Die schweizerische Linke und Israel

Review: Kloke on Späti (in German)

Späti, Christina: Die schweizerische Linke und Israel. Israelbegeisterung, Antizionismus und Antisemitismus zwischen 1967 und 1991 (= Antisemitismus: Geschichte und Strukturen 2). Essen: Klartext Verlag 2006. ISBN 3-89861-407-7; 360 S.; EUR 29,90.

Rezensiert für H-Soz-u-Kult von:
Martin Kloke, Cornelsen Verlag, Berlin
E-Mail: [mailto]martinkloke@freenet.de[/mailto]

Die Freiburger Historikerin Christina Späti hat das spannungsreiche Verhältnis der schweizerischen Linken zum Staat Israel untersucht. Obwohl der Autorin vergleichende ältere Länderstudien von Martin Kloke (Deutschland) und Margit Reiter (Österreich) vorlagen, die ihren Erkenntnisprozess und die Struktur ihrer Analyse offenkundig wesentlich gestützt haben[1], betritt Späti wissenschaftliches Neuland. Denn in der Schweiz haben nicht wenige politische Akteure lange Zeit den Mythos gehegt, man könne das Problem des Antisemitismus - und erst recht eine antisemitisch grundierte Israelfeindschaft in der Linken - auf Deutschland und Österreich beschränken. Vereinzelte Stimmen wie der Zürcher Psychiater und sozialdemokratische Kantonspolitiker Emanuel Hurwitz, die bereits in den 1980er-Jahren aus eigener leidvoller Erfahrung auf die Virulenz eines linksgetönten Antisemitismus aufmerksam gemacht haben[2], sind kaum beachtet worden.

Zunächst skizziert Christina Späti den internationalen Forschungsstand zu den Grundfragen von Antisemitismus und Antizionismus im Kontext der politischen Linken. Dabei leistet sie einen hilfreichen Beitrag zur Ausdifferenzierung dieses komplexen Gegenstandsfeldes. Gleichwohl muss man nicht jede der Schlussfolgerungen Spätis nachvollziehen - etwa die kühne These, der Philosoph Karl Marx sei antisemitischer Ressentiments unverdächtig, auch wenn er "die zeitgenössischen judenfeindlichen Stereotype kritiklos übernommen" habe (S. 51). Aus systematischen und pragmatischen Gründen konzentriert Späti ihren Untersuchungszeitraum auf die Zeit zwischen 1967 und 1991. Auf der Basis von mehr als hundert Periodika, Flugblättern und weiteren archivalischen Materialien entfaltet die Autorin ein buntes Panorama linker Israel-Wahrnehmungen in der Schweiz. Auf Interviews hat Späti verzichtet, da die Autorin den möglichen Erkenntnisgewinn wegen der nicht selten gewandelten Überzeugungen früherer linker Akteure als vernachlässigbar einschätzt.

Im Rahmen ihrer zeitgeschichtlich als bedeutsam erachteten Zäsuren und Periodisierungen (1967-1973, 1974-1982, 1982-1987, 1988-1991) macht Christina Späti drei Grundpositionen aus:[...]

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