Cars for Comrades

Nine reviews: communist history (in German)

Siegelbaum, Lewis H.: Cars for Comrades. The Life of the Soviet Automobile. Ithaca, NY: Cornell University Press 2008. ISBN 978-0-8014-4638-2; geb.; IXX, 309 S.; EUR 33,99.

Rezensiert für von:
Luminita Gatejel, Berliner Kolleg für Vergleichende Geschichte Europas
E-Mail: [mailto]lumagatejel@yahoo.com[/mailto]

Auto und Sozialismus bilden ein ungewöhnliches Paar. Vor allem der Pkw verträgt sich nur schwer mit dem auf kollektiven Werten basierenden Sozialismus. Diesem für den sowjetischen Kontext äußerst kontroversenKonsum- und Technikgegenstand ist das neue Buch von Lewis Siegelbaum gewidmet. Dabei nimmt sich der Autor vor, die sowjetische Geschichte dezentral zu erzählen. Er lehnt sowohl eine Perspektive von unten als auch von oben ab, um sich dem Thema von der Seite her ("from the side") zu nähern - ein Blick, der ihm erlaubt, das sowjetische Auto als ein Produkt von Politik, Arbeitsrichtlinien, Wirtschaftsentscheidungen, Design und internationalen Beziehungen darzustellen. Die Monographie soll sowohl Vertreter der historischen Mobilitätsforschung als auch der sowjetischen Studien ansprechen: Für die Erstgenannten will sie den Beitrag leisten, das Automobil jenseits der westlich-kapitalistischen Sichtweise zu situieren, während die Studie im Rahmen der sowjetischen Geschichte mit Narrativen abzurechnen sucht, die von einer absoluten Zentralisierung der politischen Entscheidung und der Verteilung von Ressourcen sprechen. [...]

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Großbölting, Thomas; Engelmann, Roger; Wentker, Hermann (Hrsg.): Kommunismus in der Krise. Die Entstalinisierung 1956 und die Folgen (= Analysen und Dokumente. Wissenschaftliche Reihe der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) 32). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2008. ISBN 978-3-525-35052-2; 480 S.; EUR 34,90.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Rayk Einax, Friedrich-Schiller-Universität Jena
E-Mail: [mailto]rayk.einax@gmx.de[/mailto]

Ausgehend von dem deutlichen Weckruf, den die "Geheimrede" Nikita S.Chrušcevs auf dem 20. Parteitag der KPdSU hinterließ, werden die anschließenden Reformmaßnahmen in der UdSSR und im gesamten sowjetischen Einflussbereich Ostmittel- und Osteuropas gemeinhin als "Entstalinisierung" bezeichnet. Doch bereits seit dem Tode Stalins 1953 hatte es bedeutende politische und wirtschaftliche Kursänderungen in der Sowjetunion gegeben, welche dem so turbulenten Jahr 1956 den Weg ebneten. [1] Dem anzuzeigenden Aufsatzband liegt der Gedanke einer komparativen Analyse der Folgeereignisse in verschiedenen Ostblockstaaten - DDR, Polen, CSSR, Ungarn und UdSSR - zu Grunde. Die Beiträge behandeln ein breites Themenspektrum, das von den inneren Entwicklungen, internationalen Reaktionen, den Veränderungen der repressiven Strukturen, bis zu intellektuellen Diskursen und den Stabilisierungsstrategien der in die "Entstalinisierungskrise" geratenden Regime reicht. Das militärische Eingreifen in Ungarn im November 1956 wird als vorläufiger Schlusspunkt gesehen, der drastisch den eng gesteckten Rahmen jeglichen politischen Experimentierens aufzeigte. [2] [...]

[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-3-071[/url]

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Deutz-Schroeder, Monika; Schroeder, Klaus: Soziales Paradies oder Stasi-Staat? Das DDR-Bild von Schülern - ein Ost-West-Vergleich (= Berlin & München. Studien zu Politik und Geschichte 6). Stamsried:Verlag Ernst Vögel 2008. ISBN 978-3-89650-276-6; 759 S.; EUR 46,00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Bert Pampel, Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Dresden
E-Mail: [mailto]bert.pampel@stsg.smwk.sachsen.de[/mailto]

Zwischen Herbst 2005 und Frühjahr 2007 haben Monika Deutz-Schroeder und Klaus Schroeder in Bayern, Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen5.219 Schüler per Fragebogen sowie in Einzel- und Gruppengesprächen über die DDR befragt. In ihrem Buch dokumentieren sie die Ergebnisse der vom Forschungsverbund SED-Staat sowie den Landeszentralen für politische Bildung in Bayern und Nordrhein-Westfalen finanzierten Studie. Hatte schon die sukzessive Veröffentlichung der Länderstudien seit November2007 Beachtung gefunden, so erregte die im Juli 2008 vorgelegte umfangreiche Publikation erhebliche öffentliche Aufmerksamkeit. [...]

[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-3-198[/url]

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Frings, Andreas: Sowjetische Schriftpolitik zwischen 1917 und 1941. Eine handlungstheoretische Analyse (= Quellen und Studien zur Geschichte des östlichen Europa 73). Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2007. ISBN 978-3-515-08887-9; brosch.; 455 S.; EUR 72,00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Jörn Happel, Universität Basel
E-Mail: [mailto]happelj@gmx.de[/mailto]

"Wir sollten nicht von einem Alphabet zum anderen hüpfen. Wir müssen daran denken, dass bei jedem Alphabetwechsel ein gewisser Teil der Bevölkerung zu Analphabeten wird." (S. 348) Andreas Frings zitiert hier den Vorsitzenden des Nationalitätenrates Chazkewitsch, dessen Kritik aber ungehört blieb: Nach einer Latinisierung vieler Alphabete in der Sowjetunion erfolgte 1938 deren Kyrillisierung. So beschäftigt sich Frings in seiner Mainzer Dissertation mit einer der rätselhaftesten und wichtigsten politischen Entscheidungen der Sowjetunion im kulturellen Bereich (S. 376). Warum nahmen rund 40 Völkerschaften in den 1920er-Jahren das lateinische Alphabet an (die meisten schrieben vorher auf arabisch, aber auch auf kyrillisch und hebräisch; viele waren vorher schriftlos), um nur wenige Jahre später zum kyrillischen Alphabet überzugehen? Frings Antwort ist beeindruckend scharf, vermeidet Redundanzen und räumt mit zahlreichen alten Hypothesen auf, die sich hartnäckig in der Wissenschaftslandschaft gehalten und das Zentrum alleine für die wirre Schriftpolitik verantwortlich gemacht haben. [...]

[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-3-094[/url]

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Zubkova, Elena Jur'evna: Pribaltika i Kreml' 1940-1953 [Das Baltikum und der Kreml 1940-1953] (= Istorija stalinizma). Moskau: Rosspen 2008. ISBN 978-5-82430-909-6; 351 S.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Karsten Brüggemann, Nordost-Institut Lüneburg; Historisches Institut der Universität Tallinn
E-Mail: [mailto]k.brueggemann@ikgn.de[/mailto]

Dieses Buch über ein in der aktuellen Politik äußerst umstrittenes Thema kommt zur rechten Zeit. Nicht zuletzt aufgrund unterschiedlicher Interpretationen der gemeinsamen Geschichte im 20. Jahrhundert kommen gut nachbarschaftliche Beziehungen zwischen der Russischen Föderation und den baltischen EU-Staaten immer noch nicht so recht in Gang. Die Brisanz der historischen Vergangenheit zeigte sich 2005 in der Frage, ob die Präsidenten der baltischen Staaten der Einladung ihres damaligen russischen Kollegen Wladimir Putin zur Feier des 60. Jahrestages des Sieges im "Großen Vaterländischen Krieg" Folge leisten sollten oder nicht.[1] Denn schließlich hatte dieser Sieg über das Dritte Reich den baltischen Staaten keineswegs die angestrebte Unabhängigkeit gebracht, die in Folge des Hitler-Stalin-Pakts 1939 und der anschließenden Inkorporation in die UdSSR 1940 verloren gegangen war. Während der Perestroika war die Überzeugung von der illegitimen "Okkupation" durch die Sowjetunion das integrative Argument der Sezessionsbewegung von Moskau gewesen, bevor die drei Staaten 1991 ihre Unabhängigkeit zurückerlangten. [...]

[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-3-159[/url]

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Neitzel, Sönke: Weltkrieg und Revolution. 1914-1918/19 (= Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert 3). Berlin: be.bra Verlag 2008. ISBN 978-3-89809-403-0; geb.; 208 S.; EUR 19,90.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Wolfgang Kruse, Historisches Institut, LG Neuere Deutsche und Europäische Geschichte, Fernuniversität Hagen
E-Mail: [mailto]Wolfgang.Kruse@Fernuni-Hagen.de[/mailto]

Es gibt eine ganze Reihe von aktuellen Einführungen und Gesamtdarstellungen zur Geschichte des Ersten Weltkrieges. Sie alle haben ihre eigenen Qualitäten, Stärken und Schwächen. Der vorliegende Band über den Krieg und die Novemberrevolution ist als Teil einer neuen, von Manfred Görtemaker, Frank-Lothar Kroll und dem Autor Sönke Neitzel im be.bra Verlag herausgegebenen Reihe zur "Deutschen Geschichte im 20.Jahrhundert" erschienen. Dementsprechend konzentriert er sich auf das Deutsche Kaiserreich im Ersten Weltkrieg. Der inhaltlich und zeitlich darüber hinausweisende Titel des Buches dagegen führt in die Irre, denn die Revolution kommt tatsächlich kaum vor. Sie wird ohne eine hinreichende Behandlung der gesellschaftspolitischen Ursachen auf gut zehn Seiten kursorisch abgehandelt, wohl weil die Reihe dazu keinen eigenen Band vorsieht. [...]

[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-3-163[/url]

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Wettig, Gerhard: Stalin and the Cold War in Europe. The Emergence and Development of East-West Conflict, 1939-1953. Lanham u.a.: Rowman & Littlefield 2008. ISBN 978-0-742-55542-6; geb.; 294 S.; EUR 60,99.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Claudia Weber, Historisches Seminar, Hamburger Institut für Sozialforschung
E-Mail: [mailto]claudia.weber@his-online.de[/mailto]

Stalin kontrollierte alles. Dies ist das klare Fazit, mit dem der renommierte Osteuropaspezialist Gerhard Wettig sein neues Buch abschließt (S. 241). Für die Stalinismusforschung, die sich in den 1990er-Jahren mit Hilfe der geöffneten Archive des Revisionsmus entledigte, ist dieser Befund bekannt. Seit den 1930er-Jahren waren politische Entscheidungen in der Sowjetunion allein vom Willen Stalins abhängig, der seine Gefolgschaften zu Claqueuren und Handlangern des Terrors degradierte. Gerhard Wettig, der lange Jahre Leiter des Forschungsbereichs Außen- und Sicherheitspolitik am Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien in Köln war, hat diese Beobachtung nun auf die Zeit der Entstehung und Entwicklung des Ost-West-Konflikts von 1939 bis 1953 übertragen. Damit knüpft er an zwei Forschungstendenzen an: Zeitlich bewegt sich die Stalinismusforschung nach der intensiven Beschäftigung mit dem Großen Terror derzeit in Richtung Spätstalinismus und Kalter Krieg. Inhaltlich steht dabei häufig die Frage nach den außenpolitischen Konsequenzen stalinistischer Handlungslogik nach 1945 im Mittelpunkt. [...]

[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-3-173[/url]

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Crampton, Richard J.: Bulgaria (= Oxford History of Modern Europe). Oxford: Oxford University Press 2007. ISBN 978-0-19-820514-2; XXI, 507 S.; $ 65.00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Ulf Brunnbauer, Universität Regensburg

Nach A Short History of Modern Bulgaria (1987) und A Concise History of Bulgaria (1987) hat der Oxforder Historiker Richard Crampton, einer der besten Kenner der Geschichte Bulgariens, erneut eine Nationalgeschichte Bulgariens vorgelegt. Gemäß der Konzeption der Reihe Oxford History of Modern Europe, in der das Buch erschienen ist, konzentriert sich Crampton auf die Geschichte des modernen Bulgariens, das heißt den 1878 etablierten Nationalstaat sowie seine unmittelbare Vorgeschichte. Die Darstellung reicht bis an den Vorabend des EU-Beitrittes Bulgariens im Jahr 2007. Die Motivation seines Buches erklärt Crampton mit der Tatsache, dass "in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Bulgarien in Großbritannien das wahrscheinlich am wenigsten bekannte osteuropäische Land gewesen ist" (S. 2). Das Buch richtet sich also vornehmlich an den (britischen) Leser, der von Bulgariens Geschichte wenig bis gar keine Ahnung hat; da aber ähnliches für das Publikum in anderen westeuropäischen Staaten behauptet werden kann, stellt Cramptons "Bulgaria" eine willkommene Ergänzung des nach wie vor geringen historischen Schrifttums über Bulgarien in westlichen Sprachen dar. [...]

[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-3-195[/url]

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Karl, Lars (Hrsg.): Leinwand zwischen Tauwetter und Frost. Der osteuropäische Spiel- und Dokumentarfilm im Kalten Krieg. Berlin: Metropol Verlag 2007. ISBN 978-3-938-69054-3; brosch.; 320 S.; EUR 19,00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Eva Binder, Universität Innsbruck
E-Mail: [mailto]eva.binder@uibk.ac.at[/mailto]

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts avancierte der Film nicht nur zu einem allgemein anerkannten gesellschaftlichen Leitmedium, sondern konnte sich endgültig auch als künstlerisch-kreative Ausdrucksform behaupten. Die stete Verbesserung der technischen Bedingungen im Produktionsbereich, die Ausweitung der Rezeption durch das Fernsehen und eine schnell fortschreitende Ausdifferenzierung der Genres bedingten sich dabei gegenseitig. Diese Grundtendenzen gelten für das Kino in der Zeit des Kalten Krieges im Westen wie im Osten gleichermaßen und machen es zu einem interessanten und komplexen Untersuchungsgegenstand nicht nur in Bezug auf filmästhetische Fragestellungen, sondern auch als Medium, das wichtige Hinweise für gesellschaftliche und politische Orientierungen liefert, die sich im internationalen Wettbewerb der Systeme herausbildeten. [...]

[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-3-060[/url]