Psychoanalyse und Protest. Alexander Mitscherlich und die "Achtundsechziger"
Die "Achtundsechziger" in der Bundesrepublik bezogen sich theoretisch auf den Marxismus und auf die "Kritische Theorie", aber auch und nicht zuletzt auf Psychoanalyse und Sozialpsychologie. Alexander Mitscherlich verkörperte diese Wissenschaften damals wie kein anderer – und wurde zu einer der wichtigsten Identifikationsfiguren der Protestbewegung. Deren Dienstjubiläum und Mitscherlichs 100. Geburtstag am 20. September 2008 sind Anlass, über die Zusammenhänge zwischen Psychoanalyse und Protest, aber auch über die Rolle des "öffentlichen Intellektuellen" in der Bundesrepublik der sechziger Jahre noch einmal neu nachzudenken.
Was bedeutete Mitscherlichs Wort von der "vaterlosen" Gesellschaft und was machte die Attraktivität dieser Diagnose aus? Welchen Reiz entfaltete die Psychoanalyse für die "Achtundsechziger" und welche Bedeutung kam dem Thema der "unbewältigten" NS-Vergangenheit zu? Wie lässt sich die Generationenkonstellation zwischen den akademischen "Vätern" und den "Kindern" der Revolte beschreiben? Wo trafen sich deren biographische Erfahrungen, wo traten Gemeinsamkeiten, Brüche und Missverständnisse zutage?