Pollock, Ethan: Stalin and the Soviet Science Wars. Princeton: Princeton University Press 2006. ISBN 0-691-12467-1; geb.; 224 S.; EUR 29,98.
Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Dietrich Beyrau, Institut für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde, Eberhard Karls Universität Tübingen
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Mit seiner Monographie nimmt Ethan Pollock, Assistenzprofessor an der Brown University/Providence RI, ein Thema auf, das seit den Wendungen zur Sozial- und dann zur Kulturgeschichte obsolet zu sein schien. Es geht um die großen ideologischen Debatten in der Sowjetunion nach 1945.Nach dem Sieg im "Großen Vaterländischen Krieg" und nach der Expansion des "Friedenslagers" sowie in der Konfrontation mit den USA schien es, als ob zentrale Bausteine des Marxismus-Leninismus neu gehauen und zementiert werden müssten. Sie hatten den inzwischen kanonischen "Kurzen Lehrgang. Die Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion" von 1938 zu ergänzen. Denn der Marxismus war spätestens seit den 1930er-Jahren zu einem Ensemble katechetischer Lehrsätze geronnen, die nun durch Einsichten in neue "Wahrheiten" und "Gesetzmäßigkeiten" zu ergänzen und modifizieren waren.
In der Monographie werden folgende Debatten untersucht: die Auseinandersetzungen um ein Lehrbuch zur westeuropäischen Philosophie von Georgi Aleksandrow 1946/47 (Kap. 2), der Streit um Trofim Lyssenkos Agrobiologie und die berüchtigte Sitzung der Landwirtschafts-Akademie im Juli/August 1948 (Kap. 3), die Debatten im Vorfeld der nicht zustande gekommenen unionsweiten Konferenz der Physiker und Mathematiker 1948 und1949 (Kap. 4), die Entthronung des Sprachwissenschaftlers Nikolai Marr durch Stalins Schrift über "Marxismus und Sprachwissenschaft" aus dem Jahre 1950 (Kap. 5), die Kämpfe um das "richtige" Erbe des Physiologen Iwan Pawlow 1949 bis 1950 (Kap. 6) und schließlich die Suche nach einer angemessenen Erklärung der ökonomischen Gesetze des Sozialismus. Diese Suche hatte schon 1941 eingesetzt (Kap. 7).
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