Freiburger Colloquium 2025 "Disability, Armut und Arbeit im Mittelalter" (German)

Event, 3-5 September 2025

Freiburg/Switzerland

Veranstalter:Mediävistisches Institut der Universität Freiburg (Schweiz)

Veranstaltungsort: Universität Freiburg Schweiz, Campus Misericorde

Gefördert durch: Schweizerischer Nationalfonds und Universität Freiburg

PLZ: 1700

Ort: Freiburg

Land: Switzerland

Findet statt: Hybrid

Vom - Bis: 03.09.2025 - 05.09.2025

Website: https://www.unifr.ch/mediaevum/de/veranstaltungen/freiburger-kolloquien/

Das Mediävistische Institut der Universität Freiburg/Schweiz nimmt das Freiburger Colloquium 2025 zum Anlass, im interdisziplinären Austausch über das Thema «Behinderung», Armut und Arbeit nachzudenken und zu diskutieren, wobei verschiedene Quellen und Materialien (literarische, ikonografische, normative und praktische) herangezogen werden sollen. Eingeladen dazu wurden 16 internationale Spezialist:innen auf dem Gebiet.

Freiburger Colloquium 2025 "Disability, Armut und Arbeit im Mittelalter"

Das Mediävistische Institut der Universität Freiburg (Schweiz) organisiert alle zwei Jahre ein interdisziplinäres Kolloquium, bei dem Forscher:innen und Spezialist:innen zusammen gebracht werden, um sich mit einem speziellen mediävistischen Forschungsthema zu beschäftigen.

Das Freiburger Colloquium 2025 thematisiert und diskutiert das Thema von Disability, Armut und Arbeit im europäischen Mittelalter und findet Anfang September 2025 statt.

Studien über Menschen mit Behinderungen sind, was das Mittelalter betrifft, erst um die Jahrhundertwende zunehmend aufgekommen. Sie sind mittlerweile sowohl in den Geschichtswissenschaften als auch in der Philologie und Literaturwissenschaft gut etabliert, vor allem im angelsächsischen Raum, in geringerem Maße auch in Deutschland und anderen Ländern, weniger allerdings in der frankophonen akademischen Sphäre.

Dennoch hat sich die mediävistische Forschung bereits vorher Menschen mit Behinderungen gewidmet, und zwar im Kontext des Themas Armut. Die großen Studien der 1960er bis 1990er Jahre, wie jene von Michel Mollat oder Bronislaw Geremek, gingen oft von der Annahme aus, dass Behinderung und Armut untrennbar miteinander verbunden seien. Die infirmi, so die Autoren, konnten aufgrund ihres hohen Alters oder einer Behinderung nicht arbeiten, und diese Arbeitsunfähigkeit führte zwangsläufig zu Armut. Gleichzeitig stellen Studien zur Armut im Mittelalter Menschen mit Behinderungen als die guten Armen schlechthin dar, die einen legitimen Anspruch auf Almosen hatten, im Gegensatz zu den mendicantes validi, die lasterhaft oder aus Faulheit von der Gesellschaft profitierten. So setzte sich trotz einiger differenzierterer Untersuchungen das bestimmende Bild von bettelnden Menschen mit Behinderungen durch, das seither nicht mehr in Frage gestellt wurde.

In der Tat lädt die mittelalterliche Ikonografie zu solchen Verkürzungen ein, denn die einfachste Art, eine arme Person bildnerisch darzustellen, bestand damals nicht nur darin, sie in Lumpen zu kleiden und sie mit ausgestreckter Hand zu zeigen, sondern auch in der Sichtbarmachung einer Behinderung und den mit ihr verbundenen Gegenständen, Krücken oder Holzbeinen. Darüber hinaus scheinen die umfangreichsten historischen Quellen, wie die Hagiografie einerseits, und die aus den städtischen und praxisorientierten (z.B. von Wohltätigkeitseinrichtungen) überlieferten Dokumenten andererseits, Behinderung und Armut fast immer miteinander zu verbinden.

Die Tagung bietet nun die Gelegenheit, gemeinsam über Fragen wie die Präsenz von Menschen mit Behinderungen, die in den Quellen weder als arm noch als inaktiv erscheinen, die soziale Akzeptanz ihrer Inaktivität oder die unterschiedlichen Erfahrungen mit Arbeit oder deren Abwesenheit je nach sozialem Status, aber auch nach Geschlecht der Menschen mit Behinderungen nachzudenken.

Die Ergebnisse der Tagung werden wie bei den Freiburger Colloquien gewohnt, in der institutseigenen Reihe "Scrinium Friburgense" beim Reichert Verlag veröffentlicht.

Programm

Mittwoch, 3. September 2025

9.15–9.30 Uhr: Begrüssung durch das Rektorat der Universität Freiburg und die Organisatoren

9.30–10.00 Uhr: Einführung durch Olivier Richard

Moderation Cornelia Herberichs

10.30–11.15 Uhr: Sebastian Scholz (Universität Zürich) „Behinderung und Armut im frühen Mittelalter. Eine quellenkritische Annäherung“

10.15–12.00 Uhr: Abel de Lorenzo Rodríguez (Universidade de Santiago de Compostela / Université Paris I-Panthéon Sorbonne, LaMOP) „Life after Violence: Disability and Legal Amputations in Early Medieval North Iberia“

14.00–14.45 Uhr: Sabrina Kremling (Universität Tübingen) „Disability im höfischen Roman? Überlegungen zu Hartmanns von Aue ,Iwein‘“

14.45–15.30 Uhr: Léo Delaune (Université de Strasbourg) „Handicap et émotions dans l’incitation aux bonnes œuvres. Analyse des exempla cisterciens, dominicains et franciscains (XIIe–début du XIVe siècle)“

16.00–16.45 Uhr: Yves Mausen (Université de Fribourg) „La justice, les sens et la parole: la question des juges et des témoins aveugles, sourds ou muets au Moyen Âge“

Donnerstag, 4. September 2025

Moderation: Paolo Borsa

9.15–10.00 Uhr: Catherine Bloomer (Villanova University, PA, USA) „Redefining (Dis)Ability to Work in Dante’s Florence“

10.30–11.15 Uhr: Rose Delestre (Université de Genève/Université de Rennes 2) „Handicap et pauvreté: usages de la fragilité dans le miracle et la chanson de geste tardive“

11.15–12.00 Uhr: Georg Modestin (Universität Freiburg) „Der gelähmte Fürst: Albrecht II. von Habsburg zwischen körperlicher Beeinträchtigung und Herrschaftsausübung“

14.00–14.45 Uhr: Silvia Carraro (Università degli studi di Genova) „Una donna con disabilità può amministrare un patrimonio? Disabilità femminile e agency economica nell’Italia tardomedievale (sec. XIII–XV)“

14.45–15.30 Uhr: Piotr Pawlina (ENS de Lyon) „Économie du miracle et fabrique de la bourgeoisie: les rôles de l’Aveugle et du Boiteux dans les mystères médiévaux“

16.00–16.45 Uhr: Mark C. Chambers (Durham University) „Entertaining ,Disability‘: Performers and Disability in the Records of Early English Drama“

Freitag, 5. September 2025

Moderation: Marion Uhlig

9.15–10.00 Uhr: Ninon Dubourg (Universität zu Köln) „Ministre ou mendiant? Comment les ecclésiastiques handicapés ont échappé à la pauvreté à la fin du Moyen Âge“

10.30–11.15 Uhr: Ahuva Liberles (Tel Aviv University) & Astrid Riedler-Pohlers (Ludwig-Maximilians-Universität München) „Negotiating Access: Women with Disability in Rabbinic and Municipal Responses from 15th-Century Bavaria“

11.15–12.00 Uhr: Bianca Frohne (Universität zu Kiel) „Behinderung, Arbeit und Technologie in der Disability History: Assistive Objekte in Selbstzeugnissen und Memorialbüchern des 15. und 16. Jahrhunderts“

14.00–14.45 Uhr: Aleksandra Pfau (Hendrix College, Conway, AR, USA) „Caregivers, Disability and Work in Late Medieval France“

Kontakt

Martin Rohde
iem@unifr.ch

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