Widerstand im Alltag

Ann: a Workshop in Berlin, 5 November

Workshop in Berlin, 5 November

Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Abteilung Bildung und Forschung (BF 1.1), Berlin 05.11.2008-05.11.2008, Landesvertretung Thüringens beim Bund

Trotz der hohen Anzahl der zur Geschichte von Opposition und Widerstand erschienen Arbeiten müssen einzelne Bereiche des Forschungsgegenstandes nach wie vor als ungenügend analysiert gelten. Dies gilt zum einen für die "langen", zunächst weniger spektakulär erscheinenden Jahrzehnte der DDR, die sechziger und siebziger Jahre, die im Vergleich zur Frühphase - den fünfziger - und dann den achtziger Jahren weniger gut erforscht sind. Zum anderen konzentrieren sich viele Arbeiten auf den eher spektakulären Widerstand, der sich sowohl an großen Ereignissen wie dem 17. Juni 1953 oder 1989 als auch an bekannten Persönlichkeiten festmachen lässt. Weniger Berücksichtigung fand hingegen der Widerstand im Alltag, der unter anderem von den zumeist "einfachen" Leuten ausging, einschließlich der Aktionen, bei denen die "Täter" nicht ermittelt werden konnten.

Mit unserem Forschungsprojekt "Widerstand im Alltag - Alltag des Widerstandes" wenden wir uns diesen bislang eher vernachlässigten Aspekten zu. Ziel des Projektes ist es jedoch nicht nur, nach bislang unberücksichtigten widerständigen Verhaltensweisen und unbekannten Widerstandshandlungen zu suchen. Auf einer breiten empirischen Grundlage basierend sollen vielmehr die verschiedenen Widerstandsformen aufgearbeitet sowie die Motivationen, Ziele und Handlungszusammenhänge ergründet und erörtert werden. Nach Möglichkeit sind mittels eines begründbaren Zuordnungssystems zu typologisieren. Beschritten wird hier somit der umgekehrte Weg: während die zum Teil emotional geführte Diskussion um sinnvolle Zuordnungskriterien zur begrifflichen Eingrenzung von Opposition und Widerstand in der Vergangenheit häufig der Analyse voran gestellt wurde, soll hier zunächst an einer empirischen Verdichtung des Untersuchungsgegenstandes gearbeitet werden.
Ermöglicht wird dies durch eine dynamische Verkoppelung beider Begriffe, die auf der Grundlage abgestufter Eskalationsstufen, unterscheidbarer Äußerungsformen u.a.m. die hier interessierenden Handlungen insgesamt unter der Bezeichnung widerständisch subsumiert.

Im Zentrum stehen zwei Fragestellungen, die im Titel bereits erkennbar sind: Welche Formen alltäglichen Widerstandes gab es in der DDR-Geschichte, welchen Wandlungen waren sie unterworfen, wie hat der Staat, vor allem das MfS, darauf reagiert, welche unterschiedlichen Motivationen sind feststellbar? Aber es soll auch darum gehen - der zweite Problemkreis - zu fragen, wie der Alltag von jenen Personen aussah, die sich bewusst für Widerstand und Opposition entschieden haben. Dabei geht es nicht nur um konkrete Verfolgungsmaßnahmen durch das MfS, sondern auch um die Frage, wie das soziale Beziehungsgeflecht zwischen Oppositionellen und zwischen Oppositionellen und Nicht-Oppositionellen beschaffen war. In diesen Fragekomplex gehört auch die Analyse oppositioneller Ziele und Vorstellungen und deren Wandlungen, wobei Wandlung sich sowohl aufs Subjekt (Einzelperson oder Gruppe) als auch auf die zeitliche Entwicklung von Opposition unabhängig von einem konkreten Subjekt bezieht.

Der von der BStU veranstalteten Workshop "Widerstand im Alltag - Alltag des Widerstandes" soll die Möglichkeit offerieren, dieses Konzept mit anderen vorhandenen Erklärungsmodelle in Beziehung zu setzen und zu diskutieren und nach geeigneten Lösungsoptionen zu methodischen Verortungen des Untersuchungsgegenstandes zu suchen. Zugleich sollen die Tagungsbeiträge, die durchweg aktuellen Forschungen entstammen, Einblicke in verschiedene Zugangsmöglichkeiten vermitteln und die Teilnehmer mit neuen, innovativen Arbeiten zur Widerstandsgeschichte vertraut gemacht werden. Dabei geht es uns auch darum, unser Projekt mit anderen laufenden Forschungsprojekten zu vernetzen.

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