 250 Organisationen" (S. 46) im Zeitraum zwischen 1949-1955 erfassen kann. Eine solche Analyse kann er aber empirisch allein schon aus Gründen der Arbeitsökonomie nicht wirklich leisten. In etwas bemühter Argumentation bestimmt Werner sodann fünf zentrale Lager innerhalb der Bewegung - eine Unterscheidung, welche nach seiner Meinung Licht ins Dunkel der Spekulationen um die "Ohne Mich"-Bewegung bringen soll: die kommunistische, auf den Weltfriedensrat orientierte "neue Friedensbewegung; eine sozial-demokratisch-gewerkschaftliche Strömung; pazifistische Organisationen; christliche Wehrgegner und schließlich die Neutralistenbewegung.

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Kritidis, Gregor: Linkssozialistische Opposition in der Ära Adenauer. Ein Beitrag zur Frühgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Hannover: Offizin Verlag 2008. ISBN 978-3-930345-61-8; 582 S.; EUR 34,80.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Jens Becker, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am MainE-Mail: [mailto]jens.becker@soz.uni-frankfurt.de[/mailto]

Inzwischen gehört es zum guten Ton, die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere die damit verbundene sozioökonomische und politische "Modernisierung", als Erfolgsstory zu bezeichnen. Die von Frankreich, Großbritannien und den USA mit Nachdruck betriebene, von der Bundesrepublik aber auch eigenständig angeeignete "Westernisierung" - die Etablierung der parlamentarischen Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft - gilt als Strukturprämisse, die, von einer langfristigen Perspektive betrachtet, wesentlich zum Ende des ostdeutschen Parteikommunismus und zur Vereinigung beider deutscher Staaten beigetragen habe.[1] Die "Fundamentalliberalisierung" der Bundesrepublik (Jürgen Habermas), die viele Substrate des alten deutschen Obrigkeitsstaates und -denkens aufgelöst hat, wäre jedoch ohne die Blockkonfrontation des Kalten Krieges und die "Westernisierung" der wichtigsten Organisationen der Arbeiterbewegung, Sozialdemokratie und Gewerkschaften, wesentlich schwieriger durchsetzbar gewesen.[2]

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