Sitzung des Holländisch-skandinavischen Komitees mit der Delegation aus Österreich, 25. Mai 1917

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CHA, Stockholm, N. & C., Mai 1917:2. Mschr., 11 S.1

AUTRICHE ALLEMANDE

I

Séance le 25 mai 1917

   A d l e r:2 Es war schon
vor dem Kriege schwer. Polen ist der Ursprung aller Schwierigkeiten. Die Polen
wollten Vertreter der polnischen Nation haben und haben dadurch ein Loch in die
ganze Organisation gerissen. Seit dem Pariser Kongress grosser
Streit.3 Organisatorisch war es die Schwierigkeit dieses zu ordnen.
Wie die Ukrainer es machen wollen, wissen wir nicht. Wir werden die Arbeit
nicht erleichtern dadurch, dass man die Stimmen zählt. Es ist meine
Auffassung der Konferenz, dass wir hier eine Konferenz von Leuten sind guten
Willens. Ich vertrete hier weniger Parteien als Proletariate. Und wenn wir so
tun, so vermeiden wir die Streitigkeiten. Ich werde immer stimmen dafür,
dass alle Leute, die anständige Leute sind, zugelassen werden.

   Beschluss:4 Gegen die Ukrainer kein
Einwand.5

  
T r o e l s t r a: Bosnier?

   A d l e r: Kein
Einwand.6

  
T r o e l s t r a: Die allgemeine
Auffassung dieser Konferenz.

  
E l l e n b o g e n: Das nationale
Element scheint zu einseitig hervorgehoben zu sein.7 Man muss auch
die Voraussetzungen des Krieges prüfen. Das wirtschaftliche Moment zu
wenig beachtet. Die nationalen Fragen der einzelnen Staaten bloss Vorwände
für das Eintreten in den Krieg. Später im Verlaufe des Krieges hat
das nationale Moment auch nur verschleierte Rolle gespielt. Es ist deshalb von
Nöten die allgemeinen Kriegsursachen zu kennen. Die ganze Frage von
Elsass-Lothringen, Italien u.s.w. spielt in diese Frage hinein. Das
wirtschaftliche Moment muss also beachtet werden.

  
T r o e l s t r a: Man hat
natürlich Gelegenheit auch diese Gesichtspunkte
einzuwenden.8

   R e n n e r:9
Für unseren Teil ist es ein wesentliches Moment die Freiheit der Meere zu
behaupten. Es ist dies ein Grosses und Essentielles, dass wir mehr Gewicht auf
die oekonomischen Fragen als auf die nationalen legen.10 - Diese
Dinge /Freiheit der Meere und Wiederherstellung des Völkerrechts/ liegt
uns am Herzen.

   A d l e r: Entschuldigung, dass ich
keine Vorkenntnisse der früheren Besprechung habe. Ich habe den Eindruck,
dass wir einen festeren Grund für den Frieden schaffen müssen. Das
wollen wir sagen, dass die allgemeinen Grundlagen des Friedens
Entschädigungen nur auf dem Papier [stehen]. Oesterreichische Politik hat
sich erst in den letzten Monaten dazu entschlossen ohne Annexionen offiziell
aufzutreten. Keine Annexionen abgelehnt mit Rücksicht auf Polen. Wir
wünschen nicht, dass Polen noch immer russisch ist. Nach der russischen
Revolution seitdem man in Russland die Freiheit Polens anerkannt hat, haben wir
nichts dagegen. Dieser Punkt der wichtigste. Dieses Selbstbestimmungsrecht der
Nation muss behandelt werden mit Rücksicht auf das, was da wirklich in
Oesterreich ist.11 Man kann die Deutschen nicht befreien, ohne die
Tschechen und Slovenen auch zu befreien. Recht zu einer staatlichen
Selbständigkeit ist hier der Kernpunkt.

   Ich bin ein freier Mann und ich sage: unterjocht, bedrückt
sind diese Leute /Tschechen, Deutsche u.s.w./ nicht. Die Tschechen sind
vertreten mit 2 Millionen. Die kommen und sagen, dass sie unterdrückt
sind. Es war eine grosse Dummheit, dass wenn die Tschechen einen Ausflug in
eine deutsche Stadt machen, dieses einen Ueberfall zu nennen.

   Soviel ist sicher: wir können nicht mit dem Schlagwort
"Selbstbestimmungsrecht" auskommen.12 Es ist mit den Italienern so,
dass an der Adria, Triest, Dalmatien u.s.w. nichts zu tun ist, denn da sind die
Italiener in Minorität. In Ungarn ganz dieselben Verhältnisse. In
Ungarn ist so, dass die Tschechen ein junges Volk ist, kapitalistisch
entwickelt, während die Slovaken, Rutänen [Ruthenen], Rumänen
und Serben die sind eben nicht so weit. Die fangen an nationale Gefühle zu
haben. Mit den Kroaten zu Serbien, Bosnien, Herzegovina u.s.w. liegen die
Verhältnisse ganz anders. Ich sage, dass mit solchen Redensarten
können wir natürlich nicht auskommen. Alles was das Proletariat als
Friedensbedingung ansieht, muss von uns gesagt werden. Das zweite ist die
Zukunft.13 Einen vernünftigen und gangbaren Weg müssen wir
finden. Wir werden vorschlagen, dass wir sagen: Friedensbedingungen: 1)
Keine Annexionen 2) Keine Kriegsentschädigungen. - Aber die Frage der
Selbstbestimmung gehört nicht unter diesen Punkt.

  
T r o e l s t r a:
Wiederherstellung?

   A d l e r: Kann man das?

  
T r o e l s t r a: Z.B. solche
Länder, die sich nicht an dem Krieg beteiligt haben, wie z.B.
Belgien.14

  
E l l e n b o g e n:15
Was Belgien betrifft, so ist es zweifellos, dass Deutschland eine
Erklärung der Neutralen zu schützen gegeben hat. Aber wie stehts mit
Siebenbürgen. Ueberfallen.16 - Muss man nicht eine allgemeine
Wiederherstellung dann grundsätzlich behandeln.

   Seitz: Als besondere Frage kann man aufstellen in
wieweit das Wort des Kanzlers bindend ist.17

   Diamand: Die Wiederherstellung ist fuer mich
keine rechtliche Frage. Es ist eine sehr wichtige Frage, eine europäische
und menschliche Frage. Nun bin ich der Meinung, dass das Criterium ist: wie
können die Völker diese Wiederherstellung bewirken? Diejenigen
Länder, wie z.B. russisch Polen, das durch Russland in den Krieg gekommen
ist, da ist die Wiederherstellung eine internationale Frage wie auch bei
Belgien. Es ist eine Frage internationaler Art in erster Linie. Russisch Polen
ist in derselben Lage wie Belgien. Ich möchte gerne, dass das allgemeine
Prinzip auf alle angewandt wird.

   Troelstra: Muss Belgien Wiederherstellung
haben?

   Adler: Selbstverständlich.
Verhältnissen zwischen Wallonen und Flamen ein[e] interne
Angelegenheit.18

   Hueber: Belgien ein trauriges Schicksal. Wir
muessen da nachdenken.19

   Renner: Belgien interessiert alle und das beweist
seine historische Stellung.20 Belgien hat das Schicksal gehabt, das
Schlachtfeld in Europa zu sein. Die Signaturmächte 1839 haben die
gemeinsame Verantwortlichkeit uebernommen.21 Belgien wurde unter
gemeinsamen Schutz gestellt. Soll nun Belgien wieder neutralisiert werden wie
zuvor, oder soll volle Selbständigkeit gegeben werden? Es kommt nicht
darauf an, wer die Hand hebt, sondern auch darauf an, wer dazu reizt, die Hand
zu heben.22 Die Frage ist sehr wichtig.

   Troelstra: Serbien und die anderen Balkanstaaten.
(Bericht von den Unterredungen mit den Bulgaren.)23

   Ellenbogen: Serbien: Wiederherstellung. Auf dem
selben Standpunkte wie während des Balkankrieges. Eine mögliche
Lösung ist die Vereinigung in [mit] dem Meere. Was die Frage mit
Mazedonien anbelangt so ist es eine Frage die auch Griechenland angeht. Es ist
doch unmöglich es als eine Frage nur zwischen Bulgarien und Serbien zu
betrachten. Wir haben den Balkangenossen den Vorschlag gemacht eine
Vereinbarung oder Verständigung unter den Balkanvölkern
anzustreben.24

   Renner: Dass Oesterreich Serbien nach Mazedonien
gedrängt habe geht nicht zu sagen.

   Adler: Wenn wir von Vernunft sprechen, so
können wir sagen, dass wenn Bosnien, Herzegovina und Serbien verbunden
werden, dann wuerde sich da eine Föderation ausbilden.25
Darueber ist aber nicht zu reden. Wenn wir davon reden, was geschehen
kann, da ist 's was anderes. Oesterreich wird ganz auf die
Verschluckung Serbiens verzichten. Der Streitpunkt zwischen Bulgarien und
Serbien ist Mazedonien.26 Es ist heute ebenso, dass Oesterreich der
Wiederherstellung Serbiens nichts in den Weg legt.27 Wenn wir
politisch sprechen wollen, so muessen wir sagen, dass Oesterreich Bosnien und
Herzegovina nicht aufgeben wird. Der Zustand vor dem ersten Balkankrieg soll
wieder hergestelt werden. Halte es fuer wahrscheinlich, dass man auf dem Balkan
das ewigen Streits ueber Mazedonien muede ist. Ob Föderation oder etwas
anderes weiss ich nicht. Wir muessen gar nicht sagen: Wir sind fuer
Wiederherstellung von Serbien. Wir sind hier um den Friedensvertrag zu
machen.28

   Renner: Balkan den
Balkanvölkern.29 Keine Annexionen.30

   Troelstra: Sollen von unserer Seite Forderungen
gestellt werden die als Lösungen zu betrachten sind? Oder sollen wir
Mindestforderungen stellen?31

   Hartmann: Man könnte darauf hinweisen, dass
einst eine Basis war wo Bulgarien und Mazedonien vereinigt
waren.32

   Seitz: Wir sind der Meinung, dass die
Internationale keinen Plan entwirft zur Gestaltung des Balkans.33
Wir muessen aus der Denkweise des Volkes sehen können, dass die Annexion
von Bosnien und Herzegovina .... [so in der Vorlage]34

   Troelstra:35 Denken Sie sich die
Franzosen. Da ist der feste Wille emporgekommen, Elsass-Lothringen wieder zu
gewinnen. Wir wollen (sagen sie) nicht Elsass-Lothringen loslassen, wenn nun
einmal der Krieg entbrannt ist.

   Renner: Dalmatier, Slaven, Bosnier, Herzegoviner,
Serben vereinigt. Eine solche Vereinigung der Suedslaven eine
Sicherung.36 Wir muessen jetzt fragen, was uns möglich
ist. Es werden nach dem Kriege die Fragen gelöst werden auch, aber durch
friedliche Mittel.

   Adler: Wiederherstellung Serbiens steht ausser
Diskussion.37 Ich will eine Vertretung des Proletariats gewinnen,
eine Vertretung, die einen vernuenftigen Frieden herbeifuehrt. Heute die
Preisgebung Bosniens und Herzegovinas zu behaupten - d[a]ran denkt kein Mensch.
Es ist nicht möglich die Konzessionen nur theoretisch zu behandeln.

   Diamand: spricht ueber das Verhältnis Polens
mit Oesterreich. Bei uns besteht infolge der Abgrenzung nicht die Schwierigkeit
bei der Errichtung eines selbständigen Staates. Das Manifest des Kaisers
ueber die Selbständigkeit Galiziens schafft eine Lösung die den Krieg
nicht verlängert da kein Staat darum den Krieg fortsetzen wuerde. Fuer die
Polen ist die Vereinigung der beiden Theilen eine Lebensfrage zum Unterschied
von der italienischen Frage - weil sie auf die Kulturzentra nicht verzichten
können. Eine Behaltung des bisherigen Zustands bedeutet eine fortdauernde
Kriegsgefahr. Polen kann die Bruecke zwischen den Staaten sein da es westliche
Kultur und Beziehungen zu Russland hat. Wenn Galizien abgetrennt wird, hat
Oesterreich eine ausgezeichnete Grenze. Die russische Revolution hat das
Verhältnis Oesterreichs und Polens umgewälzt. Alles was die Polen
nach dem Zentrum Oesterreichs fuehrten hat aufgehört.38 Wenn
die Vereinigung nicht geschieht, ist eine Irridenta zu befuerchten, die alle
Kreise umfassen wuerde und eine Gefahr fuer Oesterreich wäre. Die
Forderung der Vereinigung Polens mit Galizien ist eine Frage des dauernden
Frieden. Eine Unterdrueckung der kulturellen Entwicklung der Völker
bestand in Oesterreich nicht, und wir können darum Oesterreich dankbar
sein. Nur die Gleichheit mangelte, aber dies war nicht die Folge der Regierung,
sondern der verschiedenen Entwicklung. Und die nationale Reibungen suchte die
Regierung zu mildern. Die Ruthenenfrage ist durch die soziale Schichtung
schwer, weil die Ruthenen nur einen Bauernstand haben. Die Lösung ist eine
Frage der Zeit. Nicht nur die Städte sind polnisch, sondern auch die
ländlichen Bezirke in Ostgalizien. Wir haben einen Verfassungsentwurf
gemacht, dessen Geist dadurch bezeichnet wird, dass die Schlesischen Polen, wo
sie unter analogen Verhältnissen leben (in Schlesien) erklärt haben,
[daß sie] mit gleichen Rechten zufrieden wären.39

   Seitz: Das Durcheinanderleben von Ruthenen und
Polen erschwert die Frage.40 Die russische Revolution hat die
oesterreichischen Polen in eine neue Situation gebracht. Ich möchte
wissen, ob die österreichischen Polen eine Vereinigung mit Kongresspolen
auch wollen, wenn Kongresspolen in die russische Föderativrepublik
zurueckfiel. Vorschläge ueber Polen gab es genug, ueber eine
oesterreichische [Sekundogenitur]41 etc. Der Friedensvertrag wird
die Lösung bringen, wir können nur die Lösung unterstuetzen, die
die Polen selbst wollen.

Renner: Wir muessen die Ruthenen auch darum schuetzen, weil wir damit
einen Antrieb zum Krieg abschaffen. Die von den Polen den Ruthenen gegebene
Autonomie ist genuegend. Fuer eine staatliche Existenz reicht aber eine
Entwicklung nicht, wenn eine Nation aus Kleinbauern und einer kleinen Schicht
Intellectuellen (Geistlichen) besteht. Oesterreich hat Nationen nicht
unterdrueckt, sondern im Gegenteil die kleinen Nationen
conservi[e]rt.42 Die Anklagen der Entente sind in dieser Beziehung
unberechtigt. In der Bukowina z.B. sind die kleinsten Volkssplitter erhalten.
Die Erwartungen die sich auf eine Teilung Oesterreichs richten, gehen nicht auf
nationale Befreiung aus, sondern auf wirtschaftliche Einverleibung. Es giebt
Gebiete wie z.B. des Banat, wo 4 Nationen nebeneinander wohnen und jede ihre
kulturelle Eigenart bewahrt hat. Bezueglich der Polenfrage können wir uns
mit der Selbständigkeit Galiziens abfinden, aber sie ist jetzt nicht
aktuell. Was die Wiederherstellung Polens anlangt, so sind wir immer dafuer
eingetreten. Wir können jetzt nur an das Gegebne anknuepfen und das ist,
dass Kongresspolen am leichtesten wiederherzustellen ist, und dass man es
diesem ueberlässt, mit Deutschland und Oesterreich an der Lösung der
Polenfrage im demokratischen Sinne zu arbeiten.

   Adler: Es genuegt uns, dass jetzt ein
selbständiges Polen geschaffen wird. Wuerde ein Kongress die Abtrennung
Galiziens fordern, wuerde ich mit beiden [Händen?] dafuer stimmen. Ich
glaube, dass eine kulturelle Entwicklung die Krakau von Warschau trennt,
unmöglich ist. Man hat bei uns eine Zeit an eine Angliederung
Kongresspolens an Galizien oder an Trialismus gedacht. Dies scheiterte an
Widerstand Deutschlands, besonders Ungarns. Ich bin aber ueberzeugt, dass diese
Vereinigung sich vollziehen wird und muss ohne Weltkrieg, weil Oesterreich mit
einer fortdauernden Polenfrage nicht leben kann.

   Diamand: Seitz' Frage ist utopisch. Wir haben
keinen Ueberblick ueber die Verhältnissen in Russland, wo die
Konsolidierung fehlt und die Gefahren gross sind. Ich habe nur ueber die
Vereinigung russisch Polens mit Galizien gesprochen. Dr. Adler hat ueber die
Unmöglichkeit der Aufrechterhaltung der Trennung das Wesentliche
gesagt.

   Seitz: Beschränke mich zu verweisen auf den
Beschluss 1913, dass wenn Elsass-Lothringen im Rahmen Deutschlands bleibt, es
ein Bundesstaat sein soll.43 Dieser Beschluss zeigt die beste
Lösung an. Sonst möchten wir da nicht vorgreifen.

   Troelstra: Wollen Sie sich fuer eine
Volksabstimmung erklären?

   Huysmans: Die Deutschen und die Franzosen haben
nie darauf verzichtet. Die Resolution 191144 bezieht sich auf die
Verhuetung des Krieges. Der Krieg ist gekommen und hat die Frage wieder
aufgeworfen. Verzichtet haben die Franzosen nicht, und die Deutschen
selbst standen bis 1907 auf dem Standpunkt Bebels, von 1871.45 Die
Konferenz in Haag46 hat festgestellt, dass es eine Frage
Elsass-Lothringens giebt.

   Troelstra: Wenn es möglich sein wird, so ist
es geeignet, dass auch die österreichische Partei ihren Einfluss
ausuebt.

   Adler: Es giebt eine Frage Elsass-Lothringens. Es
giebt ein Buch von Sembat vor dem Kriege, worin gesagt wird dass es eine innere
Frage Deutschlands ist.47 Es ist nun mehr als vierzig Jahre seitdem.
Das muss auch beachtet werden. Bin ueberzeugt, dass die politisch-kulturelle
Entwicklung auch in Elsass-Lothringen selbst eine Wandlung gehabt hat. Fuer uns
stehen die Sachen schwer. Wir wollen den Frieden. Die Annexion bedeutet eine
Kriegsgefahr fuer Europa. Eine Desannexion ist auch eine Gefahr. Ohne
Einmischung des nationalen Empfindens ist das was wir sagen. Die paar Bezirken
in Lothringen können französisch werden.48 Hier liegt ein
schwieriger Punkt. Die deutschen Genossen werden jeden Schritt machen. Ich
weiss nicht wie man sich eine Volksabstimmung vorstellt. Wenn wir konkret ueber
die Frage sprechen so muessen wir sagen, dass der Krieg gezeigt hat, dass
Deutschland nicht so leicht zu bezwingen ist. Wenn man das Unmögliche
verlangt wird das nur den Krieg verlängern. Aber in Frankreich vor dem
Krieg und wohl auch jetzt giebt es Leute die sich mit dem Möglichen
begnuegen. Wir wollen gern unsere deutschen Freunden bitten, so weit als
möglich zu gehen, um es den Franzosen leichter zu machen. Aber ich hoffe,
dass auch die Freunde der Franzosen gleichermassen wirken.

   Branting: Das von Adler erwähnte Buch von
Sembat hatte den Zweck zu beweisen, dass Elsass-Lothringen einen Krieg nicht
rechtfertige. Aber es kam der Krieg und es war ein unverschuldeter
Angriffskrieg. Der Frankfurter Frieden49 ist aus der Welt, und die
Bedingungen, die volle Autonomie die ihnen frueher genuegten. Habe mit Genossen
aus Frankreich gesprochen, die nicht so ohne weiteres fuer eine Volksabstimmung
sind. Die Hauptsache ist, dass die französischen Sozialisten nicht die
Meinung lassen können, dass das Volk Elsass-Lothringens sich selbst
bestimmen muss.50 Das ist der Ausgangspunkt jetzt. Es ist doch eine
Annäherung an den Rechtstandpunkt.51 Dann fragt man sich
natuerlich: Was wird aus dieser Abstimmung hervorgehen? Sie können sich
nicht vorstellen, dass Strassburg französich werden will. Es wurden nie
Versuche frueher gemacht, die Sprache der Bevölkerung zu änderen. Ich
glaube, dass man nicht die Gemeinsamkeit in den Erinnerungen an 1789 vergessen
soll. Wenn man ueberhaupt anerkennt, dass die Bevölkerung selbst
entscheiden muss, so könnte man doch die Sache unter schweizerische
Kontrolle erledigen. Es fragt sich, ob dieser Gendarmeneinfluss in einem Lande
wo die Möglichkeit einer Kontrolle grösser ist als auf dem Balkan
nicht möglich wäre. Schwierigkeit zwar zu bestimmen, welche
abstimmen sollen. Doch eine Möglichkeit, wenn guter Wille vorhanden
ist.52 Sehr empfehlenswert, wenn die oesterreichischen Genossen
einen Einfluss ausueben wollen. Auch aus dem Friedensantrag, der durch
Borgbjerg vermittelt wurde, geht hervor, dass man in der deutschen Partei den
Anfang gemacht hat.53

   Renner: Es sind keine in dem Krieg ungluecklicher
als die Franzosen.54 Wir stehen freier und können Zeugnis
geben. Fuer die Deutschen steht die Sache so, dass Elsass-Lothringen ein altes
deutsches Land ist. Die Deutschen sagen, dass die Elsässer, abgesehen von
der Rechtsfrage, auch ethnographische Gemeinschaftlichkeit mit den Deutschen
haben.55 Es giebt keinen Deutschen, der zusagen wuerde, dass dieses
Land nach Frankreich zurueckgeht. Wir können der deutschen
Sozialdemokratie zumuten, ueber diese Sache zu verhandeln, aber es ist zu
fuerchten, dass sie es nicht einwilligen. Wenn die Internationale ihre Aktion
darauf baute und den französischen Genossen die Vorspiegelung der
Wiedergewinnung dieses deutschen Gebietes machte, so wäre es kaum wohl
bedacht. Die Bauer[n]- und Arbeiterschaft in Elsass-Lothringen ist und bleibt
deutsch. Wenn die Elsässer nach 5 Jahren nach Frankreich uebergetreten
sind, was giebt 's fuer Garantie gegen das alte Mis[s]verständnis? Ich
halte an der Autonomie der Nationen [fest] und ich bin damit ganz
einverstanden, den Deutschen die Frage klarzulegen.

   Ellenbogen: Ich betrachte es als eine
verhängnisvolle Tatsache, dass die Elsass-Lothringische Frage so
zugespitzt ist. Es muss eine unaufhörliche Reihe neuer Offensiven
herbeifuehren. Es unterliegt keinem Zweifel, dass das ganze deutsche Volk es
als eine Ehrensache betrachtet. Betrachtet man die Widerstand[s]fähigkeit,
so muss Elsass-Lothringen noch lange warten. Wie wir es kennen, kann
Deutschland auf seine militärische Kraft vertrauen. Ebensowenig wie
Deutschland Elsass-Lothringen herausgiebt, ebensowenig giebt es Plebiszit. Und
das Plebiszit wuerde kaum durchgefuehrt werden können. Auch wenn die
Volksabstimmung stattfände, so wäre es keine Lösung sondern nur
Ausgangspunkt fuer neue Streitigkeiten. Jedem Genossen zuzureden halte ich fuer
Pflicht.56 Aber ich muss gestehen, dass nach Scheidemann's Rede es
wirklich etwas ist, was eine Basis fuer Verständigung geben
kann.57 Scheidemann's Erklärung war furchtbarer Wirkung, machte
grosse Erregung. Die Politik der deutschen Mehrheit ist sehr klug. Man soll
auch den französischen Genossen die Lage der Frage klarzulegen.

   Hartmann: Aufgabe des Bureaus zu sagen, dass man
sich verständigen muss. In Frankreich die Frage Elsass-Lothringen wichtig.
Macht man aber einen Versuch einen Gewaltakt durch einen anderen zu ersetzen
begeht man einen verhängnisvollen Fehler. Man muss also darauf hinweisen,
dass die Franzosen das einsehen.

   Van Kol: Ich sehe nicht ein, dass
Elsass-Lothringen eine sozialistische Frage ist. Es ist auch schwierig
zu entscheiden, wie dies geschehen soll.

   Nächste Sitzung am 26. Mai 10 Uhr
vormittags.58

Anmerkungen

1   In CHA, Stockholm, N. & C., Mai 1917:2, auch hschr.
Mitschrift (40 S.) von Engberg und hschr. Notizen (franz., 7 S.) von Huysmans.
Notizen von Troelstra in IISG, NL Troelstra, 423. Zweite Sitzung am 26.5.1917
Dok. Nr. P/22 und Pressekommuniqué zu beiden Sitzungen Dok. Nr. P/22a.
Berichte von Stauning in dän. Social-Demokraten 26.5.1917, S. 7 (gez. W.);
von Oscar Bam, 26.5.1917, in PA AA, WK Nr. 2 c, Bd. 1, S. 35-41, und abgedruckt
bei Lademacher 1967/1, S. 513-517; von Gustav Mayer, 29.5.1917, nach
Mitteilungen eines über Berlin heimkehrenden Teilnehmers, in PA AA, WK Nr.
2 c, Bd. 11, S. 11; Bericht des Parteivorstands und Referat von Victor Adler
auf dem Parteitag der DSAPÖ, 19.-24. Okt. 1917, Protokoll S. 33-36 (17-51)
bzw. S. 278-288. - Zwei Antwort-Entwürfe auf den Fragebogen (6 S. bzw. 7
S.), in IISG, NL Victor Adler, 3. Das österreichische Memorandum in CHA,
Stockholm, N. & C., Mai 1917:3 und Mai 1917:4; ARAB,
Holländsk-skandinaviska kommittén, Box 1; IISG, NL Troelstra, 426;
IISG, NL Wibaut, 226 (mit Unterstreichungen). Abgedruckt in Stockholm 1918, S.
124-127. Eine andere Version abgedruckt in DSAPÖ, Protokoll Parteitag Okt.
1917, S. 72-78 ("Antwort der Delegation der deutschen Sozialdemokratie in
Österreich"). Diese ist ausführlicher und systematisch im
Anschluß an den Fragebogen strukturiert. Es handelt sich zweifellos um
eine überarbeitete Fassung für den Parteitag, in die Stellungnahmen,
die im Komitee mündlich und in Antworten anderer Delegationen, vorgetragen
wurden, eingearbeitet worden sind. Siehe kurze Zusammenfassung in Dok. Nr.
P/22a, Anm. 1. - Zu den Sitzungen und zur österreichischen Delegation
besonders Marin 1992, S. 409-413, und Marin 1996, S. 122-140; siehe auch
Böhm 1968, S. 617f.; Wanner 1983, S. 468, 470f., 474; Höglund 1929,
S. 189f.; Troelstra 1931, S. 123-126. - Nach den angeführten Notizen von
Huysmans waren vertreten die gesamte österreichische Delegation: Victor
Adler, Wilhelm Ellenbogen, Karl Seitz, Anton Hueber, Karl Renner, Ludo Hartmann
und vom Holländisch-skandinavischen Komitee Troelstra, Nina Bang,
Möller, Huysmans und Engberg. Anwesend war auch Hermann Diamand von der
polnischen sozialdemokratischen Partei Galiziens und Schlesiens, dessen
Teilnahme zusammen mit den Österreichern Huysmans als "zweckmässig"
angesehen hatte; siehe sein Telegramm an Diamand, 15.5.1917, in CHA, Stockholm,
Corr., Mai 1917. Aus dem Protokoll geht hervor, daß auch Branting,
zumindest zeitweilig, anwesend war. - Die österreichischen Delegierten
waren am 18.5. in Stockholm eingetroffen, Victor Adler ausgenommen, der wegen
des Urteilsspruchs im Prozeß gegen Friedrich Adler (am 19.5.) erst am
25.5. ankam. Diamand kam am 23.5. Siehe Pressekommuniqué 18.5. und
24.5.1917, in CHA, Stockholm, N. & C., Mai 1917:2; schwed.
Social-Demokraten 19.5., S, 5, 25.5., S 1, und 26.5., S. 1. - Zur
Paßgenehmigung der österreichischen Delegierten Böhm 1968, S.
616f., 619. Die österreichische Gesandtschaft in Stockholm wurde
angewiesen, mit den österreichischen und ungarischen Delegierten
"vertraulich möglichst enge Fühlung" zu unterhalten und, falls sie
"eine vom Standpunkte unserer staatlichen Interessen abträgliche Haltung"
einnähmen, "im Sinne einer weniger inopportunen Betätigung
einzuwirken"; zitiert bei Marin 1996, S. 122, Anm. 55.

2   Nach den oben in Anm. 1 nachgewiesenen Notizen von Huysmans
hatte einleitend Troelstra alle begrüßt, besonders Victor Adler, und
zwar nach Stauning, dän. Social-Demokraten 26.5.1917, S. 7, "mit
bewegenden Worten" ("i bevægende Ord") ("Internationalens Ældste,
til hevm hele Proletariatet ser op med Hengivenhed og Ærefrygt, og af
hvis Klogskab og mæglende Sind det venter saa meget för Fredens Sag"
[den Ältesten der Internationale, zu dem das gesamte Proletariat mit
Hingabe und Ehrfurcht aufblickt und von dessen Klugheit und Vermittlungsgabe es
sich so viel für die Sache des Friedens erwartet]). - Victor Adler blieb
vom 25.5. bis 6.7. in Stockholm. Nach den Vorkonferenzen habe er "keine andere
Funktion und Absicht", als "auf Sie resp. auf russische Genossen zu warten", so
schrieb Adler an Akselord, 14.6.1917, IISG, NL Friedrich Adler, 14. Victor
Adler wurde in Stockholm krank (Herzbeschwerden), siehe Nina Bang an Stauning,
31.5., SDF, 528, die ihn im Hotel besuchte und ihn zu einem Arzt brachte, eine
Tat, die sie selbstironisch als "ein neues internationales Opfer meiner
Reformen"("et nyt internationalt Offer for mine Reformer") bezeichnete;
Krankenbescheinigung von Isreal Holmgren, 3.6.1917, in ARAB, NL V. Adler. Zu
Adlers Aufenthalt siehe die Würdigung von Renner in Der Kampf, Nr. 9,
Sept. 1917, S. 233; Scheidemann 1921, S. 142f. (Mitte Juni); Höglund 1929,
S. 189 (auf deutsch auch in Victor Adler 1968, S. 97f.); Troelstra 1931, S.
124-126; Vliegen 1938, S. 284; Huysmans in Victor Adler 1968, S. 101f.;
Herlitzka 1967, S. 55, 58; Wanner 1983, S. 470f., 473-475, 499; Björk
1988, S. 347-349, und Björk 1991, S. 65; Marin 1996, S. 137f., 139. -
Siehe auch Dok. Nr. P/46, Anm. 1.

3   Auf dem Pariser Kongreß der Zweiten Internationale wurde
das ISB gebildet, das u.a. auch zur Aufgabe hatte, Beitrittsgesuche zur
Internationale zu prüfen und bei drohender Spaltung der Parteien seine
Vermittlung anzubieten (siehe zur sozialistischen Einheit auch den Amsterdamer
Kongreß 1904). - Zu den Nationalitätenkonflikten in der
Arbeiterbewegung in Österreich vor 1914 Löw 1984.

4   Nach den Notizen von Huysmans nachgewiesen oben in Anm. 1:
Diskussion um "I Les partis divers a) Ukraine: constituaient avec
section autrichienne veulent section séparée 
Conclusion: alle "bona fide" Parteien reçus b) Slovène pas
[... ? schwer lesbar] accord c) Burian: Stein: Bohème. d)
entendrons Bosniens".

5   Die ukrainische sozialdemokratische Partei erbat in einem
Rundschreiben

an die der Internationale angeschlossenen Organisationen, o.D. [Juli 1917 ?]
um deren Zustimmung, eine eigene Sektion noch vor dem geplanten Beginn der

Stockholmer Konferenz am 15.8. bilden zu dürfen, in ARAB, NL Branting,
4.1:2; ABA, SDF, 528. Troelstra nannte diesen Antrag in Het Volk 4.8.1917, S.
2, "Brieven uit Stockholm" [Briefe aus Stockholm], dat. 28.7. Die DSAPÖ
hatte "keine Einwände", so Skaret an Huysmans, 20.8.1917, in CHA,
Stockholm, Corr., Aug. 1917, Nr. 69; siehe auch schwed. Social-Demokraten
14.9.1917, S. 3. - Im ukrainischen Memorandum verlangte man "alle Rechte einer
besonderen Sektion der Internationale" auf dem geplanten Kongreß und im
ISB; siehe Nachweis in Dok. Nr. P/36a.

6   In den oben in Anm. 1 nachgewiesenen Notizen von Huysmans
wurde danach auch von "Histoire Bauer", dem Schicksal von Otto Bauer,
gesprochen. Siehe dazu Victor Adler an Branting, 7.5.1917, ARAB, NL Branting,
3.1:11; Telegramm Adler an Branting, datiert Wien 8.5.1917, in CHA, Stockholm,
Corr., Mai 1917, Nr. 31; ein weiteres (Eingangsstempel 9.5.1917) Nr. 37. Dort
Nr. 32 auch Telegrammkonzept Brantings an Tscheidse (Ccheidze) in Petrograd, wo
Victor Adlers Bitte einer Aktion für Otto Bauer vorgetragen wird. - Siehe
weiter Huysmans an Wilhelm Ellenbogen, 16.3.1917, und dessen Antwort 26.3., zur
Anschrift von Bauer; Briefdurchschlag an Tscheidse (Ccheidze) und an Kerenskij,
6.4., sowie an Otto Bauer, 6.4., mit dem Vorschlag, Bauer als Bibliothekar im
Gefangegenenlager zu beschäftigen; sämtliche in CHA, Dossiers, I 603
A. Telegrammkonzept Staunings an Nina Bang, 30.5.1917, die sich bei Adler nach
Bauers Aufenthaltsort erkundigen sollte - es ging um einen geplanten Austausch
gegen Julian Marchlewski (Karski); siehe ein weiteres Telegrammkonzept
Staunings an Nina Bang vom 30.5. Beide in ABA, SDF, 528. Außerdem
Telegrammkonzept an Ccheidze (Tscheidse) in Petrograd, 2.6.1917, in ABA, SDF,
531, und an Otto Bauer (in Sibirien) über V. Adler (in Stockholm), o.D.,
in ABA, SDF, 537. - In schwed. Social-Demokraten 17.7.1917, S. 1, wird
mitgeteilt, daß Otto Bauer, den man als Dolmetscher für die
Stockholmer Konferenz zu gewinnen denke, "vor einiger Zeit" ("för en tid
sedan") die Erlaubnis bekommen habe, nach Petrograd zu kommen, "und jetzt ist
er ganz frei" ("och nu är han helt fri"). In Petrograd wohnte Bauer
mehrere Wochen bei Lydia und Theodor Dan. Im September wurde er nach
Österreich entlassen. - Zu seiner Gefangenschaft und Entlassung siehe
Bourdet 1970; Löw 1980, S. 9-12; Steiner 1988, S. 142-146.

7   Gemeint ist: im Fragebogen, siehe Dok. Nr. P/15b, und zwar
"III Question générale", wie aus den oben in Anm. 1
nachgewiesenen Notizen von Huysmans hervorgeht. - Ein Exemplar des Fragebogens
mit der hschr. Mitteilung auf der Rückseite in IISG, NL Victor Adler, 3:
"Lieber Freund! Dies sind die Fragen die Euch in der Vor-Conferenz vorgelegt
werden. Ich schicke es Ihnen zu, damit Sie eine Nacht drüber schlafen
können." [Unterschrift schwer lesbar]. Dort auch zwei
Antwort-Entwürfe auf den Fragebogen.

8   In den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Président [d.h. Troelstra]: La paix est surtout
déterminée par les questions nationales".

9   Zu Renners Auffassung siehe auch sein Interview in Dagens
Nyheter 23.5.1917, S. 1; seinen Artikel "Stockholm" in Der Kampf, Nr. 5-6,
Mai-Juni 1917, S. 125-129, und besonders sein Buch Marxismus, Krieg und
Internationale. Kritische Studien über offene Probleme des
wissenschaftlichen und des praktischen Sozialismus im und nach dem Weltkrieg
(Stuttgart 1917). - Im angeführten Interview erklärte Renner,
daß "Stockholm" weder die Diplomatie ersetzen noch Frieden schaffen
könne, aber man könne die öffentliche Meinung beeinflussen. Es
könnten vor allem Mißverständnisse beseitigt und "die
Friedensbedingungen objektiv und sachlich diskutiert und klargestellt werden"
("fredsvillkoren kunna objektivt och sakligt debatteras och klarläggas").
In Österreich seien die zehn Nationalitäten immer gut miteinander
ausgekommen, und der Krieg habe "Verträglichkeit" ("fördragsamhet")
gelehrt."Aber wir wollen uns selbst befreien" ("Men vi vill själva
göra oss fria"), nicht durch Waffengewalt voneinander getrennt werden. Ein
Friede werde angestrebt, "daß wir endlich alleine und gemeinsam unser
Haus bestellen können" ("att vi äntligen ensamma och gemensamt kunna
få bestyra om vårt hem"). - Siehe auch Nachweis unten Anm. 36 und
Dok. Nr. P/22, mit Anm. 30.

10   In den oben in Anm. 1 nachgewiesenen Notizen von Huysmans:
"Pour nous, les questions économiques sont principales de même que
le développement du droit international. Les questions nationales
n'étaient qu'un prétexte". Dieser Standpunkt wird auch deutlich
im Pressekommuniqué, Dok. P/22a, und in den beiden österreichischen
Memoranden, nachgewiesen oben in Anm. 1. - Im ukrainischen Memorandum werden
ebenfalls die nationalen Verhältnisse als "günstiger Kriegsvorwand"
angesprochen; Dok. Nr. P/36a.

11   In den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1: "La
question nationale est insoluble. A l'ouest on ne comprend pas l'Est. On ne
peut libérer les nations dites sans enchaîner d'autres. Il n'y
a pas de nationalité opprimée en Autriche
. Les
nationalités ne correspondent pas aux états. Impossible de
démêler". - Dieser Standpunkt auch im Pressekommuniqué,
Dok. P/22a, und in den beiden österreichischen Memoranden, nachgewiesen
oben in Anm. 1. Da ist jeweils von nationalen Fragen als "Kriegsvorwänden"
und von "Vorwänden" einer Befreiung der kleinen Völker
Österreichs die Rede. Österreich erhalte vielmehr "die kleinen
Nationen". In den Memoranden wird empfohlen, Österreichs "interessante
Rechtsformen" zum Schutz der nationalen Minderheiten zu studieren; sie
wären "der Nachahmung anderer Nationalitätenstaaten wert".

12   In den oben in Anm. 1 nachgewiesenen Notizen von Troelstra
wird dieser und ein folgender Satz zusammengefaßt wiedergegeben:
"Selbstbest.recht der Nat: met zulke [mit solchen] Redensarten kommen wir nicht
weiter". - Daß "alle Streitigkeiten über das
Selbstbestimmungsrecht töricht" seien, erklärte Adler auch auf der
gemeinsamen Besprechung mit der MSPD in Stockholm am 3.6.1917; siehe
Nachweis Dok. Nr. P/27a, Anm. 5.

13   In den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Passons à la Hongrie. Il y a là des nationalités
très arriérées. Nous ne pouvons que dire ce que le
prolétariat de ces nationalités désire. Nous pouvons dire
aussi ce que l'avenir nous réserve: le développement du droit
international". - In seinen Notizen hat Troelstra besonders notiert:
"Toekomstige int. princ. voorstellen" [zukünftige internationale
Prinzipien vorschlagen].

14   Adler antwortete darauf nach den Notizen von Huysmans,
nachgewiesen oben in Anm. 1: "Il y a encore d'autres pays
dévastés. Pologne. Galice orientale".

15   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1,
erklärte Ellenbogen zunächst: "La restauration dépend de
la faute. Nous ne croyons pas que l'Allemagne est seule coupable".

16   Nach den Notizen von Troelstra, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Rumenie: heeft Zevenburgen onderwerpen" [Rumänien: hat Siebenbürgen
unterworfen]. Nach den Notizen von Troelstra und Huysmans wies Ellenbogen auch
auf Trentino hin.

17   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1,
erklärte er im Hinblick auf Belgien auch: "Affaire à régler
entre les All[emands] et les Belges". So auch in den Notizen von Troelstra, wo
noch hinzugefügt ist: "blijft het buiten onze beschouwing" [lassen wir
außer Betracht].

18   Nach den Notizen von Troelstra, nachgewiesen oben in Anm. 1,
wies Adler aber auch auf "die kollektive Verantwortlichkeit" ("coll. verantw.")
der Großmächte hin.

19   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1,
erklärte er: "C'est une question tragique et spéciale qui devrait
être résolue spécialement. Nous avons une obligation morale
à ce sujet. Nous devons soutenir".

20   In den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1, die
Formulierung: "La Belgique est un compositum entre les grands pays".

21   Im Londoner Protokoll von 1831, bestätigt im Vertrag von
1839, garantierten die Großmächte Belgien als selbständigen
Staat mit dauernder Neutralität.

22   In den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Les puissances signatrices ont la responsabilité collective de
la restauration. L'All[emagne] est coupable d'avoir levé la main.
L'Angl[eterre] est coupable d'avoir provoqué cette levée. Les
puissances signataires ont collectivement le devoir de retablir". - In den
beiden österreichischen Memoranden, nachgewiesen oben in Anm. 1,
erklärte man sich nur "gegen die Annexion von Belgien"; siehe auch
Pressekommuniqué, Dok. P/22a. In der ausführlicheren Version
erklärte man noch, es sei "wünschenswert", den Flamen und Wallonen
Autonmie zu gewähren. - Die Wiederherstellung u.a. von Belgien wird auch
in der tschechischen Zusatzerklärung (nachgewiesen in Dok. Nr. P/22, Anm.
9) gefordert, ebenso im ungarischen Memorandum, dort in erster Linie durch
Deutschland, aber es wird auch die Hilfe der anderen kriegführenden
Großmächte genannt (siehe Dok. Nr. PP/25a).

23   Siehe Vorkonferenzen mit der bulgarischen Delegation am
21.-22.5.1917, Dok. Nr. P/17.

24   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"La question doit être tranchée pour tous les Balcans". - Zur
Balkanföderation Stavrianos 1964; Rothschild 1959, S. 63, 64f., 70;
Damianova 1963, S. 83f.; Leon 1976, S. 29f.; Hausleitner 1988, S. 64-67.

25   In den Notizen von Troelstra, nachgewiesen oben in Anm. 1,
die Formulierung: "vernünftigste vorming groot zudslav. Körper" [am
vernünftigsten Bildung eines großen südslawischen
Körpers].

26   Siehe Dok. Nr. P/17. - Zu Mazedonien Adanir 1994. - Die
Mazedonienfrage wurde nach dem Friedensentwurf des
Holländisch-skandinavischen Komitees am 10.10.1917 im Komitee und von
bulgarischer, serbischer und griechischer Seite diskutiert, siehe Dok. Nr.
P/72a und Nr. P/74a-c.

27   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1: "Il
faudra rétablir la Serbie, peut-être avec le Montenégro,
donc une situation acceptable pour la Serbie et l'Autriche". - In den beiden
österreichischen Memoranden, nachgewiesen oben in Anm. 1, erklärt man
sich für "die staatliche Selbständigkeit" Serbiens, die Vereinigung
mit Montenegro und freien Zugang zum Meer; siehe auch Pressekommuniqué,
Dok. P/22a. Im ausführlicheren Memorandum heißt es außerdem
noch, daß der Zugang zum Meer "durch keinerlei völkerrechtliche
Vorbehalte eingeschränkt werden soll". Auf das österreichische
Interesse für die Serben weist Marin 1996, S. 120, hin. - Siehe auch unten
Anm. 37. - Für die Wiederherstellung Serbiens sprach sich auch die
tschechische zentralistische Delegation in ihrer Zusatzerklärung aus
(nachgewiesen in Dok. Nr. P/22, Anm. 9), ebenso die ungarische Delegation
(siehe Dok. Nr. P/25 mit Anm. 9-10 und Nr. 25a) und die bosnische Delegation
(siehe Dok. Nr. P/16a, Anm. 3). Die Ungarn verlangten in diesem Zusammenhang
auch, daß Österreich die "traditionelle" Wirtschaftspolitik Serbien
gegenüber aufgebe. Siehe weiter die kroatisch-slawonische Stellungnahme
(Dok. Nr. P/64 mit Anm. 3). Zur Stellungnahme der serbischen Delegation siehe
Dok. Nr. P/74a mit Anm. 9 und Nr. P/74b).

28   In der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1,
danach durchgestrichen: "Wir können doch nur Dinge behandeln die".

29   In der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1,
ist diese Forderung unterstrichen und mit Ausrufezeichen versehen. Sie steht
auch im Pressekommuniqué, Dok. P/22a, und in den beiden
österreichischen Memoranden, nachgewiesen oben in Anm. 1.

30   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Nous n'imposons rien aux Serbes. Nous ne donnons que des conseils. S'il
fallait être [... ? schwer lesbar] q[uel]q[ue] ch[ose] de lui, il
faudrait réunir les Serbes Croates et les unir en un pays qui compte le
+ grand nombre de Croates, leur donner une base convenable: la mer. Mais, nous
sommes contre les annexions".

31   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1,
abschließend: "Dresser un plan. Faut paix durable".

32   Nach den Notizen von Troelstra, nachgewiesen oben in Anm. 1,
wies Hartmann auf 1912 hin. - Bulgarien verlor Mazedonien im Frieden von
Bukarest im August 1913.

33   In den Notizen von Troelstra, nachgewiesen oben in Anm. 1,
heißt es dagegen: "Int. moet zur geeigneter Zeit een plan van
Balkan ontwerpen" [die Internationale muß zur geeigneter Zeit
einen Plan für den Balkan entwerfen]. In den Notizen von
Huysmans: "Seitz: Question de savoir si paix immédiate ou paix
dans q[uel]q[ues] temps. Le plan que nous formerions deviendrait un but de
guerre. Espoirs seraient développés. N'aurait pas un but
réel. L'idée d'enlever la Bosnie prolongerait la guerre. Le plan
après la paix. Pas de plan mais prolongation de guerre".

34   Das Ende des Satzes fehlt auch in der Mitschrift von Engberg
(Ende einer Seite), nachgewiesen oben in Anm. 1.

35   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Troelstra. Si le raisonnement de Seitz était continué, il
n'y aurait qu'à se rallier à ce que décident les
g[ouvernemen]ts. Ce point de vue ne peut réunir les socialistes. Il faut
faire pression sur g[ouvernemen]ts".

36   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Si bon sens, il faut réunir les Serbes d'Autriche et de Serbie, et
constituer un état au sein de l'Autriche. Meilleure situation
économique. Nous Allemands seraient diminués. Donc pas avantage.
Nous ne le disons pas p[ou]r éviter le reproche de vouloir annexer". -
Benes 1928, S. 295, Anm. 1, weist besonders auf Renners Plan von einem
Groß-Österreich, einer Donauföderation, hin. Nach
tschechoslowakischer Beurteilung sei dies "Ausfluß der
national-chauvinistischen Politik des österreichischen
Kleinbürgertums". Marin 1996, S. 119, bezeichnet Renner als "il difensiore
più strenuo" der Einheit des Habsburger Reiches. Renner war wegen dieses
Standpunkts auch für die Erneuerung der "österreichischen
Internationale", was sich aber nicht verwirklichen ließ, da die
DSAPÖ in Stockholm "in fast allen konkreten nationalen Fragen im Gegensatz
zu ihren österreichischen Schwesterparteien" befand, so Unfried 1988, S.
129f. - Von österreichischer Regierungsseite notierte man positiv,
daß die österreichische Delegation "sich korrekt und für die
Taktik der Regierungspolitik sehr klug" verhalten habe; genannt in Wanner 1983,
470f., und Marin 1996, S. 136.

37   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1,
wies Adler auch auf die Resolution des Baseler Sozialistenkongresses von 1912
hin, wo u.a. gegen eine Verwandlung Serbiens "in eine Kolonie Österreichs"
und für eine "demokratische Selbstregierung" des innerhalb
Österreich-Ungarns lebenden "südslawischen Volkes" Stellung genommen
wird. Resolution im Protokoll von Basel 1912 (Berlin 1912), S. 23-27. -
Der Hinweis auf Basel auch in den beiden österreichischen Memoranden,
nachgewiesen oben in Anm. 1, und im Pressekommuniqué, Dok. Nr.
P/22a.

38   In der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1,
danach durchgestrichen: "Polen ist ein Hindernis".

39   In den Notizen von Troelstra, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Een Poolsche staat moet wederhergestellt werden" [Ein polnischer Staat
muß wiederhergestellt werden]. Diamands Stellungnahme wurde
ausführlich notiert; dagegen in den Notizen von Huysmans nur: ("demander
texte)" sowie vier kurze Sätzen zu Galizien (Ruthenenfrage). - Diamands
Reise wurde vom österreichischen Auswärtigen Amt sanktioniert. Er
schrieb in seinem Tagebuch am 14.5.1917, daß er nicht wisse, wer ihn
für die Reise nach Stockholm vorgeschlagen habe, aber als er vorgesprochen
habe, sei alles schon vorbereitet gewesen. Auf dem Weg nach Stockholm
führte er in Berlin am 20.5. Gespräche mit Ebert und Scheidemann und
erfuhr, daß die deutsche Regierung an der Konferenz Interesse zeige. Dazu
den Beitrag von Feliks Tych, Die Stockholmer Konferenz 1917 und die polnische
Frage, auf einer Konferenz in Stockholm, 2.-3.12.1987, S. 5f. (mit Bezug auf
Diamands Erinnerungen mit Tagebuchaufzeichnungen, Bd. 1, 1932, und seinen
Nachlaß in Warschau). Diamand kam am 23.5.1917 nach Stockholm. Siehe auch
sein Interview in Dagens Nyheter 26.5.1917, S. 1. Er forderte dort "ein
unabhängiges polnisches Reich, das sämtliche polnischen Länder
und Völker umfaßt" ("ett oavhängigt polskt rike, som i sig
innesluter alla polska länder och folk"). Die von Rußland und
Deutschland versprochene Wiederherstellung und Selbständigkeit Polens sei
eine wichtige Voraussetzung für den Frieden. Von der österreichischen
Regierung distanziere man sich, weil man den Anschluß Galiziens an die
übrigen polnischen Landesteile nicht gefördert und im Krieg Polen
bisherige demokratische Rechte entzogen habe. Der österreichische
Außenminister Czernin forderte anläßlich dieses Interviews,
auf Diamand einzuwirken, damit er mehr Zurückhaltung übe, Czernin an
Fürstenberg, 29.5.1917, HHStA, PA I, Krieg 25 z, rot 957. In
Tagebuchaufzeichnungen schrieb Diamand, daß er bei den
veröffentlichten Interviews leider nicht kontrollieren könne, was
alles entstellt worden sei. - Von Seiten der österreichischen Delegation
und der MSPD war man zwar für ein unabhängiges Polen, aber nur
für Autonomie der Polen unter österreichischer und deutscher
Herrschaft. Zur Galizienfrage siehe Meckling 1969, S. 183-185. - Diamand reiste
am 28.5. zurück nach Wien. Er schrieb in einer Tagebuchaufzeichnung, er
sei froh, wieder wegfahren zu können, auch wenn er ein neutrales Land im
Frieden verlasse. Vor der Abreise habe er ein einstündiges, sehr ernstes
Gespräch mit Prinz von Fürstenberg von der österreichischen
Gesandtschaft gehabt. Am Bahnhof hätten ihn dann sämtliche
"Schwedenpolen" erwartet.

40   In den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1: "Il
est impossible de séparer Ruthènes et Polonais".

41   Lücke im mschr. Text ergänzt nach der Mitschrift
von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1.

42   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"En Autriche, l'état a défendu les nationalités contre les
autres. L'Etat Autriche n'opprime pas les nationalités". Nach den
Notizen von Troelstra sagte Renner außerdem: "De eischen om Oostenr. te
verdeelen, een ekon. eisch" [Die Forderungen nach der Aufteilung
Österreichs, eine wirtschaftliche Forderung].

43   Resolution des Jenaer Parteitags 1913. Zur Frage
Elsaß-Lothringen siehe Vorkonferenz mit der MSPD am 11.6.1917, Dok. Nr.
32a-b. - Vgl. Marin 1996. S. 131, der allgemein auf die "consonanza di vedute"
zwischen den Österreichern und der MSPD hinweist, aber gleichzeitig
allgemein feststellt (S. 160f.), daß sich die DSAPÖ 1917 nicht von
der MSPD distanziert habe.

44   Vielleicht ist hier die in der vorigen Anm. genannte
Resolution von 1913 gemeint.

45   Bebel wies am 24.4.1871 und nochmals am 25.5.1871 eine
Annexion von Elsaß-Lothringen zurück, so auch im Manifest des
Zentralausschusses der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschlands vom
5.9.1871. - Dies auch angesprochen in der Komiteesitzung mit der MSPD am
11.6.1917, Dok. Nr. P/32a-b.

46   Zur Konferenz der sozialistischen Parteien der neutralen
Länder im Haag, 31.7.-2.8.1916, siehe Graß 1975, S. 225-242, und
Blänsdorf 1979, S. 307-329.

47   Sembats Buch Faites un roi, sinon faites la paix (Paris
1913); dazu auch Blänsdorf 1979, S. 26. Ebenfalls genannt in der
Vorkonferenz mit der MSPD am 11.6.1917, Dok. Nr. P/32a-b. -
Elsaß-Lothringen wird im österreichischen Memorandum in Stockholm
1918, nachgewiesen oben in Anm. 1, nicht angesprochen, dagegen im
ausführlichen überarbeiteten Memorandum. Dort heißt es,
daß es sich um "deutsches Gebiet" handele, das "Bestandteil des Deutschen
Reiches" bleiben solle. "Wünschenswert" sei jedoch, daß es die
vollen Rechte eines Gliederstaates innerhalb der föderativen Verfassung
und daß der Französisch sprechende Teil Lothringens vollen
Minderheitenschutz erhalte. Das entsprach dem Standpunkt der MSPD, siehe Dok.
Nr. P/34a, mit Anm. 13. Zur Diskussion über Elsaß-Lothringen Marin
1996, S. 130f. Er bezeichnet die Haltung der Österreicher als "quasi come
portavoce dei colleghi berlinesi". - Abweichend dagegen die ungarische
Delegation, die einen Volksentscheid befürwortete (siehe Dok. Nr. P/25 und
Nr. P/25a). Ebenso die Stellungnahme der USPD (siehe Dok. Nr. P/44b, Anm. 8).
Im slowenischen Memorandum (mschr., auf deutsch) von Henrik Tuma, das dem
Komitee nicht zugestellt wurde, jedenfalls im Material zu "Stockholm" nicht
vorhanden ist, wurde eine Trennung vorgeschlagen: Elsaß bleibt bei
Deutschland, Lothringen kommt zu Frankreich. Nach Kopie aus dem Nachlaß
Tuma (Akademie der Wissenschaften in Nova Gorica), die freundlicherweise von
Prof. Franc Rozman (Ljubljana) zur Verfügung gestellt wurde, in IISG.

48   In der Mitschrift von Engberg, nachgewiesen oben in Anm. 1,
danach durchgestrichen: Aber es geht nur nicht in den Kopf dass es.

49   Der Frieden von Frankfurt a. M. am 10.5.1871 beendete den
deutsch-französischen Krieg von 1870/71.

50   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"c) Référendum. Les Fr[ançais] se posent d'abord la
question de fond. Mais les socialistes fr[ançais] doivent accepter le
référendum".

51   Zur Bedeutung des Konzepts "internationale Rechtsordnung"
für Branting siehe Norman 1984 und Norman 1990.

52   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1,
erklärte Branting in diesem Zusammenhang auch: "g) Je ne puis comprendre
la position allemande. Situation nouvelle depuis la guerre". - Brantings
Stellungnahme zur Frage Elsaß-Lothringen ist noch nicht systematisch
behandelt worden; dazu einige Hinweise bei Graß 1975, S. 154f., 236;
Blänsdorf 1979, S. 177f., 179f., 319f.; Mousson-Lestang 1988, S. 224;
Kirby 1986, S. 158f.; Dittmann 1996, S. 354f.

53   Zu Borgbjergs Reise nach Petrograd siehe Nachweise in Dok.
Nr. P/10a.

54   In den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1: "La
situation des Français est la + tragique".

55   In den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Pour les Allemands, l'annexion de 1871 est une réannexion. Non
seulement un rétablissement, mais relations ethniques".

56   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Devoir socialiste de proposer compromis".

57   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1:
"Scheidemann n'a pas désarmé Borgbjerg dans discours. Si
Fr[ançais] comprenaient situation all[emande], cette déclaration
serait considérée comme résultat collosal". - Rede
Scheidemanns im deutschen Reichstag am 15.5.1917.

58   Nach den Notizen von Huysmans, nachgewiesen oben in Anm. 1,
Schluß der Sitzung um "7.25 soir". Nach Staunings Bericht, nachgewiesen
oben in Anm. 1, dauerte die Besprechung, "die auf alle Teilnehmer einen tiefen
Eindruck machte" ("der gjorde er dybt Indtryk paa alle Deltagerne"), fast
fünf Stunden. - Am Abend fand dann ein kleiner Empfang statt, an dem die
Delegierten aus Österreich, Bulgarien, Finnland, ein amerikanischer
Vertreter (Eads How, International Brotherhood; er war am 22.5. in Stockholm
eingetroffen), die Holländer, Dänen und einige schwedische
Parteigenossen teilnahmen. In einer kurzen Rede drückte Branting die
Hoffnung aus, daß die gemeinsamen Gespräche
Mißverständnisse, die vielleicht gar nicht so groß seien, wie
es aus der Ferne aussähe, ausräumen könnten; nach schwed.
Social-Demokraten 26.5.1917, S. 1. - Zur folgenden Sitzung siehe Dok. Nr.
P/22.