Schäfer, Markus: Staatliches Vorgehen gegen Arbeiterbewegungen und -organisationen im westlichen Ruhrgebiet zwischen Revolution und Sozialistengesetz (1850-1878). Trier: Kliomedia 2006. ISBN 3-89890-106-8; kart.; 381 S.; EUR 38,00.
Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Jürgen Schmidt, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
E-Mail: [mailto]jschmidt@wzb.eu[/mailto]
Forschungen zur Arbeiterbewegungsgeschichte haben keine Konjunktur. In den 1970er- und frühen 1980er-Jahren gingen von der Geschichte der Arbeiter und Arbeiterbewegung wichtige Impulse aus. Derzeit hingegen ist dieser Forschungszweig an den Rand gedrängt. Innovationspotentiale ergeben sich, wenn Arbeitergeschichte und Arbeiterbewegungsgeschichte in ihrem gesellschaftlichen Kontext untersucht werden.
Markus Schäfers an der Universität Bonn entstandene Dissertation über "Staatliches Vorgehen gegen Arbeiterbewegungen und -organisationen im westlichen Ruhrgebiet zwischen Revolution und Sozialistengesetz" scheint sich auf den ersten Blick in diesen Trend einzupassen, denn staatliche Überwachung, Repression und Verfolgung, aber auch staatliche Tolerierung wirkten unmittelbar auf die Arbeiterorganisationen ein. Allerdings greift Schäfer in seiner Arbeit diesen Ansatz weder methodisch noch konzeptionell auf [...]
[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-1-012[/url]
____________________________
Schildt, Axel: Die Sozialgeschichte der Bundesrepublik Deutschland bis 1989/90 (= Enzyklopädie deutscher Geschichte 80). München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2007. ISBN 978-3-486-56603-1; XII, 156 S.; EUR 19,80.
Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Jörg Lesczenski, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
E-Mail: [mailto]lesczenski@em.uni-frankfurt.de[/mailto]
Einen Band für die Reihe "Enzyklopädie deutscher Geschichte" zu verfassen kommt in mancher Hinsicht einem Wagnis gleich. Die Aufgabe, die historischen Erkenntnisse auf sehr knappem Raum darzulegen ("Enzyklopädischer Überblick") sowie den Gang der Forschung einschließlich seiner noch weißen Flecken zu skizzieren ("Grundprobleme und Tendenzen der Forschung"), fordert den Autoren breite Literaturkenntnis, darstellerisches Geschick und insbesondere den Mut zur Lücke ab. Dies gilt besonders, wenn es sich - wie bei Axel Schildts Werk zur Sozialgeschichte der "alten" Bundesrepublik, das den bemerkenswerten Boom von Gesamtdarstellungen zur Geschichte der Bundesrepublik in der aktuellen Forschung unterstreicht[1] - um einen Untersuchungsgegenstand mit "unscharfen Rändern" handelt (S. XI). Für Schildt ist Sozialgeschichte "mehr als das Nachzeichnen sozialer Strukturen", da sie mit den ökonomischen Prozessen "und den kulturellen Ausdrucksformen, das heißt letztlich mit der menschlichen Praxis", aber auch mit der Gesellschaftspolitik und der "Ordnung des Sozialen" in einem engen Zusammenhang stehe (ebd.). Entsprechend wird in der chronologisch gegliederten Darstellung zum einen die Bevölkerungsentwicklung sowie der wirtschaftliche und soziale Strukturwandel beleuchtet, zum anderen der Schwerpunkt auf die Themenfelder Konsum und Freizeit, Massenmedien und Jugend(kultur) gelegt.
[...]
[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-1-122[/url]
________________________________
Birke, Peter: Wilde Streiks im Wirtschaftswunder. Arbeitskämpfe, Gewerkschaften und soziale Bewegungen in der Bundesrepublik und Dänemark [Broschiert]. Hamburg: Campus Verlag 2007. ISBN 978-3-593-38444-3; 376 S.; EUR 39,90.
Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Knud Andresen, Hamburg
E-Mail: [mailto]knud.andresen@uni-hamburg.de[/mailto]
Transnationale Forschung ist in Mode gekommen, Arbeiten über Streiks nicht. Peter Birke hat mit seiner Hamburger Dissertation beides miteinander verknüpft: Er untersucht so genannte 'wilde', also nicht durch Tarifrecht gedeckte Streiks in den Jahren 1949 bis 1974 in der Bundesrepublik Deutschland und in Dänemark. Da Birke die Arbeitskämpfe als Teil sozialer Proteste fasst, versteht er darunter auch Formen der Arbeitsverweigerung wie 'Arbeit nach Vorschrift'.
Er nimmt zwei Länder in den Blick, die in der Streikforschung - deren Höhepunkte allerdings schon gut drei Jahrzehnte zurück liegen - als streikschwache Länder gegenüber den streikfreudigen südeuropäischen oder angelsächsischen Ländern verstanden wurden. Die institutionellen Voraussetzungen ließen dies erwarten: In beiden Gesellschaften spielten Gewerkschaften in stark verrechtlichten industriellen Beziehungen eine große Rolle und dominierten im Sinne einer tripartistischen Rollenteilung die Lohnforderungen der Arbeitnehmer. Unterschiede bestanden in der gewerkschaftlichen Struktur: Während in der Bundesrepublik die Einheitsgewerkschaften im industriellen Sektor weitgehend uneingeschränkt agierten, war in Dänemark ein stärker branchen- und berufsgruppenbezogener Organisationsaufbau - so auch für Frauen oder Ungelernte - vorhanden. In den langen 1960er-Jahren wurden die Tarife überwiegend zentral ausgehandelt. Die Gewerkschaften folgten lange Zeit dem fordistischen Lohnkompromiss, Lohnerhöhungen an die Produktivitätssteigerung zu binden. Zudem befürworteten sie in beiden Ländern die tayloristische Modernisierung der Produktion.
[...]
[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-1-126[/url]
__________________________________
Reichel, Peter: Robert Blum. Ein deutscher Revolutionär 1807-1848.Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2007. ISBN 978-3525-36136-8; kart.;232 S.; EUR 19,90.
Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Oliver Groß, Institut für Geschichtswissenschaften,
E-Mail: [mailto]gross.o@web.de[/mailto]
Zum 200. Geburtstag Robert Blums am 10. November 2007 sind gleich zwei biographische Werke erschienen - der hier zu besprechende biographische Essay von Peter Reichel sowie Ralf Zerbacks Robert Blum. Eine Biographie. [1] Beide Autoren wählen das gleiche Portrait auf dem Einband, hegen eine unverblümte Sympathie und Begeisterung für Blum und möchten ein Fanal gegen dessen Vergessen setzen. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten. Während Zerback eine erschöpfende klassische Lebensbeschreibung auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse vorstellt, versucht Reichel mittels biographischer und essayistischer Mittel auf 200 knappen Seiten "die Lebensgeschichte des Politikers Robert Blum zu erzählen" (S. 11). Der emeritierte Hamburger Politikwissenschaftler Reichel, dessen eigentliche Forschungsschwerpunkte der Nationalsozialismus und die Vergangenheitsbewältigung in der Bundesrepublik sind, begibt sich auf eine methodische und stilistische Gratwanderung.
[...]
[url]http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-1-127[/url]
________________________________