Sitzung des Holländisch-skandinavischen Komitees mit der Delegation der MSPD, 4. Juni 1917Sitzung des Holländisch-skandinavischen Komitees mit der Delegation der MSPD, 4. Juni 1917

P/27b
Auszug aus der Mitschrift von Arthur Engberg
CHA, Stockholm, N. & C., Juni 1917:1. Hschr. (Engberg), 54
S.1

[...]2

   Scheidemann: Gen.[osse] Troelst.[ra] hat in
seiner Anspr.[ache] gesagt dass unserer Erört.[erung] grosse Bed.[eutung]
zukommt. So ist richtig. Wir wollen nachweisen dass unsere Polit.[ik]
währ.[end] des Krieg[es] im Eink.[lang] zu uns.[erer] Pol[itik] vor dem
Kriege steht.

   Uns.[ere] Pol.[itik] auch vor dem Kriege getadelt. Aber wir
müssen widerspr.[uch] erheben wenn jemand sagt dass wir vor dem Kriege
unser[e] Pfl.[icht] nicht getan haben. Wir haben einen anerkannten Kampf
geg.[en] Milit.[arismus] u.[nd] Imp.[erialismus] geführt. Bis zum letzten
Tage vor dem Krieg versucht ein Einverständ.[nis] zu finden mit
Frankr.[eich]. Jaurès Thomas u[nd] Frank] die waren die grössten
Vertreter des Einverständ.[nisses]. Ich erwahne dies[e] Nam.[en]
desh.[alb] um zu zeig.[en] dass man Ihre [seine] Schuldig.[keit] tun kann gegen
das Vaterl.[and] ohne die soz.[ialistischen] Grunds.[ätze] aufzugeben. Wir
hatten gehofft ein Einverst.[ändnis] zu finden. Der Soz.[ialismus] zu
schwach. Die eig.[entlichen] Grundurs.[achen] des Krieges sind klar:
Imper.[ialismus], national.[e] Fragen. Im Juli die Einkreisung Deutschland[s]
wirksam. Die Russen im Osten wirksam Frankreich nicht klar. Hinter ihnen stand
Engl.[and] bereit. Bemühungen von Deutsch.[land] d.[en] Kr.[ieg]
entw.[eder] zu verhüt.[en] oder zu lokalis.[ieren] ohnmächtig. Nicht
ohne Wert für Sie zu hören dass unsere Friedensdemonstr.[ationen] im
Juli nicht von der Reg.[ierung] gehindert wurden sondern im Gegenteil.

   Auch bei uns gab es diejenigen die den Wunsch nach dem Kriege
hegten. Diese Leut.[e] waren Chauvinisten die noch über die Taht [Tat] der
deutsch.[en] Reg.[ierung] empört waren. Die heft.[igen] Ausspr.[üche]
von den Alldeutschen. Reichskanz.[ler] alles getan um der Krieg zu verhindern
und zu warten. Desh.[alb] angegriffen. Überfl.[üssig] scheint mir
über die Schuldfr.[age] der Dipl.[omatie] also zu
erörtern.3 Verschuld. [Beschuldigung] der Part.[ei] kein[en]
Wert. Wir standen am 4. August im Krieg. Stand unsicher ob auch Italien
mitging. Im Handumdreh.[en] die Russen in Ostpreussen.

   Musst.[en] fragen: ist erst[e] Pflich[t] der
Soz.[ialdemokraten] ihr Land zu verteidigen? Wir müssen die Frage bejahen.
Kein Sozialdem.[okrat] der nicht vor der Wahl im Reichst.[ag] sich für die
Landesverteid.[igung] nicht eingesetzt hätte.4 - Belege davon.
- Für die Landesvert.[eidigung] mussten wir uns entscheid.[en]. Man hat
uns auch verstanden. Wie haben wir gestimmt? Wir motivierten unsere
Abstimmung genau. Samml.[ung] von unseren Reichstagsreden, Aufrufen u.s.w.
damit Sie prüfen können.5 Erkl.[ärung] am 4. August
haben wir gesagt: "Wir stehen nun vor der Tats.[ache] d.[es] Kriegs ... ."
[Siehe Belegstelle! I Seite 9-10]6

   Bereits in uns.[erer] Erkl.[ärung] gesagt dass wir die
Mittel zur Verteid.[igung] [bewilligen] aber treten ein für einen Frieden
der die Völker zusammenleben lässt.

   Dann die zweite Erkl.[ärung] am 2. Dezember
14 [Auszüge!]7 (I Seite 10 (Kriegskredite)

   Dritte: Genoss. des Haase [Rede des Genossen
Haase] 10 März 1915. Alles was Haase gesagt sind immer in der Fraktion
vorgetragen ehe sie gehalten wurde. So immer. In dieser Rede sagt Haase:
[Beleg! I Seite 15-16]8

   Vierte Erklär.[ung] 18. März 1915 wo
ich mancherlei Kriegserschein[ungen] besprach (Belege I 18-21). Diese Rede im
vollem Einverst.[ändnis] mit der Frakt.[ion].

   13. April 1915:9 [Belege I 23-24]
...10

   Mache Sie darauf aufmerk.[sam] dass wir die internat.[ionalen]
Beziehungen gesucht [haben]. Doch wollen wir ins Gedächt.[nis] rufen den
Ber.[icht] von 13. Dez.[ember] 1915 von Genossen Ebert über das was wir
getan haben [Auszüge! I 25-26].11

   Sie müssen also zugeben dass wir alles getan haben um
internat.[ionale] Verbindungen zu suchen. Die anderen gingen in die
Reg.[ierungen] ein.12

   Was man von uns verlangte war das Unmögl.[iche]. Die Frage
lag: Sieg oder Niederlage des eigenen Landes. Wir waren bereit und sind bereit
einer gegenseitigen Aktion beizutreten. Wir verteidigen und werden
das Land verteid.[igen] bis ein Einverständn.[is] gegenseitiger Art
möglich ist. - 29. Mai 1915 hat Ebert über den Eintritt der Italiener
in den Krieg [Verb fehlt] [Beleg]13 (I 25-26)

   Trotz der Verschärf.[ung] der Gefahr für uns.[er]
Land glaubten wir uns verpflicht[et] unserem Friedenswunsch Ausdruck zu geben.
Keine Eroberungen. An diese Erkl.[ärung] knüpfte sich Polemik von
Westarp. Nur internat.[ionale] Gesichtspunkte von uns behauptet. - "Wenn hier
von Wällen14 (Seite 28) ..." [Beleg 29. Mai 1915]15
(I Seite 27-28)

   In Ansch.[luß] an diese Rede kommt das Manifest 23. Juni
1915. Alle Parteien werden hier aufgefordet für den Frieden zu arbeiten
[Beleg I 30-36]16 In diesem Manifest [steht] dass wir auch im
preuss.[ischen] Abgeord.[neten]haus in derselb.[en] Richtung gearb.[eitet]
haben. Das Manifest gibt die Erkundigung dass die Partei gegen Annexionen
kämpft. Im Anschl.[uss] an dieses Manif.[est] eine Eingabe an den
Reichskanzler. Haben ihm gesagt: I Seite 39 "Jeden Versuch Belgien zu
vergewaltigen17

   Dann die Leitsätze 16. Aug.[ust] 1915 der
Reichtagsfrakt.[ion] veröffentlicht.18 Hier einige
Leitsätze: "Die Sicherung der Unabh.[ängigkeit] ... " [Belege I,
40]19 - "Offene Thür" [Beleg I, 40]20
  "Förderl.[iche] wirtschaftl.[iche] Annäherung"
(Belege I, 40) u.s.w. I, 41.

   Rede Davids 20. August 1915. (I, 43)

   Interpell.[ation] Scheidemanns 9. Dez.[ember] 1915. (I,
44-55)

Dann ausdrückl.[ich] uns bemüht im Reichstag den Eindr.[uck] zu
erwecken als sei im Ausland eine grosse Friedensbewegung. Wir haben immer und
immer die Friedensstimmen notiert und hervorgehoben (Beispiel I, 66)

   Will nicht all die Ding[e] die ich vortr.[agen] könnte
vorführen. - Eberts Rede 21. Dez.[ember] 1915 (I, 64). - Rede Scheidemanns
6. April 1916 (I, 73-74, 81-83). Da mich ausgespr.[ochen] über die
Demokr.[atisierung] Deutschlands. In Deutsch.[land] keine vorbildl.[ichen]
Zustände. Aber etwas übertr.[ieben] wenn man sagt dass wir Autokratie
haben u.[nd] Frankr.[eich] u.[nd] England Freiheit. Das verpreusstet
[verpreusste] Deutsch.[land] nicht angebracht denn Preuss.[en] nur einer der 25
Bundessta[a]ten. Es sind keine Schwierigkeiten für Mehrheit u.[nd]
Minderheit gewesen nach Sthm [Stockholm] zu reisen.21 So
erbärmlich doch nicht die Zustände in Deutschl.[and] wie man
sagt.

   Kundgeb.[ungen] des Parteivorstands viele und bedeutsame. Auf
Grund der Antw.[ort] auf unser Friedensangebot viel Tadel gegen uns. Unser[e]
Lösung ist die Revolution[ier]ung der Vernunft gegen diesen Krieg. Muss
versuchen zu einer Konferenz zu kommen. Für die Regierungen noch
schwieriger. Früher oder später, aber eine Konf.[erenz] muss
einberufen werden. Bundesgenossen haben noch deutlicher den Frieden gefordert
als der Reichskanzl.[er].

   Ein Frieden des Einverständnisses immer von uns gefordert.
Die Konservativen hatten im Reichst.[ag] über den Frieden interpelliert.
Dann taten wir es auch.

   Scheidemanns Rede II, 21 im Zusammenh.[ang] mit
der Interpell.[ation]. Wenn uns das Ausland Angebote macht und die deutsche
Regierung [sich] weigert und sagt dass wir den Krieg weiterf.[ühren] um
Eroberungen zu machen da haben wir die Revolution im Lande.22 Und es
gibt keinen in der Regierung der den Krieg fortführen wollte um
Eroberungen zu machen. Ich will nur noch den Aufruf 11. Aug.[ust] 1916
vorführen [Beleg II, 28-29]23

   Weiter Beschlüsse des Parteiausschusses. Sehr
wichtig die Kundgeb.[ung] 18.-19. April 1917. Eine einstimmige Resolution: II,
34-35 "Wir begr.[üssen] den Sieg der russ.[ischen] Rev[olution]"
[Belege]24

   Sie werd.[en] zugest.[ehen] müssen dass die Polit.[ik] die
wir geführt gradlinig ist. Alles für den Frieden getan ohne das Land
aufzuopfern. Denkbar dass eine Partei den Vert.[eidigungs]nihil.[ismus]
anerkennt. Wenn Zustände walten wie sie in Russland waren dann verstehe
ich den Verteidigungsnih.[ilismus]. Aber nach der Revol.[ution] haben sie
etw.[as] zu verteid.[igen]. Die russ.[ische] Rev.[olution]. Ohne unsere
Verteid.[igung] wäre der Zar in Berlin eingezogen. Was dies bedeutet
hätte wäre Triumpf des Zarismus. Im Inlande werden wir als
Landesverrät.[er] beschimpft u.[nd] in [im] Ausl.[and] als Agenten des
Bethm.[ann] Hollw.[eg] und als Kaiseristen. Unkenntn.[is] der Dinge haben diese
Schimpfe ermöglicht. Wenn wir einen Wunsch ausspr.[echen] können
wäre es dass auch die Genoss.[en] in Frankr.[eich] u.[nd] Engl.[and] ihre
Kundgebungen zur Verfügung stellen damit wir vergleichen.25

   Bin am Ende. Verzichte auf alle Rethorik und jeden Appell an
die Leidenschaften, appelliere auf die Tatsachen vorzuführen.26
Die Internat.[ionale] ein ganz anderes Urteil als einzelne
Parteien.27

   van Kol: Möchte sagen dass die Ausführ.[ungen]
des Gen.[ossen] Scheidemann gezeigt [haben] dass die deutsch.[en] Gen.[ossen]
nicht so afrikanisch schwarz sind. Die Hauptsache worum es geht: Hat
Deutschl.[and] wirkl.[ich] eine[n] Verteidigungskrieg [geführt] ?
Deutschland hat den Arbitrage geweigert als es Engl.[and], Frankr.[eich] und
Russl.[and] wollten. Deutsch.[land] hat Oesterr.[eich]-Ung.[arn] die freie Hand
gelassen im Anfang.

   Lange Freundsch.[aft] zwischen dem Zaren und dem Kaiser.

   Ausser Deutschl.[and] gibt es kein Land das glaubt dass
Deutschl.[and] einen Verteid.[igungs]krieg führt. Glaube dass die Genossen
in Deutschl.[and] betrogen sind und noch nicht die Wahrheit kennen. Haben nicht
die Genossen in Deutsch[land] mit Misstrauen gegen die Reg.[ierung] auftreten
sollen.

   Scheidem.[ann] hat nicht von Belg.[ien] gespr.[ochen]. Sie
haben nicht gegen die Greuel in Belg.[ien] gespr.[ochen]. Deshalb mitschuldig.
Habe selbst die Greuel in Belg.[ien] gesehen.

   Und die Unterseebo[o]te. Glaubt Scheid.[emann] dass Wilson den
Krieg gewollt haben. Auch die deutsch.[e] Reg.[ierung] will jetzt den Frieden
weil sie sieht dass ihre Annexionspläne gescheitert sind.

   Aber unsere Genossen haben noch nie gegen den Kanzler gesagt:
das wollen wir. Und gegen Belgien hätten Sie auftreten müssen.
Demokrat.[isierung] Deutschlands wichtig. Eins ist richtig. Wird Deutsch.[land]
demokr.[atisch] dann würde der Friede schon kommen.28

   Ebert: Noch zur Geschäftsführung eine
Bemerk.[ung] Scheidemann hat vermieden pol.[emisch] zu sein gegen andere
Partei[en]. Überrascht zu hören dass van Kol davon den Anlass
genommen [hat] eine Strafrede gegen die deutsche Sozialdemokr.[atie] zu halten.
Schlage vor dass wir Zeit bekommen zur Antwort.

   Troelstra Notw.[endig] dass wir uns offen
ausspr.[echen]. Besser dass die deutsche Deleg.[ation] dies von Neutralen
erfährt als von den Gegnern. Van Kol hat nur den Anfang machen
wollen mit unausweichlichen Auseinandersetzungen. Von unserem Kommitte
muss auch Kritik ausgeübt werden. Die deutsche Deleg.[ation] steht nicht
vor einem internat.[ionalen] Gerichtshof. Aber wir sind hier als Leute die mit
einander für das Prol.[etariat] gekämpft [haben]. Aber um uns zu
verstehen müssen wir uns aussprechen. Wir müssen in die Luft des
Internat:[ionalismu]s wieder kommen.

   Branting: Ich muss auch darüber mich verwund.[ern]
dass die deutsch[en] Gen.[ossen] kein Wort aus anderen Gesichtspunkten
hören wollen. Solche Auseinandersetzung u.[nd] noch schärfere sind
notwendig. Vor einem Tribunal sitzen - davon ist nicht die Frage bis zu
gewisser Grenze aber jede Partei der Internationale hat Pflicht und Recht sich
zu rechtfertigen. In der Generalkonf.[erenz] muss es zu solchen
Ausführungen [kommen]. Es ist unausbleiblich wenn eine solche
allg.[emeine] Konf.[erenz] zustande kommen kann. Es ist besser dass dies sofort
gesagt wird. Was uns am Herzen liegt ist dass ein Gewitter nicht derart
ausartet dass es die Konferenz sprengt. Man muss sich darin sammeln können
für den Frieden zu arbeiten. Gewöhnt dass leidenschaftl.[iche]
Debatten geführt wurden. Bisher die Deutschen nicht diejen.[igen] die
angegriffen wurden. Ich will den deutsch.[en] Genossen nichts mehr über
das was van Kol u.[und] Scheidemann gesagt haben auseinandersetz.[en] Was
Scheid.[emann] gesagt hat ist eine Reihe des taktischen Vorgehens. Es
giebt aber Lücken. Wir sind mit Ihnen einverstanden dass wir den
Verteidig.[ung] nicht ablehnen. Eine kleine derat.[ige] Gruppe hier in
Schweden.29 Eben weil wir völlig auf demselb.[en] Standp.[unkt]
in der Hins.[icht] stehen so können wir nicht daraus schliessen
dass wir jede Reg.[ierung] stützen müssen. Eine soz.[ialistische]
Part.[ei] kann sogar während eines Krieges gegen ihre Reg.[ierung]
Stellung nehmen müssen. Ein Urt.[eil] über die deutsche Partei wie
sie im Kriegsbeg.[inn] auftrat will ich nicht fällen und habe nicht
gefällt. Aber je länger die Zeit gegengangen ist um so mehr haben wir
uns verwundert dass Sie es noch als Verteidigungskrieg betrachten. Es ist nicht
gut wenn Sie nicht wissen wie über ihr Verhalten beurteilt wird.

   Die belg.[ische] Frage: Es ist wenig was im Ausland den
Deutschen gegenüber solche Verstim.[mung] gemacht hat dass die
deutsch.[en] Sozialdemokr.[aten] nicht gegen die Vergewalt.[igung]
Belgiens protestiert haben.30 Als die Verletzung vom
Reichskanz.[ler] verteid.[igt] wurde da hätten sie protest.[ieren] sollen.
Dasselbe gilt von allen fürcht.[erlichen] Methoden der Kriegsführung.
Wir wissen und haben anerkannt dass Sie die Deport.[ationen] aus
Belg.[ien] verurteilt haben und dagegen gearbeitet. Aber weiter: die
Verwüstungen in Belgien und Nordfrankreich. Dazu dieser Ubootskrieg. Auch
dies hat die Stimmung der Neutralen gegen Deutsch.[land] gewandt. In den
konserv.[ativen] Kreisen hier in Schweden ist in diesen letzten Wochen eine
völlige Umstimmung eingetreten wegen der Versenkung unsere
Boote.31 Sie müssen es verstehen lernen dass man Gründe
hat Beschwerde zu führen. Aber nat.[ürlich] auch gewiss die die
engl.[ische] Regierung geschaffen [hat]. Will mich nicht mehr in dies Thema
hineinlassen. Sie haben, Gen.[osse] Scheidem.[ann], geäussert dass man die
deutsch.[en] Annexionisten bald alle in eine Droschke setzen kann. Die Rede des
Reichskanzlers hat doch der Beifall der bürgerl.[ichen] Parteien
empfangen. Deshalb ist es eine Hauptfrage ob sie es vertrauen können in
Frankreich und England, dass die Annexionspläne von der deutsch[en]
Soz.[ialdemokratie] unmöglich gemacht werden. In Haag haben wir
gewünscht dass eine volle Sam[m]l.[ung] der Internat.[ionale]
zustandekom[m]t,32 aber ich versteh[e] die Bedenken der
franz.[ösischen] u.[nd] engl.[ischen] Genossen.

   Was die Demokrat.[ie] betr.[ifft] so haben Sie noch keinen
Parlamentarismus und das Wahlrecht ist so geschmälert dass Sie keinen
geringsten Einfluss haben. Erinner[e] mich dass David darüber ganz klar
ist. Kann es in Deutschland ein Parl.[amentarisches] System geben. Aber giebt
es nicht Sphären in Deutschl.[and] die Einfluss entscheidender Art
ausüben. Es fragt sich ob nicht die milit.[ärische] Führung
stark genug ist ihren Willen gegen die Soz.[ialdemokratie] durchzusetzen. Die
Gen.[ossen] in den Westmächten sagen: kann man überhaupt einen
dauernden Frieden hoffen von Leuten die Traktate als Papierfetzen betrachten?
Ich möchte auch betonen, dass Genosse Scheidemann diese Punkte nicht
geklärt hat. Die Bemerk.[ungen] d.[es] Gen.[ossen] van Kol sollen Sie
nicht übel nehmen, die meinigen auch nicht, denn sie stammen diese
Bemerk.[ungen] aus dem ernsten und lebhaft.[en] Wunsch Klärung zu
schaffen. Missverst.[ändnisse] müssen beseitigt werden. Es bleibt
doch leider eine Verschied.[enheit] der Auffass.[ungen] bestehen. Aber solche
Verschied.[enheiten] hatten wir früher und die Internat.[ionale] lebte
jedoch. Auch wenn man Sie nicht durch und durch verstehen wird so wird es uns
mögl.[ich] sein alle für den Frieden zu arbeiten.33

[...]

Anmerkungen

1   Einige mit Tinte eingefügte Formulierungen werden nicht
gesondert gekennzeichnet. Durch Nässe z.T. beschädigt und daher
gelegentlich schwer lesbar. Nach den einleitenden Mitteilungen von Troelstra,
nachgewiesen in Dok. Nr. P/27a, "wörtliche Aufzeichnungen" von Engberg.
Siehe im übrigen Dok. Nr. P/27a, und dort Anm. 1 Nachweise zur
Sitzung.

2   Es werden im folgenden nur die Mitschrift der Rede von
Scheidemann (S. 8-29), die im Protokoll, Dok. Nr. P/27a, nicht angeführt
ist, und die unmittelbaren Reaktionen von Van Kol, Ebert, Troelstra und
Branting wiedergegeben. - Scheidemann sprach 1 1/4 Stunden. "Dabei flocht ich
allerlei kleine Bosheiten hinein, indem ich beiläufig
Entschließungen der französischen Sozialisten anführte usw.",
so Scheidemann 1921, S. 131. Ausführliche Stichpunkte in den Notizen von
Branting und im Bericht im Vorwärts, nachgewiesen in Dok. Nr. P/27a, Anm.
1. - Scheidemanns Rede ist ein Beispiel für den vom österreichischen
Gesandten in Stockholm, Hadik, vermittelten Eindruck, daß die
MSPD-Delegation "mit Geschlossenheit und Selbstbewußtsein, durchdacht und
gut vorbereitet" auftrat, aber zugleich mit mangelnder "Elastizität",
zitiert bei Wanner 1983, S. 472.

3   In den in Dok. Nr. P/27a, Anm. 1, nachgewiesenen Notizen von
Branting: "Skuldfrågorna överflödiga, oändlig diskussion"
[Die Schuldfragen überflüssig, unendliche Diskussion]. - Zur
Schuldfrage auch Dok. P/27a, Anm. 18.

4   Ersetzt gestrichene Formulierung: "den Schwur für die
Landesverteidigung machte".

5   Die deutsche Sozialdemokratie über Krieg und Frieden,
siehe genauen Nachweis in Dok. Nr. P/27a, Anm. 13.

6   Auslassungspunkte und die folgenden eckige Klammern in der
Vorlage.

7   Eckige Klammern in der Vorlage.

8   Eckige Klammern in der Vorlage.

9   Konferenz der Sozialisten der Mittelmächte, dazu
Blänsdorf 1979, S. 169-177.

10   Auslassungspunkte und die vorhergegangene eckige Klammer in
der Vorlage.

11   Eckige Klammern in der Vorlage.

12   In den in Dok. Nr. P/27a, Anm. 1, nachgewiesenen Notizen von
Branting: "Gingo in i reger.[ingen] o[ch] understödde reger.[ingar], som
vill annexioner - vi beskylls för annexionister" [Traten in
Regierungen ein und unterstützten Regierungen, die Annexionen wollen -
wir werden als Annexionisten beschuldigt].

13   Eckige Klammern in der Vorlage.

14   Ersetzt gestrichene Formulierung: "Um das Land zu
schützen... [so im Text]".

15   Auslassungspunkte und die vorhergegangenen eckigen Klammern
in der Vorlage.

16   Auslassungspunkte und vorhergegangenen eckigen Klammern in
der Vorlage.

17   Danach gestrichen: "löst unsere Koalition auf".

18   Zur Reichskonferenz des Parteiausschusses und der Fraktion der SPD
vom 14.-16.8.1915 und zu den verabschiedeten Leitsätzen Miller 1974, S.
104ff., 195-199, 208f., 216f., 233f. Leitsätze abgedruckt z.B. bei
Scheidemann 1921, S. 27f.; Matthias/Pikart 1966, S. 59-69. 

19   Auslassungspunkte und die nachfolgenden eckigen Klammern in
der Vorlage.

20   Eckige Klammern in der Vorlage.

21   Zu den Paßproblemen der USPD siehe Nachweise in Dok.
Nr. P/20, Anm. 4.

22   Van Kol notierte in diesem Zusammenhang in seinen in Dok. Nr.
P/27a, Anm. 1, nachgewiesenen Notizen: "Scheidem. une révol.
allem. glatt unmögl.[ich]".

23   Eckige Klammern in der Vorlage.

24   Eckige Klammern in der Vorlage.

25   Siehe Dok. Nr. P/27a, Anm. 14.

26   Ursprüngliche Formulierung: "Verzichte auf alles andere
als die Tatsachen vorzuführen". Dann Einfügung und entsprechende
Streichung.

27   Scheidemann zur Wirkung seiner Rede siehe Dok. Nr. P/27a, Anm. 15.
Siehe auch Dok. Nr. P/30.

28   Zur Wirkung der Rede von Van Kol siehe Dok. Nr. P/27a, Anm.
16.

29   Siehe Dok. Nr. P/27a, Anm. 21.

30   Siehe Dok. Nr. P/27a, Anm. 22.

31   Siehe Dok. Nr. P/27a, Anm. 23.

32   Zur Konferenz der sozialistischen Parteien der neutralen
Länder im Haag, 31.7.-2.8.1916, siehe Graß 1975, S. 225-242, und
Blänsdorf 1979, S. 307-329.

33   Zur Wirkung von Brantings Rede siehe Dok. Nr. P/27a, Anm.
25.