Pressekommuniqué zu den Sitzungen des Holländisch-skandinavisch-russischen Komitees mit Antonio Piscel, Vertreter der Italienischen sozialdemokratischen Partei im Trentino am 6.-7. Oktober 1917

P/73
CHA, Stockholm, Corr., Okt. 1917, Nr. 27. Mschr., 5 S.1

POUR LA PRESSE2

   L'Avocat A. Piscel, un des fondateurs du parti socialiste
italien en Autriche et membre de la Commission éxécutive du D.S.
du Trentin,3 s'est présenté au Comité
organisateur de la Conférence de Stockholm pour paix les
déclarations suivantes:4

   [...]5

Anmerkungen

1   Mit handschriftlichen Streichungen und Verbesserungen von
Huysmans. Auch in schwed. Social-Demokraten 24.10.1917, S. 6. Zu den
Komiteesitzungen auch Bericht, wohl nach Informationen von Piscel und mit
ausführlichen Beilagen, des italienischen Gesandten in Stockholm,
8.10.1917, in DDI, Serie 5, Band XI, Nr. 177. Marin 1996, S. 165-172. - In
einem Schreiben an Huysmans, 8.10.1917, erbat Piscel einen Termin, um sich
über den Text des Kommuniqués zu verständigen. Etwas
indigniert erkundigte er sich am 18.10. und nochmals am 19.10. und 20.10. warum
das Kommuniqué immer noch nicht erschienen sei; das Resumé des
Memorandums sei im Komitee "akzeptiert" worden. Piscel wies in diesen Briefen,
auch als Antwort auf die etwas brüske Antwort von Huysmans (Briefentwurf,
wohl 19.10.), darauf hin, daß er das Resumé auf Grund "vos
désirs et conseils" überarbeitet und den verkürzten Text
"minutieusement" mit dem Memorandum verglichen habe. Es enhalte "toutes les
pensées essentielles que j'ai porté dans le memorandum". Nur
hinsichtlich von "questions de forme et de procédure", ließen sich
Änderungen rechtfertigen. Diese Briefe in CHA, Stockholm, Corr., Okt.
1917, Nr. 7, 20, 21, 24, 28. Die handschriftlichen Verbesserungen von Huysmans
entsprechen letzterer Forderung, und mehrfach wird beim Verbessern auf die
Formulierungen im Memorandum zurückgegriffen.

2   Ursprünglich RÉSUMÉ DES MEMORANDUMS.

3   In schwed. Social-Demokraten 15.5.1917, S. 1, war mitgeteilt
worden, daß Valentino Pittoni als Delgierter nominiert worden sei.
Piscel, einer der Gründer der italienischen sozialistischen Partei in
Österreich, wurde dann auf Veranlassung der italienischen Regierung als
Beobachter und Berichterstatter nach Stockholm geschickt, erhielt Ende Juni,
nachdem die Österreicher bereits Pässe erhalten hatten, einen
Paß und hielt sich lange in Stockholm auf. Nach dem österreichischen
Gesandten habe Huysmans in einem Kommuniqué "zynisch" darauf verwiesen,
daß nur Piscel, aber kein anderer Italiener, einen Paß bekommen
habe. Dazu Marin 1996, S. 166-169, der Piscels Abordnung als "esemplare di un
diffuso tipo di approccio alla Conferenza di pace" bezeichnet. In einem
Interview in schwed. Social-Demokraten 12.10.1917, S. 1 und 6, erklärte
Piscel, daß er kein Mandat seiner Partei habe und "nur in eigenem Name"
("endast i eget namn") spreche. Überhaupt könne niemand im Namen der
irridentistischen italienischen Partei sprechen, da sie im Krieg "zerstreut"
("i förskingring") lebten und deshalb keinen Vertreter wählen
könnten. Piscel war von Vandervelde in einem Brief an Branting und
Huysmans am 3.8.1917 zusammen mit seinem Sekretär Prato (im oben in Anm. 1
nachgewiesenen Brief an Huysmans am 18.10. als "mon amie et secretaire"
bezeichnet) angekündigt worden; man wolle ein Memorandum vorlegen. In CHA,
Stockholm, Corr., Aug 1917, Nr. 7. In einem Brief von Piscel an Wibaut,
2.10.1917, in IISG, NL Wibaut, 226, III, ist von einer geplanten Sitzung am
3.10. ("morgen") die Rede, wo Piscel sein Memorandum vortragen wolle. Vorher
habe er nach einem Vorschlag von Huysmans versucht, die Komiteemitglieder
persönlich zu treffen, aber "niemanden zu Hause gefunden". - Vgl. auch
Interviews mit Piscel in schwed. Social-Demokraten 12.10.1917, S. 1 und 6, und
in Dagens Nyheter 12.10., S. 1. Piscel erklärte, er wolle sein Veto gegen
die Behandlung der italienischen Frage in Österreich-Ungarn einlegen. Die
einzig richtige Lösung sei der Anschluß an Italien als Ergebnis des
Krieges. Piscel war auch gegen eine allgemeine Diskussion der
Friedensprobleme durch die Sozialdemokraten aller Länder; denn alle seien
vom Chauvinismus verblendet, und man könne keine gemeinsam Basis finden,
sondern werde sich dadurch nur blamieren (in Dagens Nyheter: "Internationalens
fredsvänner skulle inbördes så söndras mot varandra att
hela den socialdemokratiska rörelsen kunde blameras härav" [Die
Friedensfreunde der Internationale würden sich untereinander so entzweien,
daß die ganze sozialdemokratische Bewegung blamiert werden
könne]).

4   Zum Memorandum heißt es in dem oben in Anm. 1
nachgewiesenen Brief an Huysmans am 18.10.1917: "La rédaction du
memorandum avec les changements par vous désirés sera
bientôt finie". Dann werde rasch die Übersetzung erfolgen. Das
Memorandum ist abgedruckt in Stockholm 1918, S. 351-358, "Note verbale des
socialistes irridentes". Es wurde auch in einer 1918 in Stockholm
herausgegebenen Broschüre gedruckt, S. 3-13, nach Marin 1996, S. 170,
wahrscheinlich mit finanzieller Hilfe von Seiten Italien. Die Broschüre
trägt den Titel: Antonio Piscel, "Une voix des irredents italiens a
l'internationale socialiste. Memorandum pour le comité de la
conférence de Stockholm". Dort ist außerdem die ausführliche
Übersicht abgedruckt "Les territoires sous la domination autrichienne sur
le versant de la mer Adriatique", S. 14--65; diese auch mschr. in CHA,
Stockholm, Losse documenten, Mappe 1917. Nach einem Postskriptum zu dem in der
Broschüre abgedruckten Memorandum heißt es dazu: "Suivant le
désir exprimé des membres du comité hollando-scandinave,
je joins à mon mémorandum une courte description objective des
territoires soumis à l'Autriche sur le versant italien des Alpes". Ein
Exemplar der Broschüre, "Mademoiselle Huysmans" gewidmet, datiert
Stockholm 12.4.1918, befindet sich unter den Büchern und Broschüren
von Huysmans in CHA. - Zum Memorandum siehe auch Marin 1996, S. 169-172.

5   Die entscheidende Forderung des Memorandums von Piscel: Die
Österreich zugehörigen italienischen Gebiete sollen wieder Italien
angegliedert werden ("restitution au reste de la nation"). Eine Volksabstimmung
werde nicht grundsätzlich, aber unter dem derzeitigen
österreichischen Regime abgelehnt, weil sie zu keinem gerechten Ergebnis
führe. "Lorsque l'Italie retrouvé ses fils irrédents, en
atteignant, sur les Alpes et sur la mer, ses frontières naturelles et
sûres, elle sera l'élément pacifiste, progressif, et
démocratique, dans la future ligue des nations". Nach der Erklärung
wird abschließend erwähnt, daß Piscel einen Paß von der
italienischen Regierung bekommen habe, um gegen die österreichischen
Sozialisten, die Pässe von ihrer Regierung erhalten hätten, vor dem
Holländisch-skandinavischen Komitee aufzutreten und seine Sache zu
verteidigen.