Brief an die Deutsche Presse Agentur

RAF Document ID
0019720124
Author
Andreas Baader
Date
24.1.1972
Source
Originalkopie
Text

"Die Bullen werden solange im Finstern
tappen, bis sie sich gezwungen sehen,
die politische in eine militärische
Situation umzuwandeln." Marighella

Die Wahrheit ist, daß es seit dem Ende der Ausbildung der ersten Zwanzig in Jordanien keine Informationon aus der Gruppe mehr gibt. Die Arbeit der RAF ist geheim. Die "Sicherheitskräfte", Sicherungsgruppe, Polizei, BND, Verfassungsschutz, Bundesanwaltschaft, der Spiegel, die Springerpresse, sie alle wissen nichts.

Sie wissen nichts über die Größe, die Zahl, die Organisation, die Feuerkraft, die Taktik der Gruppen. Jedes Wort, das in der Öffentlichkeit des Bullenstaates seit eineinhalb Jahren über uns geschrieben worden ist, ist falsch, ist Spekulation oder Gegenpropaganda, mit dem Ziel, Theorie und Praxis der Stadtguerrilla zu diffamieren und einen Keil zwischen uns und unsere Basis zu treiben.

Ich denke nicht daran, mich zu stellen. Kein Typ von der RAF denkt daran, sich zu stellen. Kein Gefangener aus der RAF hat bis jetzt ausgesagt. Erfolgsmeldungen über uns können nur heissen: verhaftet oder tot. Die Stärke der Guerrilla ist die Entschlossenheit jedes einzelnen von uns. Wir sind nicht auf der Flucht. Wir sind hier, um den bewaffneten Widerstand gegen die bestehende Eigentumsordnung und die fortschreitende Ausbeutung des Volkes zu organisieren.

Die Aktion der RAF jetzt ist die Bildung politisch-militärischer Kader, die Verbesserung der Bewaffnung und der Ausbildung der Revolutionäre, die Verankerung der Gruppen in der Sympathisantenscene, die bereit ist, den bewaffneten Widerstand zu unterstützen. Die taktische Linie, der wir jetzt folgen, ist die Entwicklung der Propaganda der Stadtguerilla in den noch legalen revolutionären Organisationen und der Aufbau einer breiten logistischen Basis in allen Schichten des Volkes.

Es gibt für keinen von uns einen subjektiven oder objektiven Grund, den Kampf zu dem er sich entschlossen hat, zu verraten, nicht Genschers dreckiger Deal mit der Straffreiheit, nicht der van der Lubbe der Sozialdemokraten Ruhland, nicht die ungeheuere Militarisierung der Polizei, nicht Gefängnis, nicht Folter, auch nicht der Bullenterror gegen die Bevölkerung.
"Der Stein, den sie hochgehoben haben, wird auf ihre eigenen Füße fallen."

Wenn der Preis für unser Leben oder unsere Freiheit der Verrat am antikapitalistischen Kampf sein soll, so ist dazu zu sagen: wir zahlen ihn nicht.

Der bewaffnete Kampf entwickelt sich nicht von Schlagzeile zu Schlagzeile. Die politisch-militärische Strategie der Stadtguerilla reicht vom Widerstand gegen die Faschisierung der parlamentarischen Demokratie bis zum Aufbau der ersten regulären Einheiten der Roten Armee im Volkskrieg.
Der Kampf hat erst begonnen.

A. Baader