Deutsche im Stalinschen Zwangsarbeitssystem: Gewalt, Erinnerung und Aufeinanderprallen von Kulturen

Call for Papers, deadline 30 April (German text)

CFP: Deutsche im Stalinschen Zwangsarbeitssystem: Gewalt, Erinnerung und Aufeinanderprallen von Kulturen - Tscheljabinsk (Russland) 08/12

Zentrum für Kulturgeschichte der Süduralischen Staatlichen Universität Tscheljabinsk; in der Zusammenarbeit mit dem Archiv des Tscheljabinsker Gebiets 27.08.2012-09.09.2012, Tscheljabinsk (Russland)
Deadline: 30.04.2012

Internationale Sommerschule

Zwangsarbeit zog in den letzten Jahren als Massenphänomen des 20.
Jahrhunderts, insbesondere in Diktaturen, große Aufmerksamkeit auf sich.
Das Tscheljabinsker Zentrum für Kulturgeschichte veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Archiv des Tscheljabinsker Gebiets eine Sommerschule, die der Geschichte der Deutschen im stalinistischen Zwangsarbeitssystem gewidmet ist. Die Beschäftigung mit diesem Themenkomplex bietet auch die Möglichkeit, Probleme der Gewalt, der kollektiven Erinnerung an Gewalt und Aspekte der interkulturellen Kommunikation, kultureller Konflikte und der gegenseitigen Wahrnehmung zu untersuchen.

Zur Teilnahme an der Sommerschule sind Studierende der Geistes- und Sozialwissenschaften eingeladen. Neben einer Einführung in die theoretischen Probleme der Diktaturen-, Gewalt-, Zwangsarbeits- und Gedächtnisforschung werden praxisorientierte Workshops angeboten: Hier stehen die Durchführung von Interviews, die Arbeit mit Archivsammlungen und die Erstellung von Videoclips zu den Gedächtnissorten der Zwangsarbeit im Zentrum.

Das Programm richtet sich an Studierende mit Russischkenntnissen. Es wird einen Sprachkurs für Fortgeschrittene angeboten. Anmeldeschluss zur Teilnahme ist der 30. April 2012. Die Kosten für die Teilnahme belaufen sich auf 466 Euro und decken den Transfer vom Flughafen, Unterkunft, Sprachkurse, Vorlesungen, Seminare und Workshops, sowie ein umfassendes Exkursionsprogramm. Diese Summe umfasst nicht die Kosten für die Anreise, Versicherung, Visabeschaffung und Verpflegung. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit sich um ein DAAD-Stipendium zu bewerben, das die Gesamtausgaben weitgehend abdeckt (der Selbstanteil wird maximal 150-250 Euro betragen).

Genauere Informationen zur Sommerschule und Unterlagen für die Bewerbung sind auf der Internet-Seite des Zentrums zu finden:
http://kulthist.ru/sommerschule.html

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Erster Workshop: "Gedächtnis und oral history: Probleme einer Methode"

Die Teilnehmer besuchen zunächst einige Vorträge zur Konzeptualisierung von Gewalt, Gedächtnis und interkultureller Kommunikation und zur methodischen Untersuchung dieser Phänomene. Der praktische Teil des Workshops besteht zum einen darin, die Organisation von Forschungsprojekten kennen zu lernen, die sich mit der Anwendung von oral history befassen. Darunter fällt die Planung und Durchführung von Interviews mit noch lebenden ehemaligen Mitgliedern der Arbeitsarmee und ihren Verwandten sowie mit Vertretern der älteren Generation, die sich an den Arbeitseinsatz der Kriegsgefangenen auf den Tscheljabinsker Baustellen erinnern. Zum anderen sollen die Teilnehmer Methoden kennen lernen, mit denen heute in Russland die Geschichte der Repressionen, der Deportationen und der Zwangsarbeit aufgearbeitet wird. Die Teilnehmer sollen mit der Arbeit des OGACO im gesamtrussichen Projekt "Rückkehr der Namen" vertraut gemacht werden sowie mit der Arbeit der örtlichen Filiale der Gesellschaft "Memorial" und des Deutschen Kulturzentrums.

Zweiter Workshop: "Zwangsarbeit der deutschen Mitglieder der Arbeitsarmee und der Kriegsgefangenen in Tscheljabinsker Industrieanlagen und sozialen Einrichtungen"

Neben den Vorträgen, die die Teilnehmer mit der Geschichte der Zwangsarbeit im 20. Jahrhundert, der Arbeitsarmee und der kriegsgefangenen Deutschen in Tscheljabinsk vertraut machen, wird ein Schwerpunkt auf die interaktiven Lernmethoden gelegt. Die Teilnehmer der Sommerschule werden im Staatlichen Archiv des Tscheljabinsker Gebiets mit Sammlungen zur Geschichte der Arbeitsarmee des "Celjabmetallurgstroj" arbeiten, wodurch sie die Besonderheiten der Materialsuche in regionalen Archiven, der Sortierung der Bestände und der Aufbewahrung der Dokumente kennen lernen. Die Studenten nehmen teil an der Bestimmung von "Erinnerungsorten" der Zwangsarbeit (Gebäude und Anlagen der Stadt Tscheljabinsk, die mit den deutschen Kriegsgefangenen und Mitgliedern der Arbeitsarmee verbunden sind) und an der Zusammenstellung eines virtuellen Rundgangs durch diese Orte. Als Ergebnis dieses Workshops entsteht eine kleine Austellung aus Materialen der oral history und aus traditionellen Archivmaterialien, die die Teilnehmer zusammenstellen. Die Ausstellung wird in der Süduralischen Staatlichen Universität oder im regionalen Heimatmuseum gezeigt.
Außerdem ist es vorgesehen, die Ergebnisse der Sommerschule filmisch festzuhalten und dieses Filmmaterial dann zur Aufbewahrung dem OGACO zu übergeben.

In einem umfangreichen kulturellen Rahmenprogramm können die Teilnehmer das wunderschöne Natur des Südurals genießen, auf verschiedenen Exkursionen die Stadt erkunden, das regionale Heimatmuseum und das Universitätsmuseum anschauen, kulturelle Veranstaltungen besuchen, die zum Tag der Stadt organisiert werden (Umzug der Jugend, Treffen mit Veteranen, Modeschauen, Konzerte, Feuerwerk), an Exkursionen zu den "Erinnerungsorten" der Zwangsarbeit der Deutscehn in Tscheljabinsk teilnehmen und sich mit der Arbeit des Deutschen Kulturzentrums bekannt machen.

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Olga Nikonova
Tscheljabinsk, ul.Elektrostal'skaja, 47-a kulthist [at] mail.ru

[Cross-posted, with thanks, from H-Soz-u-Kult]