CfP: Arbeit in der Krise – Travail en crise

Call for papers, deadline 1 June 2021 (in German and French)

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Auch wenn noch nicht abzusehen ist, wann die Corona-Krise überwunden sein wird, steht schon heute fest, dass die durch sie hervorgerufenen Veränderungen auf lange Sicht unsere Leben weiter bestimmen und beeinflussen werden: Die drastischen Auswirkungen der globalen Pandemie auf unsere Mobilität im privaten wie beruflichen Bereich haben auch direkte Folgen auf unsere Arbeits- und Lebensvorstellungen sowie -organisation. Auf diese Weise scheint das Coronavirus die bereits seit langem zu beobachtende Transformation der Arbeit, insbesondere im Blick auf ihre zunehmenden Entgrenzungstendenzen, noch verstärkt und beschleunigt zu haben. Über Nacht ist für einen erheblichen Teil der so genannten arbeitenden Bevölkerung die eigene Wohnung zum Ort der Arbeit geworden, was die räumlichen und zeitlichen Grenzen zwischen Arbeit und Privatsphäre weiter verwischt.

Begleitet wurden die Entwicklung mit den Folgen der Schließung von Schulen, wobei von der hiermit verbundenen Zunahme von Erziehungs- und Betreuungsaufgaben Frauen deutlich intensiver betroffen waren als Männer: Ihre klassische „Doppelbelastung“ verschärfte sich mitunter drastisch, nicht zuletzt, weil insgesamt ein Rückfall in alte Rollenklischees zu beobachten ist. Aber auch die sozialen Gräben in der Pandemie wurden tiefer: Arbeiter:innen und Manager:innen waren nicht in gleicher Weise den enormen Zwängen der Ausnahmesituation unterworfen, die eine völlige Neuorganisation des täglichen Lebens erforderte. In großen Wohnungen mit stabilen Internetverbindungen und einer ausreichenden Anzahl von Endgeräten ließ sich die Verbindung zwischen Homeoffice und Homeschooling besser organisieren als für Großfamilien in sozialen Brennpunkten, die ohnehin stärker von der Pandemie betroffen waren und sind, als in reichen Kommunen. Während in manchen Familien die Krise im Blick auf das intensive Zusammensein mitunter auch positive Effekte zeitigt, ist in vielen anderen eine deutliche Zunahme häuslicher Gewalt zu beobachten. Zudem ist zu konstatieren, dass die Telearbeit z.B. in Frankreich zwar für 38 % der Frauen gegenüber 28 % der Männer eingeführt wurde, aber nur für 15 % der am schlechtesten bezahlten Arbeitnehmer gegenüber 48 % derjenigen, deren Gehälter über dem Durchschnitt liegen.

Parallel zur zunehmenden Aufhebung der räumlichen und zeitlichen Grenzen der Arbeit trat durch den Lock-down und die damit einhergehenden Mobilitätsbeschränkungen umgekehrt aber auch die Unverzichtbarkeit der Arbeit bestimmter Personen deutlicher zum Vorschein. Die Pandemie zeigte, dass unsere Gesellschaften eine Zeit lang durchaus ohne Banker, Werbefachleute oder Manager auskommen können; Menschen, die in der Pflege, im Handels- und Dienstleistungssektor (mehrheitlich Frauen), in der Logistik und der Abfallentsorgung (mehrheitlich Männer) tätig sind, aber absolut „systemrelevant“ sind. Indes: Wenngleich die Krise einmal mehr die Fragwürdigkeit eines Systems, das auf der Ausbeutung bestimmter Menschengruppen beruht, deutlich gemacht hat und die Einführung der Kategorie der „systemrelevanten Arbeit“ in den offiziellen Diskus als durchaus bemerkenswert zu bezeichnen ist, bleibt zu fragen (und zu bezweifeln), ob diese längst überfällige Erkenntnis tatsächlich auch nachhaltige Konsequenzen, d.h. eine ökonomische und damit verbunden auch symbolische Auswertung dieser Tätigkeitfelder zufolge haben wird.

Empörung gab es sowohl in Frankreich als auch Deutschland darüber, dass die Arbeit von Kulturschaffenden als nicht systemrelevant eingestuft wurde. Die Schließung von Theatern, Konzertsälen und Museen, haben zum Teil nachhaltige Folgen auf die Künstler:innen, die ihren Beruf nicht mehr, oder nicht in der gewohnten Weise ausüben können: Virtuelle oder hybride Formate stellen neue Herausforderungen an die Arbeitsorganisation und verändern Berufsfelder; Hygienekonzepte, die das Einhalten von Abstandregeln bei Aufführungen fordern, hinterlassen auch tiefgreifende Spuren in den Praktiken der Schauspieler:innen oder Sänger:innen; viele Kulturschaffenden sehen sich zu einer beruflichen Neuorientierung gezwungen. Hinzu kommt aber auch, dass aufgrund der langen Schließung von Musik- und Kunstschulen langfristig ein dramatischer Rückgang des künstlerischen Nachwuchses erwartet wird.

Angesichts dieser Beobachtungen stellt sich die Frage, ob, und, wenn ja, in welchen Bereichen die mit der Pandemie verbundenen Entwicklungen tatsächlich einen Bruch provoziert oder lediglich die bestehenden sozialen, geschlechtsspezifischen und räumlichen Ungleichheiten noch verschärft bzw. bereits existierenden Tendenzen intensiviert haben. Mit der Publikation „Arbeit in der Krise“ möchten wir diesen Fragen in interdisziplinärer deutsch-französischer sowie europäischer Perspektive nachgehen. Neben der Untersuchung der Umstrukturierung der Grenzen zwischen den Bereichen Arbeit und Privatsphäre unter Berücksichtigung der Kontinuitäten und Brüche in den letzten Jahrzehnten, sollen die zu beobachtenden Umwälzungen aber auch hinsichtlich ihrer Darstellung und Repräsentation in der Literatur, im Film, der Graphic Novel, im Theater, der Malerei oder den Medien untersucht werden.

Wir bitten Interessierte – gerne auch Nachwuchswissenschaftler:innen – uns bis zum 1. Juni das Exposé (ca. 1000 Zeichen) für einen Beitrag auf Deutsch oder Französisch sowie einen Kurz-CV zu schicken. Nach Prüfung erfolgt Mitte Juni die Zu- oder Absage. Ende September wird ein Online-Workshop Gelegenheit bieten, die Beiträge zu diskutieren; der Text muss der Redaktion am 1. November in seiner Endversion vorliegen. Der Beitragsumfang ist auf 45 000 Zeichen (inklusive Fußnoten und Leerzeichen) begrenzt.

 

Prof. Dr. Nicole Colin, Aix Marseille Université
Nicole.colin-umlauf@univ-amu.fr
Dr. Catherine Teissier, Aix Marseille Université
Catherine.teissier@univ-amu.fr

 

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Alors qu’il nous est encore impossible de savoir à quel moment nous aurons surmonté la crise du COVID-19, il est déjà certain que les changements qu’elle a induits dans nos existences vont encore longtemps déterminer et influencer celles-ci. Les effets massifs de la pandémie sur notre mobilité, dans notre vie privée comme professionnelle, ont également des conséquences directes sur la manière dont nous concevons notre vie, notre travail, et comment nous les organisons. Il semble ainsi que le coronavirus ait joué un rôle de révélateur – voire d’accélérateur – des métamorphoses du travail, en réalité en cours depuis longtemps, et de sa place dans nos vies. Du jour au lendemain, pour une part non négligeable de la population dite active, la maison est devenue également le lieu où s’exerce l’activité professionnelle, le télétravail brouillant les limites spatiales, mais aussi temporelles, entre travail et vie privée.
Simultanément, en raison de la fermeture des écoles, les tâches éducatives se sont ajoutées, lorsque des enfants faisaient partie du foyer, aux heures de télétravail et aux activités domestiques habituelles. Ces contraintes ont pesé beaucoup plus lourdement sur les femmes, dont la « double journée » s’est accrue d’autant, et la division genrée des tâches s’est également accentuée. Mais la pandémie a également augmenté la fracture sociale : ouvriers/ouvrières et cadres n’ont pas été soumis.e.s de la même manière aux énormes contraintes dues à cette situation exceptionnelle exigeant une réorganisation complète du quotidien. L’organisation de l’école à la maison et du télétravail a été bien plus aisée dans de spacieux appartements bénéficiant d’une bonne connexion internet et de plusieurs postes de travail que dans des familles nombreuses résidant dans des quartiers difficiles, par ailleurs bien plus touchés par la pandémie que les communes plus favorisées. Alors que la cohabitation plus étroite au sein de la famille, induite par la crise sanitaire, a quelquefois pu avoir des effets positifs dans certains ménages, pour d’autres elle a eu pour conséquence une véritable explosion des violences intrafamiliales, peut-être elles aussi liée à une plus grande difficulté à concilier travail et vie privée dans ces conditions extrêmes. Quant au télétravail, s’il a concerné en France 38% des femmes contre 28% des hommes, il n’a pu être mis en place que pour 15% des salariés les moins bien payés contre 48% de ceux dont les salaires sont supérieurs à la médiane.

Mais parallèlement à ce brouillage des limites spatiales et temporelles du travail, le confinement, puis les différentes mesures de restriction de circulation et d’activité, ont également mis en évidence le caractère indispensable du travail de certain.e.s, faisant émerger la catégorie de travailleur/travailleuse « essentiel.le ». Il est brutalement devenu évident que nos sociétés pouvaient (du moins pendant un certain temps) se passer de banquiers, de publicitaires ou de managers, mais beaucoup plus difficilement de personnes travaillant dans les métiers du soin, de la distribution et des services à la personnes (majoritairement des femmes) ou de la logistique et de l’élimination des déchets (majoritairement des hommes). Mais là aussi, si la crise a rendu plus criante le caractère discutable d’un système fondé sur l’exploitation de certains groupes humains, et si l’introduction dans le discours officiel de la catégorie de « travailleur/travailleuse essentiel.le » est remarquable, il reste à savoir si cette découverte bien tardive aura réellement des effets durables, c’est-à-dire une reconnaissance économique (et également symbolique) de ces métiers et catégories socio-professionnelles.

Dans de nombreux pays enfin, on s'est indigné du fait que le secteur culturel dans son ensemble ait été classé comme « non essentiel ». La fermeture des théâtres, des salles de concert et des musées a, dans certains cas, eu des conséquences durables pour les artistes, qui ne peuvent plus exercer leur profession, ou pas de la manière dont ils y sont habitués : Les formats virtuels ou hybrides posent de nouveaux défis à l'organisation du travail et modifient les champs professionnels ; les contraintes sanitaires, qui imposent le respect de règles de distance lors des représentations, laissent également des traces profondes dans les pratiques des acteurs/actrices ou des chanteurs/chanteuses ; de nombreuses personnes travaillant dans le secteur culturel se voient contraintes à une réorientation professionnelle. En outre, en raison de la fermeture prolongée des écoles de musique et d'art, on s'attend à long terme à une baisse spectaculaire du nombre de jeunes artistes.

Partant de ces remarques, on peut donc se demander dans quelle mesure les évolutions observées sont en rupture avec la situation précédente, ou si la pandémie n’a fait qu’exacerber des inégalités socioprofessionnelles, de genre, spatiales, qui préexistaient et intensifier des tendances déjà à l’œuvre dans nos sociétés. Dans "Travail en crise", nous nous proposons d’explorer ces questions dans une perspective interdisciplinaire.
Nous souhaitons encourager les chercheur.e.s de toute discipline à se saisir de la question des métamorphoses du travail et de la reconfiguration de ses limites en France, en Allemagne et en Europe : comment les frontières entre travail et vie privée ont évoluées et se sont déplacées, quelles ruptures et continuités ont marqué la redéfinition de ces domaines durant les dernières décennies. Ces bouleversements pourront également être étudiés à travers leur représentation en littérature, au cinéma, dans la bande dessinée, mais aussi au théâtre, dans la peinture et dans les médias.
Merci de bien vouloir nous adresser un court résumé de votre proposition (environ 1000 signes) en français ou en allemand ainsi qu’une brève bio-bibliographie d’ici le 1er juin 2021. Les contributions de jeunes chercheurs et chercheuses sont encouragées. Le comité scientifique adressera ses réponses à la mi-juin. Les contributions seront discutées lors d’un Workshop en ligne fin septembre 2021. Les textes définitifs (45.000 signes incluant espaces et notes) devront nous parvenir au 1er novembre.

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