Liebe Vereinsmitglieder, Freundinnen und Freunde des Schweizerischen Sozialarchivs
Seit der Einführung der Volksinitiative als politisches Werkzeug im Jahr 1891 wurden insgesamt fast 500 Volksinitiativen gestartet, zur Abstimmung kamen etwas weniger als die Hälfte davon. (Quelle: Wikipedia). Die Volksinitiative ist mittlerweile untrennbar mit dem direktdemokratischen System der Schweiz verbunden. Im aktuellen Leitartikel begibt sich Christian Koller auf die Spur dieses politischen Instrumentes. Anhand der reichhaltigen Bestände des Sozialarchivs zeichnet er die Entstehungsgeschichte der Volksinitiative nach und zeigt auf, wie diese die Schweizer Demokratie vor über 100 Jahren dynamisiert und seitdem geprägt hat.
Im neuesten Teil unserer Tipps und Tricks Reihe zur Handhabung des neuen Recherchekatalogs zeigen wir Ihnen dieses Mal wie die unterschiedlichen Views (Suchoberflächen) von swisscovery funktionieren und wie Sie dadurch ihre Recherchen anpassen können.
Wie üblich informieren wir auch über anstehende Veranstaltungen, zeigen die aktuellen Neuzugänge aus den verschiedenen Abteilungen, sowie unsere beliebten Zuwachslisten für die Monate Dezember 2021 und Januar 2022.
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Vassil Vassilev, Leiter Benutzung
Vor 130 Jahren: Die Volksinitiative dynamisiert die Schweizer Demokratie
Im abgelaufenen Jahr 2021 sind gleich zwei eidgenössische Volksinitiativen von Volk und Ständen gutgeheissen worden: die Burkainitiative im März und die Pflegeinitiative im November. In der 130-jährigen Geschichte der Volksinitiative ist dies ein Novum. Seit seiner Einführung im Jahre 1891 hat das Instrument der Volksinitiative die Bundespolitik indessen stark geprägt – nicht nur direkt durch die relativ wenigen erfolgreichen Volksbegehren, sondern vor allem auch indirekt als ein Instrument, um neue Themen auf die politische Agenda zu setzen, Regierung, Parlament und Verwaltung zum Handeln in eine bestimmte Richtung zu veranlassen und politische Gefolgschaft zu mobilisieren.
Die wichtige Rolle der Volksinitiative im politischen System der Schweiz widerspiegelt sich eindrücklich in den Beständen des Schweizerischen Sozialarchivs. Praktisch sämtliche Körperschaftsarchive national tätiger Parteien, Verbände und Bewegungen enthalten auch Unterlagen zu selber lancierten, unterstützten oder bekämpften eidgenössischen Volksinitiativen. Einige Organisationen, deren Akten im Sozialarchiv lagern, sind gar direkt im Zusammenhang mit der Lancierung einer Volksinitiative entstanden und haben sich über die Abstimmung hinaus verstetigt. Dazu zählen die Schweizerische Republikanische Bewegung von James Schwarzenbach, die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA), der Verein umverkehR und der Verein Alpen-Initiative. In der Sachdokumentation des Sozialarchivs findet sich in den entsprechenden Themendossiers umfangreiches Material (analoge und digitale Kleinschriften, Flugblätter, Zeitungsartikel) zu den meisten Volksinitiativen, die zur Abstimmung gelangten. Das audiovisuelle Archiv enthält zahlreiche Poster, Flyer und Objekte aus Abstimmungskämpfen über Volksinitiativen, in einigen Fällen zusätzlich auch Fotos politischer Aktionen in diesem Zusammenhang.
Karl Bürkli propagiert 1869 namens der Zürcher Sektion der Ersten Internationale den Ausbau der Volksrechte (SozArch KS 34/36-Z1)
Aufgrund dieser umfangreichen und einmaligen Sammlungen ist das Sozialarchiv letztes Jahr eine Kooperation mit «Swissvotes» eingegangen. «Swissvotes» ist eine Dienstleistung von «Année Politique Suisse» am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern und betreibt unter anderem eine Online-Plattform mit Informationen und Dokumenten zu sämtlichen eidgenössischen Volksabstimmungen seit 1848 (swissvotes.ch). Zahlreiche Abstimmungsporträts wurden in den letzten Monaten mit Plakaten aus dem Sozialarchiv angereichert. Entstehung der Volksinitiative auf Bundesebene
Die moderne Volksinitiative ist im internationalen Vergleich in der Schweiz bei Weitem am bedeutsamsten, verfassungsgeschichtlich geht sie aber auf die erste republikanische Verfassung Frankreichs von 1793 zurück. Diese sah vor, dass eine bestimmte Anzahl von Wähler-Urversammlungen eine Verfassungsrevision einleiten konnte. Aufgrund der Kurzlebigkeit der revolutionären Verfassung von 1793 blieb dies toter Buchstabe. Schon die nächste französische Verfassung von 1795 sah dieses Volksrecht nicht mehr vor. Diese sogenannte Direktorialverfassung diente dann 1798 auch als Vorbild der ersten Verfassung der Helvetischen Republik, die ebenfalls ein rein repräsentatives System festsetzte. Es waren in der Schweiz, die bereits vormoderne Formen der direkten Demokratie (Landsgemeinden, Gemeindeversammlungen, Petitionen) gekannt hatte, dann einzelne Kantone (Aargau, Basel-Landschaft, Thurgau, Schaffhausen, Luzern, St. Gallen), die in den 1830er Jahren während der Ära der Regeneration verschiedene Formen der Volksinitiative schufen. In der Regel wurde dabei nicht ausdrücklich zwischen Teil- und Totalrevision der Verfassung unterschieden, die entsprechenden Verfassungsartikel bezogen sich aber hauptsächlich auf Totalrevisionen. 1845 führte der Kanton Waadt jedoch explizit auch die Möglichkeit der themenbezogenen Volksinitiative ein.
Es waren dabei unterschiedliche politische Kräfte, die sich für einen Ausbau der Volksrechte stark machten. Die ab 1830 in zahlreichen Kantonen an die Macht gelangenden Liberalen favorisierten überwiegend ein repräsentatives System, sahen sich aber mit direktdemokratischen Forderungen oppositioneller Kräfte von links und rechts konfrontiert. Diese reichten von populistischen Konservativen über Vorläufer der Demokratischen Bewegungen der 1860er Jahre bis hin zu Frühsozialisten wie dem Zürcher Karl Bürkli. Die radikal-liberal geprägte Bundesverfassung von 1848 sah lediglich die Volksinitiative für eine Totalrevision vor, für die 50'000 Unterschriften nötig war. Zwei entsprechende Anläufe scheiterten 1851 und 1865/66 bereits in der Phase der Unterschriftensammlung. Darüber hinaus unterlagen Verfassungsrevisionen dem obligatorischen Referendum.
Die Volksinitiative als Gegenstand einer juristischen Doktorarbeit von 1889 (SozArch KS 34/37)
In den 1860er Jahren führten die Demokratischen Bewegungen in verschiedenen Kantonen die Volksinitiative für Teilrevisionen der Kantonsverfassung, die Gesetzesinitiative und weitere direktdemokratische Instrumente ein (1863 Basel-Landschaft, 1869 Zürich, Thurgau und Solothurn) (s. Newsletter 1/2019). Auf Bundesebene war der Weg zur Volksinitiative länger. 1872 scheiterte ein stark von der Demokratischen Bewegung geprägter Verfassungsentwurf, der die Einführung der Volksinitiative für Teilrevisionen der Verfassung wie auch der Gesetzesinitiative vorgesehen hätte, in der Volksabstimmung knapp. Die zwei Jahre darauf vom Souverän gutgeheissene revidierte Verfassung führte zwar das fakultative Gesetzesreferendum ein, beliess es bei den Initiativmöglichkeiten aber beim Stand von 1848. Als 1880 dennoch eine Volksinitiative für ein Banknotenmonopol eingereicht wurde, interpretierten die eidgenössischen Räte diese als Begehren für eine Totalrevision der Verfassung und brachten sie vors Volk, wo sie deutlich scheiterte.
Erfolglose Zürcher Standesinitiative von 1904 für die Einführung der Gesetzesinitiative auf Bundesebene (SozArch KS 34/36-Z2)
Doktorarbeit von 1906 über die Frage der Gesetzesinitiative (SozArch KS 34/36)
Ende der 1880er Jahre setzte sich der Grütliverein als mitgliederstärkste Organisation der Arbeiterbewegung für die Einführung der Volksinitiative ein. Bereits 1884 hatten zudem der nachmalige Bundesrat Josef Zemp und zwei weitere Politiker der Katholisch-Konservativen eine Motion zur Einführung der Volksinitiative eingereicht. Die Katholischen Konservativen, die zu jenem Zeitpunkt noch nicht in der Regierung vertreten waren, hatten zunächst die Erweiterung der Volksrechte auf Bundesebene bekämpft, dann aber das fakultative Referendum als effektives Oppositionsinstrument zu nutzen gelernt. Kritisch gegenüber der Volksinitiative eingestellt waren Teile des dominanten Freisinns und der ihm nahestehenden Presse, insbesondere die «Neue Zürcher Zeitung».
Unterschriftenbogen der Initiative "Recht auf Arbeit" der frühen 1890er Jahre (SozArch KS 331/272)
Die Motion Zemp mündete 1891 in eine Revision der Verfassungsbestimmungen zur Volksinitiative. Diese sahen nun neben dem Begehren auf Totalrevision der Verfassung auch die Volksinitiative zur Teilrevision in Form einer allgemeinen Anregung (wozu nur ein Volksmehr nötig war) oder eines ausgearbeiteten Entwurfs (wozu Volks- und Ständemehr nötig waren) vor. Eine Volksinitiative erforderte für ihr Zustandekommen weiterhin 50'000 Unterschriften, was 1891 7,6 Prozent der Stimmberechtigten entsprach. Stellten die eidgenössischen Räte einer Volksinitiative einen direkten Gegenvorschlag gegenüber, sollte es in der Volksabstimmung nicht möglich sein, beiden Vorlagen zuzustimmen. Am 5. Juli 1891 nahm das Stimmvolk den neuen Verfassungsartikel mit 60,3 Prozent an. Weiterhin nicht vorgesehen war die Gesetzesinitiative. Verschiedene Anläufe zu ihrer Einführung (Standesinitiativen der Kantone Solothurn und Zürich von 1904, Motionen von 1918 und 1930, Volksinitiative von 1958, parlamentarische Initiative von 1986) scheiterten. 2003 wurde dann die allgemeine Volksinitiative eingeführt, die in Form einer allgemeinen Anregung die Annahme, Änderung oder Aufhebung von Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen verlangen konnte, aber bereits 2009 wieder abgeschafft wurde. Volksinitiativen in der Frühphase
Bereits 1892 wurde die erste Volksinitiative für eine Teilrevision der Bundesverfassung eingereicht. Dabei handelte es sich um das Begehren «für ein Verbot des Schlachtens ohne vorherige Betäubung». Das von Tierschutzvereinen der Kantone Aargau und Bern lancierte Begehren stand mit seiner Forderung nach einem Verbot des rituellen jüdischen Schächtens im Spannungsfeld zwischen Tierschutz und Religionsfreiheit und bestätigte gewisse Befürchtungen der Gegner des neuen Volksrechts. Der Bundesrat verzichtete auf eine Stellungnahme, im Parlament beschloss der Nationalrat relativ knapp, der Ständerat einstimmig die Nein-Empfehlung. Ein Gegenvorschlag in Gestalt eines allgemeinen, nicht-diskriminatorischen Tierschutzartikels kam aber nicht zustande. Die grossen Parteien lehnten die Initiative ab, wobei die Katholisch-Konservativen nach der eigenen Erfahrung des Kulturkampfes besonders darauf bedacht waren, religiöse Grundfreiheiten nicht in Frage zu stellen. Die befürwortenden Tierschutzorganisationen betonten, ihnen liege jegliche Diskriminierung der jüdischen Minderheit fern, im Verlauf des Abstimmungskampfs mischten sich aber dennoch auch antisemitische Stimmen in die Debatte. Sie lagen in einem internationalen Trend, erlebten doch vor dem Hintergrund der langanhaltenden wirtschaftlichen «Gründerkrise» ab 1873 antisemitische Verschwörungstheorien einen Hype und entstanden etwa in Deutschland, Frankreich und Österreich verschiedene neue Parteien und Organisationen, die den Antisemitismus zum politischen Programm erhoben.
Am 20. August 1893 wurde die Initiative «für ein Verbot des Schlachtens ohne vorherige Betäubung» von 60,1 Prozent der Stimmenden und 11,5 Ständen angenommen. Dabei zeigten die grossen kantonalen Unterschiede in Stimmbeteiligung und Ergebnis die Komplexität der Vorlage: Am deutlichsten angenommen wurde die Initiative mit über 90 Prozent im Kanton Aargau, wo bis 1874 die Gemeinden Lengnau und Endingen die einzigen Ortschaften der Schweiz waren, in denen sich Jüdinnen und Juden niederlassen durften. Deutliche Ja-Mehrheiten gab es auch in den meisten reformierten Kantonen der Deutschschweiz. In der Mehrheit der katholischen Kantone der Zentralschweiz resultierten knappe Ja-Mehrheiten. Hier lag die Stimmbeteiligung teilweise über 25 Prozent unter dem nationalen Durchschnitt. Grosse Teile der katholisch-konservativen Basis mochten offenbar der verwerfenden Parteiparole nicht folgen und blieben zu Hause. Deutliche Nein-Mehrheiten von über 75 Prozent resultierten in den Kantonen der lateinischen Schweiz, unabhängig von ihren konfessionellen Verhältnissen. Hier waren sowohl die Tierschutzorganisationen als auch der Einfluss des deutschsprachigen Antisemitismus schwächer als in der Deutschschweiz. Am massivsten lehnte der Kanton Wallis mit fast 97 Prozent Nein ab.
Ablehnungsbeschluss der eidgenössischen Räte zur Initiative "Rechts auf Arbeit" von 1894 (SozArch KS 331/272)
Abstimmungsplakat zur Initiative "Recht auf Arbeit" von 1894 (SozArch F Pe-0325)
Weniger Erfolg war weiteren frühen Volksinitiativen beschieden. So scheiterten die Initiativen «Gewährleistung des Rechts auf Arbeit» und «Abgabe eines Teils der Zolleinnahmen an die Kantone» 1894 beide deutlich in der Volksabstimmung. Die etwa zur gleichen Zeit lancierte Initiative «für unentgeltliche Krankenpflege und ein Tabakmonopol» kam nicht zustande. Nach der Jahrhundertwende befasste sich eine Reihe von Volksinitiativen mit dem Wahlmodus des Nationalrats: 1903 lehnten die Stimmberechtigten die Initiative «für die Wahl des Nationalrates aufgrund der Schweizer Wohnbevölkerung» ab. Gar drei Volksinitiativen forderten den Übergang vom Mehrheits- zum Verhältniswahlrecht. Die erste scheiterte 1900 in der Volksabstimmung zusammen mit einer Schwesterinitiative für die Volkswahl des Bundesrates und die Vermehrung von dessen Mitgliederzahl. Auch die zweite Proporzinitiative blieb 1910 erfolglos, schaffte aber immerhin das Ständemehr und erreichte über 47 Prozent Zustimmung. Bereits 1913 wurde eine weitere Proporzinitiative eingereicht, die aber erst im Oktober 1918 vors Volk kam und mit einer Zweidrittelmehrheit angenommen wurde (s. Newsletter 5/2019). Diese Vorlage, die gravierende Veränderungen der Mehrheitsverhältnisse im Nationalrat nach sich zog, war erst die dritte erfolgreiche Volksinitiative. Nach der Annahme des Schächtverbots hatte der Souverän 1908 die Initiative «für ein Absinthverbot» deutlich gutgeheissen.
Abstimmungskampf zur Initiative für ein Absinthverbot von 1908 (SozArch KS 178/13-Z1) Bedeutung und Wirksamkeit von Volksinitiativen
In den folgenden Jahrzehnten nahmen die Zahlen der lancierten und zustande gekommenen Volksinitiativen tendenziell zu: Bis in die Gegenwart wurden 489 Volksinitiativen lanciert, von denen 347 zustande kamen. Auf den ersten Blick gering blieb die Erfolgsquote: Nach den drei genannten Initiativen der Frühzeit fanden im 20. Jahrhundert lediglich die folgenden Vorlagen die doppelte Gnade von Volk und Ständen: Spielbankenverbot (1920), Staatsvertragsreferendum (1921), Erhaltung der Kursäle (1928), Rückkehr zur direkten Demokratie (1949), Preisüberwachung (1982), Schutz der Moore (1987), Atomkraftwerkbau-Moratorium (1990), arbeitsfreier Bundesfeiertag (1993) und Schutz der Alpen (1994). Zu intensiven innenpolitischen Debatten führten aber auch manche Initiativen, die abgelehnt wurden, beispielsweise die Kriseninitiative und die Fronteninitiative von 1935 (s. SozialarchivInfo 5/2020), die Schwarzenbach-Initiative von 1970 (s. SozialarchivInfo 2/2020) oder die Armeeabschaffungsinitiative von 1989 (s. SozialarchivInfo 5/2019). Nach der Jahrtausendwende nahm die Zahl erfolgreicher Volksbegehren tendenziell zu. Bis dato haben Volk und Stände im 21. Jahrhundert folgende Initiativen angenommen: UNO-Beitritt (2002), Lebenslange Verwahrung von Straftätern (2004), Gentechanbau-Moratorium (2005), Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten an Kindern (2008), Minarett-Verbot (2009), Ausschaffungsinitiative (2010), Zweitwohnungsinitiative (2012), Abzockerinitiative (2013), Masseneinwanderungsinitiative (2014), Verhüllungsverbot (2021) und Pflegeinitiative (2021). Insgesamt sind damit in 130 Jahren lediglich 24 Volksinitiativen von Volk und Ständen gutgeheissen worden, 11 davon in den letzten zwei Jahrzehnten.
Das jüngste Kapitel der Schweizer Intiativgeschichte: Abstimmung über die Pflegeinitiatve vom 28. November 2021 (SozArch DS 3669 und DS 3653)
Die Wirkung von Volksinitiativen erschöpft sich damit aber nicht. Während die Entwicklung hin zur Konkordanzdemokratie mit Einbindung der wesentlichen politischen Kräfte in die Regierungsverantwortung stärker mit dem Referendum als Verhinderungs- denn mit der Volksinitiative als Antriebsinstrument zusammenhängt, haben zahlreiche Volksinitiativen auf indirektem Weg zu Änderungen der Rechtsordnung geführt. In etwa der Hälfte aller Fälle haben die eidgenössischen Räte den Volksinitiativen direkte oder indirekte Gegenvorschläge entgegengestellt, die in der Regel in eine ähnliche Richtung wie die Initiative, aber weniger weit gingen. Der Umstand, dass bis 1987 das doppelte Ja zu Initiative und direktem Gegenvorschlag in der Volksabstimmung nicht möglich war, trug stark dazu bei, dass fast ein Drittel der zustande gekommenen Initiativen vor der Abstimmung zurückgezogen wurde, um nicht den Gegenvorschlag zu gefährden. Wie die Rechtswissenschafterin Gabriela Rohner gezeigt hat, wurden 47 Prozent der 262 eingereichten Initiativen zwischen 1891 und 2010 entweder angenommen oder führten durch Gegenvorschlag zu einer Änderung der Rechtsordnung. Rohner wertete dabei 13 Prozent der Initiativen als grosse Erfolge bis Vollerfolge der InitiantInnen, 19 Prozent als Teilerfolge und 16 Prozent als kleine Erfolge, während 53 Prozent der Initiativen erfolglos blieben. Darüber hinaus sind Volksinitiativen auch immer wieder ein Mobilisierungsinstrument einzelner politischer Kräfte, dessen Wirksamkeit sich dann etwa auch in Wahlergebnissen niederschlägt. Und manche politische Laufbahn, die in höchste Ämter führte, hat mit dem Unterschriftensammeln für eine Volksinitiative begonnen.
Christian Koller
Material zum Thema im Sozialarchiv (Auswahl):
Sachdokumentation
- KS 32/103 Eidgenössische Abstimmungen
- KS 32/103a:1 Eidgenössische Abstimmungen
- KS 32/103a:2 Eidgenössische Abstimmungen
- KS 34/36 Initiative, Referendum; Petition: Schweiz
- KS 34/37 Initiative, Referendum; Petition: Schweiz
KS 178/13 Alkoholgesetzgebung; Alkoholbesteuerung
- KS 331/272 Recht auf Arbeit vor 1914
- QS 21.3 Initiative, Referendum; Petition; Motion, Postulat
- QS 37.1 Eidgenössische Abstimmungen
- ZA 21.3 *1 Initiative
- ZA 37.0 *1 Abstimmungen & Wahlen: Allg.
- ZA 37.0 *2 Abstimmungen & Wahlen: Stimm- & Wahlbeteiligung
Archiv
- Ar 1.112.4 Sozialdemokratische Partei der Schweiz: Initiative «Recht auf Arbeit»
- Ar 108 Schwarzenbach, James (1911-1994)
- Ar 452 Gruppe für eine Schweiz ohne Armee
- Ar 542 Verein umverkehR
- Ar 610 Verein Alpen-Initiative
Bibliothek
- Auer, Andreas (Hg.): Les origines de la démocratie directe en Suisse. Basel/Frankfurt 1996, 100375
- Auer, Andreas (Hg.): Sans délai et sans limites? L’initiative populaire à la croisée des chemins. Basel etc. 2001, 108165
- Bütikofer-Johanni, Karl: Die Initiative im Kanton Zürich 1869–1969: Entstehung, Funktion und Wirkung. Bern 1982, 73814
- Decurtins, Daniela: Auf der „Bahn der Freiheit, des Fortschritts und der Volkssouveränität“: Zur Einführung der direkten Demokratie in Zürich um 1869, in: Ernst, Andreas et al. (Hg.): Revolution und Innovation: Die konfliktreiche Entstehung des schweizerischen Bundesstaates von 1848. Zürich 1998. S. 293-305, 102938:1
- Delley, Jean-Daniel: L’Initiative populaire en Suisse: Mythe et réalité de la démocratie directe. Lausanne 1978, 55954
- Gilg, Peter: Die Entstehung der demokratischen Bewegung und die soziale Frage: Die sozialen Ideen und Postulate der deutschschweizerischen Demokraten in den früheren 60er Jahren des 19. Jahrhunderts. Affoltern a. A. 1951, 19008
- Graber, Rolf (Hg.): Demokratisierungsprozesse in der Schweiz im späten 18. und 19. Jahrhundert: Forschungskolloquium im Rahmen des Forschungsprojekts „Die demokratische Bewegung in der Schweiz 1770 bis 1870. Eine kommentierte Quellenauswahl“. Frankfurt/M. etc. 2008, 119217
- Graber, Rolf: Wege zur direkten Demokratie in der Schweiz: Eine kommentierte Quellenauswahl von der Frühneuzeit bis 1874. Wien 2013, 128420
- Graber, Rolf: Demokratie und Revolten: Die Entstehung der direkten Demokratie in der Schweiz. Zürich 2017, 136679
- Grisel, Etienne: Initiative et référendum populaires: Traité de la démocratie semi-directe en droit suisse. 3. Aufl. Bern 2004, 116397
- Gross, Andreas: Die unvollendete Direkte Demokratie: 1984–2015: Texte zur Schweiz und darüber hinaus. Thun/Gwatt 2016, 134187
- Kölz, Alfred (Hg.): Quellenbuch zur neueren schweizerischen Verfassungsgeschichte. 2 Bde. Bern 1992-1996, 93675:1-2
- Kölz, Alfred: Neuere schweizerische Verfassungsgeschichte, Bd. 2: Ihre Grundlinien in Bund und Kantonen seit 1848. Bern 2004, 126071
- Kreis, Georg (Hg.): Reformbedürftige Verfassungsinitiative: Verbesserungsvorschläge und Gegenargumente. Zürich 2016, 133362
- Lang, Josef: Demokratie in der Schweiz: Geschichte und Gegenwart. Zürich 2020, 143857
- Linder, Wolf et al. (Hg.): Handbuch der eidgenössischen Volksabstimmungen 1848–2007. Bern 2010, Gr 12542
- Lombardi, Aldo und Rudolf Wertenschlag: Formen einer Volksinitiative im Bund: heute und morgen. Basel/Frankfurt 1990, 90434
- Michel, Pascal: «Wer soll König und Herr im Lande sein?»: Die Kontroverse um die Einführung der Volksinitiative auf Partialrevision 1891, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 71 (2021). S. 251-266, D 6201
- Roca, René und Andreas Auer (Hg.): Wege zur direkten Demokratie in den schweizerischen Kantonen. Zürich etc. 2011, 125963
- Rohner, Gabriela: Die Wirksamkeit von Volksinitiativen im Bund 1848–2010. Zürich 2012, 126463
- Schaffner, Martin: Die demokratische Bewegung der 1860er Jahre: Beschreibung und Erklärung der Zürcher Volksbewegung von 1867. Basel/Frankfurt/M. 1982, 72067
- Schiedt, Hans-Ulrich: Die Welt neu erfinden: Karl Bürkli (1823–1901) und seine Schriften. Zürich 2002, 110800
- Seferovic, Goran: Volksinitiative zwischen Recht und Politik: Die staatsrechtliche Praxis in der Schweiz, den USA und Deutschland. Bern 2018, 141017
- Sigg, Oswald: Die eidgenössischen Volksinitiativen 1892–1939. Bern 1987, 63314
- Sommer, Hermann: Die Demokratische Bewegung im Kanton Solothurn von 1856 bis 1872. Solothurn 1945, 14519
- Werder, Hans: Die Bedeutung der Volksinitiative in der Nachkriegszeit. Bern 1978, 63489
- Wickli, Bruno: Politische Kultur und die «reine Demokratie»: Verfassungskämpfe und ländliche Volksbewegungen im Kanton St. Gallen 1814/15 und 1830/31. St. Gallen 2006, 116270
- Widmeier, Kurt: Die Entwicklung der bernischen Volksrechte 1846–1869. Zürich 1942, 12711
- Wüthrich, Werner: Charles Fourier, Victor Considerant und Karl Bürkli als Wegbereiter der direkten Demokratie und des Genossenschaftswesens in der Schweiz, in: Roca, René (Hg.): Frühsozialismus und moderne Schweiz. Muttenz/Basel 2018. S. 41-70, 139808
Jahrespreis 2022 des Schweizerischen Sozialarchivs
Das Schweizerische Sozialarchiv schreibt 2022 zum fünften Mal einen Jahrespreis aus.
Das Sozialarchiv ist in der Schweiz die führende Forschungsinfrastruktureinrichtung für gesellschaftlichen Wandel und soziale Bewegungen vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Es umfasst ein Spezialarchiv, eine wissenschaftliche Spezialbibliothek und eine Dokumentation.
Der Preis ist mit 1'000 Franken dotiert und zeichnet hervorragende Abschlussarbeiten aus, die der Dissertation vorgelagert sind (Bachelor, Master sowie vergleichbare internationale Abschlüsse) und die auf Quellenmaterial aus dem Schweizerischen Sozialarchiv basieren. Die Preisübergabe findet anlässlich der Jahresversammlung des Vereins Schweizerisches Sozialarchiv im Sommer 2022 statt.
Eingabeberechtigt sind sowohl Verfasserinnen und Verfasser als auch Betreuerinnen und Betreuer von Arbeiten. Die Arbeit muss in den Kalenderjahren 2021/22 benotet worden sein.
Anträge können bis zum 15. März 2022 eingereicht werden. Bitte senden Sie uns Bewerbungen (Arbeit, Kurzlebenslauf, Kopie des Erstgutachtens/der Benotung) auf elektronischem Weg in einem PDF-Dokument (an koller@sozarch.uzh.ch). Bisherige Preisträger/-innen 2021 Manuel Walser, Universität Zürich „Es sind mir viele Fälle bekannt, wo es schon bedenklich brodelte“ – Das Stadtzürcherische „Jugendproblem“ in den 1960er-Jahren aus der Perspektive der Zürcher Stadtpolizei 2020 Benyamin Khan, Universität Bern Unsichtbare Kinder. Der Umgang der Behörden mit versteckten Kindern von ArbeitsmigrantInnen in der Schweiz (1950er-1970er Jahre) 2019 Anja Schulthess, Universität Zürich „Medieaaschiss: Müller grüsst DRS“ – Die Bewegungszeitungen Eisbrecher und Brecheisen zwischen Gegenöffentlichkeit, medialer Selbstrepräsentation und Ventil im (medialen) Kontext der Zürcher Achtziger Bewegung Lukas Emmenegger, Universität Bern „La matière miraculeuse“? Die Verwendung von Radiumleuchtfarben in der Schweizer Uhrenindustrie und der Schutz der Radiumsetzer_innen vor ionisierenden Strahlen im Kontext des Arbeitsschutzes (1907–1963) 2018 Angela Boller, Universität Basel „Russland-Schweizer": Sinnkonstruktionen und Grenzen eines Konzepts In Zusammenarbeit mit:
Gegenwärtige Benutzungsbestimmungen
Unser Ausleihschalter ist für die Abholung von Medien für die Heimausleihe geöffnet (Öffnungszeiten: Mo bis Fr 9:00 bis 19:30, Sa 11:00 bis 16:00 Uhr). Bitte bestellen Sie vorgängig online von zu Hause aus.
Der Lesesaal ist für die Konsultation von nicht für die Heimausleihe freigegebenen Medien geöffnet. Bitte reservieren Sie vor Ihrem Besuch telefonisch einen Lesesaalplatz (043 268 87 50).
Für die Benutzung von Lesesaal, Recherchestationen und Leselounge gilt Covid-Zertifikatspflicht (2G). Im gesamten Gebäude des Sozialarchivs gilt Masken- und Abstandspflicht.
Alle digitalen Dienstleistungen sind in Betrieb.
Veranstaltungen
Wegen der neuerlich angespannten Pandemie-Lage finden bis Februar 2022 keine öffentlichen Veranstaltungen statt.
- Bitte vormerken: Die Jahresversammlung 2022 findet am 15. Juni statt.
Tipps & Tricks für die Recherche auf swisscovery V: Es gibt verschiedene Ansichten
Wir sind in Teil I dieser Serie mit «Tipps & Tricks für swisscovery» bereits einmal auf die verschiedenen Suchoberflächen von swisscovery eingegangen und haben auf die Möglichkeiten hingewiesen, den Suchbereich je nachdem auf eine Bibliothek oder eine IZ (Institutionszone) einzuschränken bzw. auf die gesamte swisscovery-Netzwerkzone (swisscovery Network) zu erweitern. Die Erfahrung zeigt inzwischen, dass es nicht ganz einfach ist, auf den verschiedenen Suchoberflächen das Literaturangebot des Sozialarchivs im Auge zu behalten.
a) Suchoberflächen
Die Medien, welche im schweizweiten Bibliothekskatalog swisscovery verzeichnet sind, können über unterschiedliche Suchoberflächen (sog. «Views») recherchiert werden. Es gibt erstens die allgemeine swisscovery-View, zweitens die Views der verschiedenen IZs (Institutionszonen = Bibliotheksgruppen, die gemeinsam verwaltet werden) sowie drittens die Views von einzelnen Bibliotheken. Alle Suchoberflächen basieren auf «Primo VE», dem benutzerseitigen Frontend der Bibliothekssoftware «Alma» von Ex Libris. Je nachdem, auf welcher Primo-Suchoberfläche man seine Recherche beginnt, sind verschiedene Schritte nötig, um mehr oder weniger gezielt auf die Bestände des Sozialarchivs zuzugreifen.
Wenn Sie schweizweit in den Beständen aller 475 SLSP-Bibliotheken nach einem Thema recherchieren möchten, wählen Sie diese allgemeine Suchoberfläche. Dieser Einstieg kann für die Recherche nach online verfügbaren elektronischen Ressourcen sinnvoll sein.
Für die Suche nach analogen Büchern und Zeitschriften empfiehlt es sich hingegen, die Recherche auf der Suchoberfläche der Bibliothek Ihres Vertrauens oder in Ihrer Nähe zu starten. Sie vermeiden so entweder Reisen durch die halbe Schweiz oder Kuriergebühren.
Der schnellste Weg zu den Beständen des Sozialarchivs führt also über die View des Sozialarchivs. Eine Recherche zum Thema «Frauen Gleichstellung» durchsucht hier ohne weitere Einstellungen ausschliesslich die Bestände des Sozialarchivs und präsentiert direkt rund 670 Ergebnisse.
Benötigen Sie über das Literaturangebot des Sozialarchivs zu diesem Thema hinaus weitere Quellen, erweitern Sie den Suchbereich (siehe Aufklappmenü rechts im Suchschlitz) ganz einfach auf «swisscovery» und Sie erhalten rund 4'700 Ergebnisse aus allen 475 SLSP-Bibliotheken.
Auch für die IZ «Spezialbibliotheken Region Zürich», zu der das Sozialarchiv gehört, gibt es eine eigene View. Wir empfehlen Ihnen jedoch, entweder spezifisch in der View des Sozialarchivs oder dann schweizweit im allgemeinen swisscovery-Katalog zu recherchieren. Mit letzterem durchsuchen Sie nämlich u.a. die Bestände aller Bibliotheken auf dem Platz Zürich gleichzeitig, also nicht nur diejenigen der «Spezialbibliotheken Region Zürich», sondern ebenso die der «UZH / ZBZ», der «ETH Zürich», der «Zürcher PHs» sowie der «ZHdK».
Vielleicht starten Sie Ihre Suche aber auch mal von der Website der ZB Zürich aus, weil Sie dort gerade ein paar Bücher aus den Freihandmagazinen geholt haben. In diesem Fall landen Sie auf dem «Rechercheportal» bzw. der View der IZ «UZH / ZBZ». Zu dieser IZ gehören neben der ZBZ alle Institutsbibliotheken der Uni Zürich.
b) Suchbereich
Standardmässig werden auf dem «Rechercheportal» der «UZH / ZBZ» alle in swisscovery nachgewiesenen Bestände durchsucht: Der Suchbereich ist by default auf «swisscovery» eingestellt. In den über 2'600 Ergebnissen für die Suche nach «Frauen Gleichstellung» sind also auch die Ressourcen aus dem Sozialarchiv enthalten.
Sie könnten den Suchbereich auch auf «ZB / UZH» einschränken und erhielten dann noch rund 1'270 Ergebnisse. In unserem Beispielfall möchten Sie aber vielmehr wissen, welche Literatur zum Thema auf dem Platz Zürich, im Speziellen im auf gesellschaftliche Fragen spezialisierten Schweizerischen Sozialarchiv, vorhanden ist.
c) Facetten/Filter
Sie lassen also den Suchbereich auf «swisscovery» eingestellt. Um die Suchergebnisse im Hinblick auf die Bestände des Sozialarchivs hin zu optimieren, nutzen Sie die Facetten (unter «Ergebnisse optimieren» im linken Bildschirmbereich). Hier sind unter «swisscovery Network» alle IZs nebst der IZ «UZH / ZBZ» gelistet, die auch Ressourcen zum Thema haben. Um alle anzuzeigen, müssen Sie allerdings zuerst auf «Weitere anzeigen» klicken.
An vierter Position erscheinen nun die «Spezialbibliotheken Region Zürich», also die IZ «RZH», zu der auch das Sozialarchiv gehört.
Wenn Sie die Suche auf die Bestände in der IZ «RZH» einschränken möchten, setzen Sie diesen Filter, indem Sie auf «Spezialbibliotheken Region Zürich» klicken. Die Ergebnisliste umfasst nun rund 750 Treffer, darunter die rund 670 Titel aus dem Sozialarchiv.
Leider ist es aber in der View einer IZ, in unserem Fall derjenigen der IZ «UZH / ZBZ», nicht möglich, gezielt nach Bibliotheken aus einer anderen IZ, in unserem Fall der IZ «RZH», zu filtern. Dies ist immer nur innerhalb einer IZ-View möglich.
Fazit
Mit SLSP und swisscovery ist es möglich geworden, auf einer einzigen Katalogoberfläche 475 Bibliotheksbestände aus der ganzen Schweiz gleichzeitig zu durchsuchen – dies ist ein Fortschritt. Nun wären wir aber nicht in der föderalistisch organisierten Schweiz, wenn es dafür auch nur eine einzige Suchoberfläche gäbe. Vielmehr tritt das benutzerseitige Frontend des bibliografischen Gesamtkatalogs in zahlreichen unterschiedlichen Kleidern auf – je nach IZ oder Bibliothek. (Tatsächlich kann man sich die Organisationsstruktur von SLSP analog zu den Staatsebenen vorstellen: Gemeinden/Bibliotheken, Kantone/Institutionszonen (IZ), Bund/swisscovery Network – mit allen Komplikationen, die das mit sich bringt.)
Ob diese Vielfalt an Views einen Mehrwert darstellt, darüber kann man getrost unterschiedlicher Ansicht sein. Wir empfehlen Ihnen jedenfalls, wie oben ausgeführt, Ihre Recherchekarriere von der nahen Gemeindeebene aus zu starten (z.B.: https://bib.sozialarchiv.ch), denn mit dem variablen Suchbereich bleibt Ihnen der Zugang zu den Kantonsebenen (IZs) bzw. zum Bundeshaus (swisscovery Network) jederzeit offen.
Haben Sie weitere Fragen zu den verschiedenen Suchoberflächen oder brauchen Sie Unterstützung bei Ihren Recherchen? – Wir helfen Ihnen gerne!
Ihr Sozialarchiv-Team
Neuzugänge der Abteilung Archiv seit dem 30.8.2021
Bestand |
Stichworte zum Inhalt |
Umfang |
Nachlass Berti Wicke (1905-1996) und Helen Kremos (1905-1996) |
Korrespondenz, Notizbücher, Manuskripte (u.a. Lebensrückblick von Helen Kremos); Akten der Berti Wicke-Stiftung 1979-2010: Protokolle, Korrespondenz, Unterlagen zu Vergabungen und Stiftungsvermögen, Diverses Laufzeit: ca. 1923-1996 |
1.2 Lfm |
Protestaktion gegen die "Verordnung betreffend koordinierte Seelsorge"(Widerstand reformierter Pfarrer gegen den obligatorischen Einbezug in die Gesamtverteidigung) |
Korrespondenz, Rundschreiben, Drucksachen, Leserbriefe, Zeitungs- und Zeitschriftenartikel Laufzeit: 1988-1990 |
0.05 Lfm |
Public Eye, vormals: Erklärung von Bern, Nachlieferung (SozArch Ar 430) |
Elektronische Akten von Andreas Missbach zu den Fachbereichen Banken, Finanzplatz und Rohstoffe Laufzeit: ca. 2012-2020 |
2.69 GB, 2'885 Dateien |
IG Velo Zürich, IG Velo Schweiz |
Protokolle, Jahresberichte, Mitgliederinfos, Statuten, Studien, Berichte, Akten des Vereins Katzenauge Laufzeit: 1979-1997 |
0.2 Lfm |
Why not – Schwule Jugendgruppe Luzern |
Archivsplitter mit Unterlagen aus den Jahren 1995-2000: Mitgliederinformationen, Projektunterlagen (u.a. betr. Coming Out Day 1998 und Plakatkampagne Publicis 1999), einzelne Korrespondenzen, Fotografien, Flyer, Kleber Laufzeit: 1995-2000 |
0.05 Lfm |
Vorlass Ina Praetorius (*1956), evangelische Theologin und Autorin |
Texte von Ina Praetorius (Referate, Zeitschriftenartikel, wissenschaftliche Beiträge, Predigten), umfangreiche Korrespondenz und Materialien zu wichtigen Projekten (Ethik im Feminismus 1988-1993, Weiberwirtschaft 1993-2003, Salzburger Erklärung 2002, Die Webstube der Penelope) Laufzeit: 1983-2018 |
2.3 Lfm |
Vorlass Brigit Keller-Stocker (*1942), Germanistin |
Unterlagen zur Tätigkeit von Brigit Keller als Studienleiterin der Paulus-Akademie, namentlich auch zu feministischen und literarischen Veranstaltungen, Tagungen und Vortragsreihen, sowie diverse Projektunterlagen; Textbeiträge von Brigit Keller Laufzeit: 1972-2006 |
0.8 Lfm |
Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft, Nachlieferung 2021 |
Akten der Jahre 2000-2011: Protokolle, Projektunterlagen, Akten der SGG-Kommissionen, Unterlagen zum 200-Jahr-Jubliäum; alte Drucksachen (v.a. Tagungsberichte) 1810-1861 Laufzeit: 1810-2012 |
9.5 Lfm |
Buchempfehlungen der Bibliothek
Das «Denkmal der Arbeit» (1964, nach einem Entwurf von Karl Geiser) am Helvetiaplatz in Zürich am 1. Mai 1983 (Foto: Gertrud Vogler; SozArch F 5107-Na-07-058-038)
Hannes Lindenmeyer: Aussersihl bewegt. Der Zürcher Kreis 4. Zürich, 2021 (Signatur 146258)
Über hundert Jahre lang war der Zürcher Stadtkreis Aussersihl eine Hochburg der Arbeiterbewegung – das 1964 eingeweihte «Denkmal der Arbeit» auf dem Helvetiaplatz zeugt noch heute von dieser Geschichte. Ansonsten hat sich das Quartier stark verändert; es gehört nun der hippen und kreativen Stadtbevölkerung, die in den einstigen Industrie- und Handwerksgebäuden an den neuesten Trends herumtüfteln. Die Armut von damals ist verschwunden – samt dem Siechenhaus St. Jakob an der Ecke Kasernen-/Badenerstrasse und dem Hinrichtungsplatz Hauptgrube gegenüber dem heutigen Bezirksgericht. Davon – und von vielem mehr – erzählt Hannes Lindenmeyer in seinem Buch, welches zum 125-jährigen Jubiläum des Quartiervereins Aussersihl-Hard erschienen ist.
«Bewegt und bewegend» ist der Stadtteil Aussersihl aber weiterhin, starten doch die meisten politischen Demonstrationen noch heute auf dem Helvetiaplatz. Aussersihl stand stets für Menschen, die sich zusammenschlossen, um Häuser zu besetzen oder eine Baugenossenschaft zu gründen, für den Frieden zu kämpfen, gleiches Recht für Frauen einzufordern oder sich für Migrant/innen einzusetzen. Der reich bebilderte Band, in dem auch Fotografien aus dem Bestand des Sozialarchivs abgedruckt sind, macht diese ereignisreiche Geschichte erfahrbar und schlägt den Bogen zu Aussersihls heutigen Bewohner/innen.
Bestände zum Thema im Sozialarchiv:
Papierarchiv (Auswahl):
Periodika:
- D 2114 Aussersihler Zeitung: die unabhängige Quartierzeitung, con la pagina italiana, 1983-1986
- N 4283 Auf die Barrikaden! Zeitung der Quartiergruppe Wiedikon/Aussersihl (Y-Gegner), 1974-1975
Sachdokumentation:
- 38.5 *ZH Sozialdemokratische Partei: Stadt & Kanton Zürich (SP Zürich)
- CZH Zürich
David Signer: Afrikanische Aufbrüche. Wie mutige Menschen auf einem schwierigen Kontinent ihre Träume verwirklichen. Basel, 2021 (Signatur 146726)
«Es gibt keinen Kontinent, auf dem die Lebensbedingungen für die Mehrheit so hart sind wie in Afrika. Aber zugleich existiert wohl keine andere Weltregion, in der die Leute so einfallsreich, kreativ und wagemutig sind, wenn es darum geht, Hindernisse zu überwinden.» Dieser Satz fasst zusammen, was David Signer in seinem Buch zu Afrika zeigen will. Er lebte selber als NZZ-Korrespondent im Senegal und möchte mit seinem Buch der «Schwarz-Weiss-Malerei», zu der Aussenstehende in Bezug auf Afrika oft neigen, etwas entgegensetzen.
Und so erzählt er anhand von 18 Porträts aus verschiedenen afrikanischen Ländern von Menschen, denen es trotz aller Widerstände gelang, ihre Wünsche zu verwirklichen. Da ist beispielsweise die senegalesische Wäscherin und Witwe Djouma Ngom, die zehn Kinder zu versorgen hat und einen miserablen Lohn erhält. Nun hat sie sich mit anderen Wäscherinnen zusammengeschlossen und kämpft für bessere Arbeitsbedingungen. Godfrey Masauli aus Malawi hingegen träumte schon als Kind in seinem Dorf vom Fliegen. Heute besitzt er tatsächlich, nach einer Reihe unwahrscheinlicher Ereignisse, eine Pilotenlizenz. «Afrikanische Aufbrüche» macht Hoffnung – ohne die harten Lebensbedingungen in Afrika zu beschönigen.
Johann Coaz, der als Erstbesteiger eine gewisse Berühmtheit erlangte, auf dem Gipfel des Piz Bernina am 13. September 1850 (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:JohannCoaz.jpg#/media/Datei:JohannCoaz.jpg)
Karin Fuchs, Paul Eugen Grimm, Martin Stuber: Nutzen und schützen. Johann Coaz (1822–1918), der Wald und die Anfänge der schweizerischen Umweltpolitik. Zürich, 2021 (Signatur 146815)
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts begann sich in der Schweiz eine nationale Umweltpolitik herauszubilden. Die beiden Bundesgesetze von 1876 und 1902, mit denen eine nachhaltige Forstwirtschaft verankert wurde, setzten die entscheidenden Meilensteine. Der Bündner Johann Coaz spielte in dieser Umbruchphase eine zentrale Rolle. In jungen Jahren war er am nationalen Projekt der Dufourkarte beteiligt, später engagierte er sich während zweier Jahrzehnte als Forstinspektor für den Bündner Wald. 1875 zum ersten eidgenössischen Oberforstinspektor gewählt, realisierte er eine nachhaltige Forstpolitik auf nationaler Ebene. Erst im Alter von 92 Jahren setzte er sich zur Ruhe, nachdem er den Schweizerischen Nationalpark entscheidend mitbefördert hatte.
Coaz gilt bis heute als Vorkämpfer für das Forstwesen in der Schweiz. 2016 wurde sein Nachlass an das Staatsarchiv Graubünden übergeben. Der vorliegende Band würdigt das Leben des bis anhin eher unbekannten Pioniers und wertet die verschiedenen Quellen – darunter auch die Tagebücher – des vielfältig tätigen Forstreformers aus.
Susanne Brügger
Neuanschaffungen
Wie gewohnt finden Sie hier wieder unsere Neuerwerbungen der vergangenen Monate:
Dezember 2021 Januar 2022
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ISSN 2673-9550
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