Economic and Social Policy in Eastern and Western Europe

Four Book Reviews (in German)

Boyer, Christoph (Hrsg.): Sozialistische Wirtschaftsreformen. Tschechoslowakei und DDR im Vergleich. Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann 2006. ISBN 978-3-465-04005-7; kart.; XLII, 628 S.; EUR 99,00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Marcel Boldorf, Ruhr-Universität Bochum
E-Mail: [mailto]boldorf@rumms.uni-mannheim.de[/mailto]

Der Sammelband behandelt schwerpunktmäßig die 1960er-Jahre, die als Reformjahrzehnt sowohl für die Tschechoslowakei als auch für die DDR am bedeutendsten waren. Herausgeber Christoph Boyer liefert in einem längeren Einleitungsbeitrag wichtige Stichworte für den Vergleich beider Länder und steckt den Rahmen für die Schilderung der Reformfelder ab. Im Einzelnen werden die Bereiche "Neues Ökonomisches System", Außenwirtschaft, Organisation der Arbeiterschaft, Sozial- und Konsumpolitik sowie Kaderpolitik behandelt. Boyer ist zuzustimmen, dass sich beide Staaten gut für einen Vergleich eignen, weil sie ungefähr die gleiche Größe hatten und - anders als z.B. das in weiten Teilen agrarisch geprägte Polen - über eine lange industrielle Tradition verfügten.
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[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2007-4-127[/url]

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Boyer, Christoph (Hrsg.): Zur Physiognomie sozialistischer Wirtschaftsreformen. Die Sowjetunion, Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, die DDR und Jugoslawien im Vergleich (= Studien zur Europäischen Rechtsgeschichte (Band 14)). Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann 2007. ISBN 978-3-465-04026-2; 330 S.; EUR 64,00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Dierk Hoffmann, Institut für Zeitgeschichte München - Berlin, Abteilung Berlin
E-Mail: [mailto]hoffmann@ifz-muenchen.de[/mailto]

Auf den ersten Blick scheinen vergleichende Studien zur Entwicklung der Planwirtschaft im ehemaligen Ostblock nicht sonderlich Erfolg versprechend zu sein, da letztlich das privatkapitalistische Modell als Sieger aus dem Systemwettstreit hervorgegangen ist, der die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa mit weitreichenden globalen Folgen wesentlich beeinflusst hat. Somit scheint auch die Frage nach der Reformfähigkeit von Zentralverwaltungswirtschaften vordergründig falsch gestellt zu sein, denn Reform kann angesichts einer Ex-post-Betrachtung letztlich nur eine Transformation der planwirtschaftlichen in marktwirtschaftliche Systeme beinhalten. Dass eine kritische Untersuchung sowohl notwendig als auch erkenntnisfördernd ist, beweist der von Christoph Boyer vorgelegte Sammelband, der hier kurz vorgestellt werden soll.

Für das Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte hatte Boyer bereits ein Jahr zuvor einen ersten Band herausgegeben, der die Wirtschaftsreformen in der DDR und der CSSR während der 1960er-Jahre zum Inhalt hatte.[1] Der im ersten Band zunächst vorgenommene Zweiländervergleich wurde nunmehr erweitert um die Sowjetunion sowie weitere Länder Ostmittel- und Südosteuropas. Einleitend präsentiert Boyer die Fragestellungen sowie eine erste Typologisierung der staatssozialistischen Länder des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW). Im Mittelpunkt steht selbstredend die Ökonomie, wobei politische, soziale und kulturelle Zusammenhänge im Bedarfsfall deutlich gemacht werden sollen, wie Boyer betont. Dabei geht es ihm jedoch nicht nur darum, Möglichkeiten und Grenzen der für die Wirtschaftssteuerung notwendigen Verwaltungsapparate zu umreißen, sondern auch darum, das Wechselspiel von Herrschaft und Gesellschaft zu beleuchten. Darüber hinaus unternimmt Boyer den Versuch, eine Typologie der Reformverläufe in den einzelnen staatssozialistischen Systemen zu entwerfen, um die oftmals eingeklagte komparative Analyse voranzutreiben. Dabei fasst er die Ergebnisse der Einzelbeiträge teilweise zusammen und bündelt sie so in einem stark systematisierenden Überblick, um auch den Zusammenhang von Wirtschafts- und Gesellschaftsreformen deutlich werden zu lassen.Dieser einleitende Essay, den er in Teilen erstmals an anderer Stelle publiziert hatte[2], ist in seinem Anspruch recht ambitioniert und schlägt erste Schneisen in das Dickicht der Geschichte der osteuropäischen Planwirtschaften.
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[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2007-4-191[/url]
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Braun, Hans; Gerhardt, Uta; Holtmann, Everhard (Hrsg.): Die lange Stunde Null. Gelenkter sozialer Wandel in Westdeutschland nach 1945. Baden-Baden: Nomos Verlag 2007. ISBN 978-3-8329-2870-4; 345 S.; EUR 49,00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Axel Schildt, Forschungsstelle für Zeitgeschichte, Hamburg
E-Mail: [mailto]schildt@zeitgeschichte-hamburg.de[/mailto]

Der leicht paradoxe und deshalb umso einprägsamere Titel kündigt das Unternehmen einer interdisziplinär - die Beiträge stammen aus der Geschichtswissenschaft, Soziologie, Politikwissenschaft, Theologie und Philosophie - zusammengesetzten Autorengruppe mit starkem Heidelberger Gewicht an, den Übergang vom NS-Regime zur demokratischen Gesellschaft in Westdeutschland bzw. der Bundesrepublik auf neue Weise begrifflich zu fassen und auf einigen wesentlichen Feldern exemplarisch zu beschreiben.Da das Problem angesichts der Forschungslage darin besteht, auf einem schon ausführlich untersuchten und hinsichtlich der Deutungslinien intensiv diskutierten Gebiet noch etwas bisherigen Ansätzen überlegenes Neues, Weiterführendes zu bieten, soll zunächst der empirische Ertrag gewürdigt werden, um dann abschließend auf das theoretische Angebot zurückzukommen.

Wie der konkretisierende Untertitel des Bandes andeutet, wird in elf Beiträgen (einschließlich der Einleitung) großes Gewicht auf die Konzeptionen der Westalliierten gelegt. Dabei kommt allerdings eine andere als die - dominante - Politik der US-Behörden in den Studien kaum vor. Uta Gerhardt, im Blick auf die politikberatende Sozialwissenschaft in den USA im und nach dem Zweiten Weltkrieg einschlägig ausgewiesen[1], fasst unter der thesenhaften Überschrift "Nichts Punitives" ihre Befunde dahingehend zusammen, dass zum einen der vor allem negativ legendäre Morgenthau-Plan "keine Politikrelevanz" (S. 34) entfaltete und zudem mit der kaum minder bekannten "Direktive JCS 1067", die politikbestimmend wurde, "nichts zu tun hatte" (ebd.). Letztere akribisch belegte These ist zwar apodiktisch formuliert, widerspricht aber nicht dem allgemeinen Diskussionsstand der Zeitgeschichte.
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[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2007-4-183[/url]
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O'Hara, Glen: From Dreams to Disillusionment. Economic and Social Planning in 1960s Britain. Basingstoke: Palgrave Macmillan 2006. ISBN 978-0230013476; 301 S.; $ 50.00.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Timo Luks, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
E-Mail: [mailto]timo.luks@uni-oldenburg.de[/mailto]

Glen O'Hara widmet sich in seiner Dissertation einem Thema, das seit geraumer Zeit stärker in den Fokus geschichtswissenschaftlichen Interesses gerückt ist. "Planung" scheint sich als eines der Schlüsselthemen für die Analyse der 1960er-Jahre abzuzeichnen.[1] "If there was one concept at the heart of the raised expectations and dashed hopes of British politics in the 1960s", heißt es dementsprechend auch bei O'Hara, "it was 'planning'."(S. 1)

Einleitend skizziert O'Hara den Planungseifer in öffentlichen, politischen und wissenschaftlichen Debatten in Großbritannien seit dem Ende der 1950er-Jahre, um anschließend je ein Kapitel der makroökonomischen Planung, den öffentlichen Haushalten, der Regionalplanung, dem Wohnungsbau sowie dem Gesundheitswesen zu widmen.Mit diesem thematischen Zuschnitt bewegt er sich in bewährtem Rahmen und auf weithin bekanntem Terrain. Dies unterstreicht auch der heuristische, auf übergreifende Gemeinsamkeiten abzielende Planungsbegriff, der in der Arbeit zur Anwendung gebracht wird. Fokussiert werden dabei die Langfristigkeit der Perspektiven von ‚Planung', die umfassenden Ansprüche und Intentionen der Planer, der Bezug auf (erwartete) Erwartungen der Öffentlichkeit, die Einbeziehung sowohl des öffentlichen als auch des privaten Sektors, ein großes Vertrauen in die Umsetzbarkeit und Wirksamkeit; kurz: "a long time-span, universal coverage and a large degree of optimism concerning delivery" (S. 3). In Folge dieser thematischen und konzeptionellen Ausrichtung rücken vor allem konkrete Planungen und Planungsinhalte, die beteiligten Akteure sowie die Tücken politisch-administrativer Umsetzung ins Zentrum.
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[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2007-4-176[/url]
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