Herausforderungen zwischen Ost und West? Die westeuropaeischen KPs in der letzten Dekade des Kalten Kriegs

Conference, 31 October - 1 November 2013, Berlin, Germany (German text)

31.10.2013-01.11.2013, Berlin, Centre Marc Bloch Friedrichstrasse 191, 10117 Berlin

Deadline for registration: 28.10.2013

Für die (insbesondere die großen) westeuropäischen kommunistischen Parteien war die zweite Hälfte der 1970er Jahre primär von der Diskussion über den "Eurokommunismus" geprägt. In Europa hatte die Ost-West-Entspannung mit der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte 1975 einen symbolischen Höhepunkt erreicht. Bald darauf begannen Dissidenten in den sozialistischen Staaten sich auf den Wortlaut der Schlussakte von Helsinki zu berufen. Dies stellte auch für die kommunistischen Parteien in Westeuropa eine Herausforderung dar. Einerseits war eine dogmatische Haltung innenpolitisch kaum vertretbar, offene Unterstützung der Dissidenten führte aber zu Konflikten mit der KPdSU und den anderen "Bruderparteien" jenseits des Eisernen Vorhangs.

1979 verschärfte sich die internationale Lage nach dem NATO-Doppelbeschluss und der sowjetischen Invasion in Afghanistan bedeutend. 1980/81 spitzte sich zudem die Lage in Polen erheblich zu.
Insbesondere Afghanistan und Polen stellten die westeuropäischen Kommunisten vor eine Herausforderung. Sollte man der Position Moskaus blind folgen oder eine eigene in Opposition zur KPdSU stehende Haltung einnehmen? Unter dem Eindruck des erneuten Rüstungswettlaufs entwickelte sich in Westeuropa eine (wenn auch je nach Staat unterschiedlich starke) Friedensbewegung. In dieser spielten kommunistische Parteien und andere linke Kräfte in der Regel eine bedeutende Rolle. Die Frage inwieweit die Bewegung aus dem Osten finanziert war steht in reger Diskussion.

Die Rolle der einzelnen westeuropäischen kommunistischen Parteien steht erst am Anfang ihrer Erforschung. Gerade diese Jahre des letzten Höhepunkts des Kalten Krieges stellten die reformkommunistischen Parteien vor den Scheideweg sich erneut stärker an Moskau zu orientieren oder ein eigenständiges Profil zu entwickeln. Innenpolitische Notwendigkeiten konnten internationalistischen Ansprüchen diametral gegenüberstehen.

Infolge des Amtsantritts von Michail S. Gorbatschow als Generalsekretär der KPdSU 1985 änderte sich die Lage in Europa erneut fundamental. Nun propagierte die Zentrale des "Weltkommunismus" Reformen im Inneren und Entspannung mit dem Westen. Auch diese Entwicklung rief verschiedenartigste Reaktionen unter den westlichen kommunistischen Parteien hervor. Während die einen Gorbatschows Reformen herbeigesehnt hatten, gingen sie anderen bereits zu weit. In diesem Zusammenhang ist von besonderem Interesse inwieweit eurokommunistische Ideen in Gorbatschows Politik eingeflossen sind, welchen Austausch er mit westlichen Parteiführern pflegte und welche Formen und Koalitionen der Opposition sich gegen seinen Weg formierten.

Die Auswirkungen des Endes des Kalten Krieges und des Zusammenbruchs der Sowjetunion auf die westeuropäischen kommunistischen Parteien sind bisher kaum Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung geworden.
Während sich einige KPs transformierten oder auflösten, bestanden andere unverändert fort. Zudem begann in jenen Jahren eine neue Form des "Internationalismus" auf europäischer Ebene, der 2004 in der Gründung der Europäischen Linkspartei mündete. In diesem Zusammenhang verdienen neben den großen auch die zahlreichen kommunistischen Kleinparteien in Europa Beachtung.

Eine weitere große Herausforderung der zweiten Hälfte der 1980er Jahre stellte die Vertiefung und die Erweiterung der europäischen Integration dar. Mit der 1986 unterzeichneten Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) wurde der erste große Schritt zur Vertiefung der Integration der Europäischen Gemeinschaft (EG) in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht gesetzt. Wie reagierten die KPs darauf? Veränderten sie ihre Europapolitik?

Wie verhielten sich die einzelnen kommunistischen Parteien in diesem "langen Jahrzehnt", wie positionierten sie sich zwischen Ost und West, welche Erneuerungen und Transformationsprozesse durchliefen sie? Zudem soll ein besonderes Augenmerk auf die Frage nach der transnationalen Kommunikation zwischen den Parteien gelegt werden. Welche wechselseitigen Einflüsse bestanden? Welche Herausforderungen wurden gemeinsam angegangen?

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31. Oktober 2013 / 31 octobre 2013

14h00 - 14h15: Empfang der Teilnehmer / Accueil des participants

14h15 - 15h00: Einleitung / Introduction Hermann Wentker (Institut für Zeitgeschichte München-Berlin): Vom "Zweiten Kalten Krieg" zum Ende des Ost-West-Konflikts: Der Wandel der Weltpolitik und die Neuordnung Europas (1979-1991)

15h00 - 15h30: Diskussion

15h30 - 16h00: Pause

16h00-18h00: Panel I: Länderstudien / Etudes par pays
Chair: Aurélie Denoyer (CMB)
Kommentar: Sonia Combe - à confirmer

16h00 - 16h30: Maximilian Graf (INZ/ÖAW, Wien): Zwischen Moskau, Ost-Berlin und Brüssel. Die KPÖ und die Herausforderungen der 1980er Jahre

16h30 - 17h00: Dominik Rigoll (Universität Jena): Innenpolitische Niederlagen und außenpolitischer Niedergang: Die DKP

17h00 - 17h30: Andreas Stergiou (Universität Kreta): The Greek Communists in the 1980s

17h30 - 18h00: Diskussion

1.November 2013 / 1er novembre 2013

10h30 - 12h00: Panel II: Vergleichende Spezialstudien / Etudes comparées
Chair: Maximilian Graf (INZ/ÖAW, Wien)
Kommentar: Karlo Ruzicic-Kessler (INZ/ÖAW, Wien)

10h00-10h30: Nikolas Dörr (ZZF, Potsdam): Der Wandel der Sicherheitspolitik westeuropäischer KPs 1979 bis 1989

10h30 - 11h00: Francesco di Palma (FU Berlin): Die Außenpolitik des PCI in den 1980er Jahren

11h00 - 12h00: Diskussion

12h00 - 13h00: Pause déjeuner

13h15 - 14h00: Implulsreferat zu Panel III:

13h00 - 13h30: Wolfgang Mueller (INZ/ÖAW, Wien): Die KPdSU und der Kommunismus in Europa in den 1980er Jahren

13h30 - 14h00: Diskussion

14h00 - 16h30: Panel III : Perzeptionen - der westeuropäische Kommunismus aus östlicher Sicht / Perceptions - le communisme d'Europe occidental vu par l'Est Chair : Karlo Ruzicic-Kessler (INZ/ÖAW, Wien)
Kommentar: Jose Faraldo (Universitad Complutense)

14h00 - 14h20: Gábor Szilágyi (ELTE, Budapest): Ungarn und die westeuropäischen Kommunisten im letzten Jahrzehnt des Kalten Krieges

14h20 - 14h40: Sarolta Klenjanszky (Ungarn) : Ungarn und Frankreich in den 1980er Jahren

14h40 - 15h15: Diskussion

15h15 - 15h45: Pause

15h45 - 16h05: Aurélie Denoyer (CMB)- Ostdeutsche Einstellungen zum PCE

16h05 - 16h25: Petar Dragisic (Belgrad) - Jugoslawische Einstellungen zur Kommunistischen Partei Italiens Ende der 1970er Jahre. Eine Analyse der jugoslawischen Archivquellen

16h25 - 17h00: Diskussion

17h00 - 17h30: Schlusskommentar: Thomas Lindenberger (ZZF, Potsdam)

17h30 - 18h00: Abschlussdiskussion

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Aurélie Denoyer

Centre Marc Bloch Friedrichstrasse 191 10117 Berlin

denoyer@cmb.hu-berlin.de

[Cross-posted, with thanks, from H-Soz-u-Kult]